Nach kurzer überlegung antwortete Djer'kem:
"Da es der Vorschlag ihrer königlichen Hoheit war, werde ich ebenfalls offen reden. Der Preis ist ja wohl nur eine Farce. Warum sonst solltet ihr euch selbst herbegeben, zu einem einfachen Mann, selbst wenn dieser ein Schiff besitzt? Und warum einen Preis festlegen, ohne die Fertigkeiten des Kapitäns oder der Mannschaft zu bewerten? Personalmangel hin oder her, aber im Krieg kann man sich kein schwaches Glied erlauben, denn sollte dieses Durchbrochen werden, kann im Ernstfall der Rest gefährdet werden. Der eigentliche Grund, warum ihr hier seid, müsste demzufolge ja wohl weniger der sein, zu verhandeln, als euch vielmehr einen Eindruck von uns zu machen, nicht wahr? Immerhin könnte ja auch ein einfacher Lakai die Verhandlungen übernehmen. Es würde schon reichen, wenn man sich einen "königlichen Gesandten" schimpft, denn welcher Mensch würde es wagen, sich gegen die Herrin der Dämonen selbst zu stellen?" Edeasse musste lächeln.
"Der Mensch ist gar nicht so dumm wie er aussieht." Kurz sah er sie an und wirkte dabei hochkonzentriert und angespannt. Dann entspannte er sich jedoch und setzte wieder sein dümmliches Grinsen auf. Er drehte sich nach rechts und sprach mitten ins nichts:
"Venat, ist eigentlich alles bereit? Der Sturm dürfte bald weitergehen, und ich möchte ungern dass mein, also ich meine unser Schiff, die Kemi eben, beschädigt wird. Rede ihm gut zu, ja?" Schon die ganze Zeit über hatte Edeasse ein mulmiges Gefühl gehabt, jetzt wusste sie wieso. Djer'kem paktierte mit Geistern. Selbst sie konnte Geister nicht sehen sondern nur deren Präsenz wahrnehmen. Nur mithilfe eines aufwendigen Rituals konnte sie die Welt der Geister betreten. Das dieser Mensch Geister sehen konnte wahr schon ungewöhnlich aber er hatte scheinbar sogar einen Pakt mit einem dieser körperlosen Wesen geschlossen. Auch der Vampir schien sich unbehaglich zu fühlen, sein Augen huschten unruhig durch den Raum. Er schien nervös zu sein. Der junge Dämon schien von alldem nichts zu bemerken. Interessiert betrachtete er den Plunder der an der Wand hing. Djer'kem fuhr fort:
"Aber kommen wir wieder zum geschäftlichen. Ich bin höchst willens, in eure Dienste zu treten, wenn der Krieg beginnt, eventuell wäre ich sogar selbst auf euch zugekommen. Über den genauen Preis in Gold kann verhandelt werden, dieser sollte immerhin nach unserem Nutzen für euch bemessen werden, alles andere wäre Verschwendung von Euren Ressourcen. Um was ich jedoch bitte, als Bezahlung für erfolgreiche Ergebnisse, ist freier Zugang zu euren Ländereien. Nichts schwerwiegendes... " Edeasses hob fragend die Augenbrauen. Was wollten Menschen denn in den Ländereien der Finsterniss. Dort würde sie eh nur Tod und Verderben erwarten.
"... alles, was ich will, ist die Erlaubnis, ohne Gefahr durch eure Ländereien zu segeln und ab und an sogar einmal das Festland zu betreten, ohne mich meiner Haut vor königlichen Truppen erwehren zu müssen. Sollte ich euren Untertanen Schaden zufügen, wäre diese Erlaubnis selbstverständlich eine Zumutung für euch und würde annuliert werden, in welchem Falle ihr wohl sowohl mein Schiff als auch meine Mannschaft vom Angesicht dieser Welt tilgen würdet." Misstrauisch kniff Edeasse ihre Augen zusammen. Sie traute den Menschen nicht. Das ganze Klang zu harmlos um auch wirklich harmlos zu sein. Sie dachte nach:
"Sein Schiff und seine Mannschaft aber ihn nicht? Der Kerl scheint ja ziemlich zuversichtlich zu sein. Kein Geist dieser Welt wird ihn vor meinem Zorn retten können." Sie schenkte Djer'kem ein falsches, freundliches Lächeln. Aber noch bevor sie antworten konnte schob der Mann schon den nächsten Satz hinterher:
"Aber bevor wir weiter von Nutzen und dergleichen sprechen, solltet ihr selbst beurteilen, ob ich es wert bin in eure Dienste genommen zu werden. Ich versichere euch, das bin ich. Aber da Worten oftmals weniger Bedeutung als Taten zugemessen werden, würde ich euch bitten, noch ein wenig hier an Bord zu bleiben, um den Grund zu sehen, warum wir es wert sind, angeheuert zu werden." "Oh nur zu gern. Wenn ihr mich zu überzeugen wisst werdet ihr auch eure Genehmigung bekommen." "Sie unkontrolliert im Vampirkönigreich herummarschieren zu lassen wäre unklug. Ich werde sie einfach überwachen lassen falls sie tatsächlich das Land betreten." "Dann lasst mal sehen was ihr zu bieten habt." Ihre Leibwachen rückten ein wenig näher an sie heran und beäugten Djer'kem und seine Crew misstrauisch. Ihre Körper waren angespannt und sie waren bereit jeden Moment, sollte es von Nöten sein, loszuschlagen.
