Ich war in den BJS immer auf einem der letzten Plätze in grundsätzlich allen Disziplinen und hatte dementsprechend jedes Mal eine gewisse Unlust verspürt, wenn dieses Ereignis mal wieder anstand. Im Sportunterricht habe ich auch immer zu denen gehört, die als letztes in eine Mannschaft gewählt wurden. Wenn mich dann noch ein Sportlehrer in der Umkleide scherzhaft hänselte ("Hast du heute dein Brusttoupet vergessen?") oder mir ein anderer meine Note wie folgt mitteilte: "Was glaubst du, was du bekommen hast?" - "Eine 4." - "Und was denkst du, was du verdient hast?" - "Eine 5." - "Genau.", dann war da natürlich nicht sonderlich viel Spaß im Spiel.
Trotzdem sollten die BJS nicht abgeschafft werden, da sie bspw. die Möglichkeit darstellen, dass auch in schriftlichen Fächern weniger starke Schüler mit ihren sportlichen Leistungen einmal glänzen können. Das gilt natürlich genauso auch für den Sportunterricht. Den gesundheitlichen Aspekt sollte man nicht vergessen.
Mir wäre es am liebsten gewesen, wenn mich meine Eltern von Anfang an gezwungen hätten, irgendwo irgendeine Art von Sport zu machen, das hätte meine charakterliche Entwicklung und insbesondere mein Selbstwertgefühl während meiner Kindheit und Jugend vermutlich stark verbessert. Aber ich hatte damals aus mir nun nicht mehr gänzlich bekannten Gründen Angst vor Sport, also jegliche Angebote seitens meiner Eltern verneint und meine Mutter setzte sich ggü. meinem Vater durch ("mein Sohn soll nichts
müssen") und so wurde ich eben der körperlich vollkommen unbegabte Nerd ohne Freunde und ohne jegliche Art von Talenten.
Es ist also grundsätzlich eine Erziehungssache, es betrifft stärker die Eltern als die Institution Schule. Körperliche Ertüchtigung hat eine weit größere Zahl an Vorteilen als Nachteilen, daher halte ich eine Erziehung, in denen Kindern Spaß und Freude am Sport mitgeteilt würden, für sehr vorteilhaft. Am besten ist es natürlich, wenn das Kind von sich aus Lust am Sport entwickelt.
Um zum Thema zurückzukommen: Ja, BJS sollten freiwillig sein, da, und da muss ich Terry und Woggel Recht geben, Aversionserlebnisse wie eine für Leistungsschwache demütigende Sportveranstaltung die Lust an einem eigtl. sehr sinnvollen und erfüllenden Teil des Lebens (der Körperlichkeit) nehmen und somit nicht förderlich sind. Ich finde es daher auch ok, dass es bei uns an der Schule auch für die Beleibteren Usus war, dass sie mind. eine 4 bekamen, solange sie sich angestrengt hatten (zum Vergleich: mein pädagogisch völlig missratener Kunstlehrer gab mir regelmäßig 5er und 6er, obwohl ich mit meinen sehr bescheidenen künstlerischen Fähigkeiten das Maximum aus der jeweiligen Aufgabe herauszuholen versuchte).
As said, es ist ein gesellschaftliches Problem: Wir sollten unsportliche Kinder und Jugendliche nicht entmutigen oder gar demütigen, sondern sie schon, so früh es geht, zum Sport führen und dafür sorgen, dass sie Spaß daran entwickeln. Leitungsbewertungen abzuschaffen, löst jedoch auch kein Problem, denn unsere Gesellschaft und sogar unser hiesiges menschliches Selbstverständnis baut auf dem Leistungsprinzip auf und somit ist es sinnvoll, Heranwachsende (spielerisch) an dieses heranzuführen.
Was grundsätzlich gerne (auch hier) vergessen wird, ist, dass es kein erzieherisches Allgemeinrezept gibt. Was für das eine Kind eine positiv wirkende erzieherische Maßnahme sein kann (z.B. das hier oft gewünschte Fordern) kann das andere hemmen. Umgekehrt kann beschützendes Verhalten, das bei (fürs Beispiel grob pauschalisiert) sensibleren Kindern förderlich wirken kann, stabilere Individuen nicht erreichen oder sogar negativ beeinflussen. Prinzipiell müsste man, für eine perfekte Erziehung, diese exakt auf das einzelne Individuum abstimmen. Das ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich (Aufwand, korrekte psychologische Einordnung des jew. Kindes), wir müssen uns ein Stück weit abfinden, dass wir es nicht 100%ig richtig machen können.
Womit die Basis der Diskussion für mich geklärt wäre.
Filp schrieb:
Was ich allerdings von keiner Schule kenne ist getrennter Sportunterricht für Jungen und Mädchen.
Im Ernst? Das ist bei uns (RLP) gang und gebe ab der 7. Klasse. Ich persönlich kenne keine Schule, wo nach der 6. Jungen und Mädchen noch zusammen Sport haben.
DynaEx schrieb:
Deine Einteilung in Leistungsgruppen mit Sondernotenspiegel, macht auch kein Sinn, alleine schon deshalb, weil ein deutlich leistungsschwächerer genauso eine gute Note erreichen kann, wie einer der es tatsächlich ist. Dass ist nicht fair und vermittelt dem Schüler, er könne auch ohne Anstrengung alles erreichen.
Das stimmt so nicht, wenn die jew. Leistungsgruppe auch im Zeugnis entsprechend gekennzeichnet wird. So kann der potenzielle Arbeitgeber bei der Bewerbung sehen, dass der Bewerber in einem, nach Terrys Einstufungssystem, Kurs für wenig Leistungsstarke ("Kurs für Schwache") im Fach Mathematik die Note 2,3 erhalten hat. Je nach Job kann der Arbeitgeber nun bewerten, inwiefern für ihn mäßige ("Kurs für Schwache"), solide ("Kurs für Mittelmäßige") und gute ("Kurs für Starke") Mathekenntnisse den Arbeitsanforderungen entsprechen und wie sich der Bewerber im jew. Schwierigkeitsgrad angestellt hat.
Ich finde ein solches System grundsätzlich sinnvoll, da es transparenter und zielgerichteter ist. Es wäre auch individuell besser abgestimmt als unser derzeitiges dreigliedriges Schulsystem, das nur nach grundsätzlich Schwachen (Hauptschule), Mäßigen (Realschule) und Guten (Gymnasium) sortiert, wonach sich auch der Arbeitsmarkt richtet ("keinen Job für nicht-Gymnasiasten, egal wie gut sie in Fach XY sind"). Man kann auch davon ausgehen, dass ein, um beim Bsp. zu bleiben, am Leistungsniveau angepasster Mathekurs dem jew. Schüler mehr bringt als ein solcher, der es versucht allen Recht zu machen und dem Leistungsschwachen zu schwer und dem Leistungsstarken zu leicht ist. Insbesondere für den Leistungsschwachen stellt sich dies als problematisch heraus, weil er somit einerseits grundsätzlich weniger motiviert wäre, sich überhaupt in den Stoff reinzuknien, da er ihm unschaffbar erscheint und andererseits ein auf sein Niveau angepasstes didaktisches Konzept ihm den mengenmäßig geringeren Stoff besser beibringen kann (nach dem Motto "lieber wenig Mathe gut, als viel Mathe gar nicht beherrschen").