Ray knurrte wütend, als sich die Schnüre weiter in seine Haut schnitten. Die Energie, die der Gefallene durch seinen Körper jagte, liessen seine Haare und die Federn seiner Flügel wild tanzen. Mit großer Anstrengung schaffte er es, die Hände vor dem Körper zu verschränken. Mit einer grellen Stichflamme erschien eine flammende Peitsche in seiner rechten Hand, blau brennend, dass das Auge schmerzte. Sofort spürte Ray das Kribbeln an seiner Hand, er wusste dass die Flammen ihr Werk taten.
Ein Knall ertönte, als die Peitsche sich um Ray schlang und die Fäden zum Rückzug zwang, die sie zu verbrennen drohten. Doch gerade als er mit der Peitsche ausholte, war der Gefallene direkt vor ihm. Grinsend betrachtete er Ray's geschocktes, fassungsloses Gesicht. Ein erneuter Knall ertönte, nur diesmal von der Faust, die in seinem Magen landete. Er wurde in die Luft katapultiert, und gerade als er seine Schwingen zum Abfangen ausbreitete, spürte er einen erneuten Tritt, diesmal auf Brusthöhe. Er wurde zurückgeschleudert, bis er sich in einem wahren Netz aus Fäden verfing. Seine Arme und Beine wurden gespreizt, und der Schock der auf diese Behandlung folgte liess Ray laut aufschreien.
Als er nach vorne sah, schwebte der Engel auf ihn zu.
Na na na, das ist doch wohl nicht etwa alles, oder? Wenn das alles ist, hast du noch um einiges stärker zu werden. Und sie bleibt dir dann auch erst einmal abhanden.
Als er darauf wie bei einem Witz anfing zu lachen- ein bellendes, bösartiges Lachen- drehten bei Ray die Sicherungen durch. Er fletschte die Zähne. Nun gut, wenn diese Prüfung auf Wut ausgelegt war, dann sollten sie Wut bekommen, bis sie daran erstickten.
Sein ganzer Körper spannte sich an, während ein weiterer Schock seinen Körper durchfuhr. Dennoch atmete Ray gelassen aus, als würde er sich gerade vollkommen entspannen.
Aegis Sanguinum flüsterte er, und dennoch hörte man es. Seine Stimme hatte einen merkwürdigen Wiederhall, und sofort traten die ersten Wirkungen ein. Seine Augen färbten sich rot, als die Äderchen nach und nach barsten, dem Druck nicht standhaltend. Seine Venen traten hervor, bis sein ganzer Körper mit einer Art blauem Netz überzogen war. Der Schmerz, der gerade eben noch durch seinen Körper gefahren war, wurde schwächer, auf ein erträgliches Maß. Mit einem Mal bäumte er sich auf, warf sich nach vorne, sodass die Fäden in seine Haut schnitten. Zumindest sollten sie dies. Normalerweise hätten sie ihn wohl bei dieser Anstrengung die Gliedmaßen durchsägt, aber durch die Energie, die jetzt mit jedem Herzschlag durch seinen Körper pulsierte, schnitten sie ihn lediglich auf. Mit einem lauten Reißgeräusch brach er aus dem Netz, um binnen eines Augenblicks vor dem Gefallenen zu stehen, der diesmal seinerseits überrascht war. Und so gelang es Ray, den ersten Treffer zu landen. Seine Faust hämmerte kräftig gegen den Kiefer des Engels, was diesen mit einem Stoß in die Luft katapultierte. Sofort sprang ihm Ray hinterher, seine Bewegungen mittlerweile so schnell, dass ein Mensch große Mühe hätte, ihm mit dem Auge zu folgen. Und schon hämmerte er dem Gefallenen eine weitere Gerade entgegen, und noch eine und darauf wieder eine.
Ein gewöhnlicher Engel oder Dämon wäre spätestens jetzt in arge Bedrängnis geraten, aber er stand keinem gewöhnlichen Engel gegenüber, in keinster Weise. Die Schläge trafen nicht, sie wurden abgewehrt. Ein lautes Knallen war bei jedem Aufeinandertreffen zu hören, als Ray versuchte den Gefallenen zu treffen, aber der Überraschungsmoment war dahin. Aus dem Augenwinkel sah er etwas blitzen, und flog reflexartig zurück, um so herannahenden Fäden um Haaresbreite zu entgehen, sie ritzten ihm lediglich den Arm auf.
Auf dem Boden angelangt, jagte Ray im Zickzack über den Boden, um zu seinem Kontrahenten zu gelangen, doch jedes Mal waren die Fäden zur Stelle, als ob sie schon immer an dieser Position gesponnen wären.
Der Engel lachte Schallend.
Na, es geht doch! Zeig mir, was du kannst! Es wird mir wohl doch nicht so langweilig werden wie angenommen!
Mit diesen Worten fing auch er an, auf Ray zuzustürmen. Dieser befand sich nun in einer sehr ungünstigen Lage, denn er konnte zwar dem Gefallenen Paroli bieten, aber die Fäden schränkten seine Bewegungsfreiheit derart ein, dass er unweigerlich verlieren würde, käme er daran nicht vorbei. Und während er so über den Grund jagte, machten sich die ersten "Nebenwirkungen" seiner Kraft bemerkbar. Sein Kopf dröhnte, seine Glieder fingen an zu schmerzen, und seine Finger an zu zittern. Seine Adern, immer noch hervorgetreten, färbten sich rot.
Diese Macht hatte nun einmal einen schrecklichen Preis- ein gnadenloses Zeitlimit, an dessen Ende er so gut wie tot sein würde.