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Wie ein Blitz flitzte Nohab durch den Wald. Er liebte es den Wind in seinem Fell spüren zu können und obwohl er wusste das Chael viel schneller war als er würde er sein bestes geben. Er nahm seine Umgebung kaum war. Bunte Schemen flogen an ihm vorbei. Doch plötzlich hielt er inne. Ein seltsamer Geruch lag in der Luft. Der Geruch nach Blut aber da war auch noch etwas anderes. Er bremste leise ab und sah sich um. Er schnupperte noch ein paar mal mit seinem kleinen Näschen.
"Ein Werwolf!" freute er such. Werwölfe traf man in diesem Teil des Waldes nur äußerst selten. Nohab hatte sich einmal mit einigen jungen Werwölfen angefreundet. Als es zu den Übergriffen auf die Elfen gekommen war hatten sie sich jedoch wieder in den Vampirwald zurückgezogen. Er folgte seinem Geruchssinn und fand den Werwolf schließlich. Der pirschte sich gerade an einen älteren Menschenmann heran. Der Wolf sprang mit einem großen Satz, der aber, wie Nohab fand, nicht annähernd so eindrucksvoll wie der seines Bruders war, auf den Menschen zu und schrie:
"Stirb Lynhart!!" "Was ist den ein Lynhart?" fragte sich Nohab verwundert. Gerade als der Wolf den Menschen fast erreicht hatte warf ihn eine gigantische Druckwelle gegen die Felswand des Hügels. Das krachende Brechen der Knochen donnerte durch den Wald. Der Mann warf ein Schwert das merkwürdig glänzte und spaltete dem Wolf den Kopf.
Obwohl Nohab Werwölfe eigentlich mochte empfand er beim Anblick des sterbenden Werwolfs weder Bedauern noch Trauer. Schon früh lernten die Fuchsdämonen den Kreislauf des Lebens zu akzeptieren. Leben und Leben lassen. Das Schicksal kannte weder Gerechtigkeit noch Gnade. Der Tod ist ein natürlicher Bestandteil jedes Lebens und wird vom Schicksal bestimmt. Der Tod des Wolfes war Schicksal also kümmerte es Nohab nicht weiter. Vielmehr interessierte er sich für den fremden Mann mit dem seltsamen Schwert. Was ihn auserdem so faszinierend machte war sein Geruch, oder vielmehr sein Gestank. Er roch nicht nach Mensch, er roch anders. Nohab konnte den Geruch gar nicht einordnen. Er wusste nur das der Geruch irgendwie nicht normal war.
"Das ist also ein Lynhart." dachte er fasziniert,
"das muss ich daheim gleich den anderen erzählen. Chael wird bestimmt große Augen machen." freute er sich. Er kicherte in freudiger Erwartung. Der Mann fuhr zu ihm herum. Er war gerade dabei gewesen ein seltsames Glas mit dem Blut des Wolfes zu füllen. Ohne Scheu trat Nohab aus seinem Versteck heraus und ging einige Schritte auf den Fremden zu.
Der Mann zog sein Schwert aber das beeindruckte Nohab nur wenig. Er war bisher immer viel schneller gewesen als die langsamen Menschen und auch wenn der Mann seltsam war, war er immernoch ein Mensch.
"Was willst du Fuchsdämon ?" fragte ihn eine tiefe, raue Stimme.
"Hast du diesen Werwolf getötet alter Mann ?" Nohab wusste das zwar bereits aber man durfte die Menschen ja nicht gleich überfordern. Chael hatte ihm gezeigt wie man mit Menschen sprechen musste. Man musste erst mit ganz besonders dummen und offensichtlichen Fragen anfangen. Dann würde sich der Mensch freuen weil er glaubt er wäre nicht dumm. Ganz langsam darf man dann den Anspruch steigern bis man irgendwann auf einem akzeptablen Niveau angekommen ist. So hatte er es gelernt und es hatte bisher immer Prima so funktioniert.
