Wie willst du einschätzen, Terry Gorga, ob jemand resozialisierungsfähig ist, bzw. ob er dirzufolge eine zweite Chance verdient hat (oder hingerichtet werden soll)? Woher nimmst du die Legitimation in deiner Idee?
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Ich finde, wir Deutschen haben ein zu krasses Racheverständnis. Der Mörder hat gemordet, und wir freuen uns fürchterlich darüber, wenn er eine möglichst lange Haftstrafe im möglichst härtesten Gefängnis Deutschlands verbringen muss. Den Sexualstraftätern wünschen wir den Tod, wir nehmen sie als Abfall (oder noch weniger) wahr, wir sprechen ihnen die Menschenwürde ab.
Ich finde Terrys Artikel über das "freie" Gefängnis auf Bastøy sehr interessant, weil es sich hier wirklich um Resozialisierung handelt und nicht nur um Bestrafung und - aus der Sicht der Opfer oder deren Angehörigen - um Rache. Bringt es uns wirklich weiter, wenn wir Straftäter mit möglichst unangenehmen Strafen zermürben (oder sie zum Tode verurteilen), statt sie aufzubauen und, im besten Falle, als bessere Menschen wieder in die Gesellschaft zu integrieren? Macht es uns, als Opfer oder Angehörige eines solchen, wirklich glücklich, wenn wir den Täter so hart wie möglich bestrafen? Ich glaube nicht. Rache macht keinen glücklich, Hass macht keinen glücklich. Was hätte Nelson Mandela später bewirkt, wenn er für das, was ihm im Gefängnis widerfahren ist, gehasst hätte? Und ein (nach dem Gefängnisaufenthalt) psychisches Wrack wieder in die Gesellschaft zu werfen, halte ich auch nicht für sinnvoll. Natürlich gibt es Fälle von psychisch gestörten Menschen, die dauerhaft verwahrt werden müssen, weil sie dauerhaft eine Gefahr für andere Menschen darstellen und Therapiemaßnahmen bei ihnen keine Wirkung zeigen. Aber die sind, vermute ich, nicht die Regel, ohne jetzt auf statistische Erhebungen zurückgreifen zu können. Und sich selbst bei diesen Leuten einfach zu erlauben, ihnen ihr Recht zu leben abzusprechen (selbst mit der Alibi-Begründung "das wird man ja wohl noch sagen/denken dürfen"), finde ich aus ethischer Sicht ungeheuerlich.