"Alter Mann ?" Der alte Mann grinste.
"Ja, das habe ich." "Gut Phase eins scheint funktioniert zu haben." freute sich Nohab. Für einen Moment vergaß Nohab die Phasen jedoch, so fasziniert war er von dem seltsamen Fremden. Sein Blick fiel auf den zerschmetterten Körper des großen Werwolfs und ein angenehmes Schaudern lief ihm über den Rücken. Einen so starken Menschen hatte er noch nie gesehen.
"Boah, cool. War es schwer ? Wie hast du das gemacht ? Wer bist du ?" "So viele Fragen." Er fuhr mit seinen Fingern durch sein Kopffell, das einen ziemlich erbärmlichen Eindruck machte, wie Nohab fand. Es war grau und sah gar nicht flauschig aus. Für einen Moment fragte er sich ob überhaupt jemand mit einem Mann kuscheln wollte der ein so kaputtes Fell besaß. Er schob den Gedanken beiseite. Menschen waren eben anders, sie waren schon ein ziemlich seltsames Volk. Aber gerade ihre komische Art war es die sie so interessant machte.
"Ok. Ich bin Lynhart von Agarwaen, ein Hexer." "Hmm." analysierte Nohab,
"Er ist ein Lynhart, das ist vermutlich sein Volksstamm, also ist Agarwaen vermutlich sein Name. Aber was ist ein Hexer? Vielleicht ein Rang? Am besten einfach fragen." "Was ist ein Hexer ? Was machen die ? Gibt es noch mehr Hexer ?" Er war so aufgeregt das er sich während dem Sprechen verhaspelte und noch einmal von vorne beginnen musste.
"Schon wieder so viele Fragen ? Ein Hexer ist eine Art Jäger. Aber was ein Jäger ist, das weißt du oder ?" Natürlich wusste er das. Stolz nickte er.
"Ein Jäger also. Klingt irgendwie einleuchtend. Er jagd also Werwölfe. Die Lynharts müssen wirklich ein starker Menschenstamm sein." Gedankenverloren warf er den Ball immer wieder in die Luft.
"Aber ich hab noch nie einen von ihnen im Wald gesehen. Ob das etwas mit den toten Elf..." seine Gedankengänge wurden jedoch unterbrochen als Agarwaen ihm eine Frage stellte:
"Wie ist dein Name ?" "Nohab." antwortete er ohne lange zu überlegen.
"Ich werde eines Tages auch so ein großer Fuchsdämon sein, wie mein großer Bruder." Stolz schwang in seiner Stimme mit. Er verehrte seinen Bruder abgöttisch. Er war immer so nett und freundlich, so stark und so schnell. Er war sein großes Vorbild. Irgendwann wollte er mal genauso werden wie Chael: Ein stolzer, großer und mächtiger Fuchsdämon. Den die Menschen gleichermaßen fürchteten wie verehrten. Er lachte ein wenig verlegen. Es würde noch seine Zeit dauern bis er soweit war. Leider.
"Und wer ist dein großer Bruder ?" "Er kennt Chael nicht? Er ist wohl wirklich nicht von hier." Er musste den unwissenden Lynhart umgehend aufklären.
"Das ist Arachael." Er lachte wieder und fuhr fort.
"Der größte Fuchsdämon, der Beste!" Den Mann schien das aber kaum zu interesieren.
"Machs gut Nohab, ich muss weiter." Der Mann wandte sich zum gehen allerdings hatte Nohab keine Lust diese interessante Person jetzt schon davonlaufen zu lassen.
"Warte, warte, warte. Wollen wir Ball spielen ?" Er probierte es mit der Schmollnummer mit der er sich beim Essen immer eine zusätzliche Portion zu erschleichen versuchte. Bei Tisif funktionierte sie mittlerweile leider nicht mehr aber der Mensch kannte sie ja noch nicht. Leider schien jedoch auch Agarwaen immun gegen seinen Trick zu sein.
"Vielleicht eine angeborene Resistenz des Lynhartstammes." grübelte er.
"Ich muss leider gehen, Nohab. Mein Auftraggeber erwartet mich bereits." "Das ist schade." erwiederte Nohab traurig.
"Ich hoffe wir treffen uns noch einmal. Grüß die Lynharts von mir." Mit diesen Worten drehte er sich um und lief wieder Richtung Bau, jedoch in einem deutlich gemütlicherem Tempo. Er musste über vieles Nachdenken.