Ganz wichtiges vorweg: Nachdem Fragen zu meiner Legitimation aufkamen (oder auch: was redet der Typ für nen Mist^^): Ich habe mich während meines Physikstudiums auf Kosmologie spezialisiert. Nachdem ich entsprechend die ganze Zeit mit Leuten die über das entsprechende Hintergrundwissen verfügen rede, vergisst man irgendwann, dass die wenigsten der benutzten Begriffe kein Allgemeinwissen sind. Darum wirkt mein Post auch entsprechend überheblich. War nicht beabsichtigt. Falls es weiterhin noch Fragen oder Verständnisprobleme zu dem gibt was ich schreibe, ich antworte gerne auf Fragen.
Das Folgende basiert im Wesentlichen auf einem persöhnlichen Gespräch mit Ironhide, etwas erweitert und aufgehübscht.
A) Die unbekannten Begriffe in meiner Erläuterung:
1) Leuchtkräfte sind die Energie, die Sterne in einer bestimmten Zeit abstrahlen. In der Kosmologie, und auch in der Extragalaktischen Astronomie wird die Leuchtkraft (beispielsweise einer Galaxie) üblicherweise in Sonnenleuchtkräften angegeben, also wie hell ist ein Objekt im Vergleich zu unserer Sonne, bzw. wieviel Energie strahlt das Objekt im Vergleich ab.
2) Parsec=pc ist eine Entfernungseinheit in der Kosmologie. Du wirst mir sicher zustimmen, dass Angesichts der riesigen Entfernungen im Kosmos weder Meter noch Kilometer Sinn machen. Es gibt eine gewisse Definition über Winkel, aber die ist im Endeffekt unwichtig. Die Sonne ist zb etwa 8kpc, also 8000 Parsec vom Zentrum der Galaxie entfernt.
3) Jupiter-typ Planeten sind Planeten von der Art von Jupiter, also Gasriesen mit entsprechend großer Masse
4) 10^10, e^100. ^meint hier hoch, also Exponent. Ich kann das leider nciht anders darstellen. D.h. 10^10 ist eine 1 mit 10 Nullen. e10 ist etwa 10^40, also extrem groß
5) Das Hubble-Gesetz ist eines DER FUNDAMENTALEN (wenn nicht das) Gesetze der Kosmologie. Es verbindet dir im Prinzip die Entfernung eines Objekts mit seiner Bewegungsgeschwindigkeit aufgrund der Ausdehnung des Weltraums (gemessen als Rotverschiebung)
6) die Rotverschiebung. Wenn du ein Polizeiauto mit Sirene hörst, so wirst du merken dass es anders klingt wenn es auf dich zufährt, als wenn es sich von dir entfernt. Das gleiche funktioniert auch mit Licht. Im Detail ist das noch ein bisschen schwieriger. (Das Beispiel ist für die von mir genannte Rotverschiebung komplett falsch, es gilt nur für die Doppler-Rotverschiebung. Aber es ermöglicht eine ungefähre Vorstellung von dem was ich sagen will, und ich kann kein korrektes Beispiel bringen ohne das Leser ohne entsprechende Vorkenntnisse in Astrophysik komplett aussteigen)
7) SN Ia-Supernovae sind ein ganz bestimmter Typ Supernovae der immer gleich abläuft und immer die gleich hell ist. Aus diesem Grund werden sie zur Entfernungsbestimmung von Objekten benutzt
8)Die Inflationstheorie besagt, dass sich das Universum zu einem Zeitpunkt in der Vergangenheit (im eignetlihcen Post beschrieben) schlagartig sehr stark ausgedehnt hat. Weit stärker als es alle Messungen vermuten lassen. Sie ist weder beweisbar noch begründbar (momentan, es gibt gewisse quantenmechanische Begründungen) aber sie löst fast alle Probleme die unsere Modelle des Universums derzeit mit den Beobachtungen des Universums haben.
Ich habe versucht das jetzt alles soweit runterzubrechen wie es Möglich ist, ohne einen kompletten Crashkurs in Sachen Kosmologie und Astronomie zu geben. Zum Teil habe ich auch die zu Grunde liegende Physik stark vereinfacht.
B) Bezüglich Ironhides Antwort auf meinen Post:
- Wasser als Lebensgrundlage: Ich halte das eher für eine Wahrscheinlichkeitsaussage. grob 75% unseres Universums besteht aus Wasserstoff, etwa 25% aus Helium, alles andere, inklusive Moleküle wie H20 kommt noch nicht mal auf 1% in Summe. Aber da Wasserstoff so zahlreich ist, halte ich es für plausibel dass Wasser in der ein oder anderen Weise an Leben beteiligt ist. Ich hab hier eine Sammlung von Konferenzbeiträgen von Physikern, Biologen und Philosophen zum Thema Kosmologie von Dezember 09, den werde ich mir bei Gelegenheit mal vornehmen (sind ca 400 Seiten). Aber um mal ein Zitat aufzugreifen, dass ich von einem Biologen gelesen habe: "Wenn es irgendwo Leben im Universum gibt, dann wird es mit größter Wahrscheinlichkeit NICHT so aussehen, wie wir es uns vorstellen"
-Physikalische Gesetze umwerfen: Niemand ist zu blöd für irgendwas^^, man mag vielleicht unterschiedlich gut sein, aber letztendlich wird es bei allen Sachen darauf hinauslaufen wieviel Spaß und Zeit man für eine Sache hat, und bei mir isses im Bereich Physik eben ne ganze Menge ^^. Es gibt meines Wissens nach keine einzige echte Revolution in der Physik die das Weltbild vollständig umgeschmissen hat, abgesehen von zwei Dingen: der Quantenmechanik (die Welt ist auf kleiner Ebene vollkommen zufällig), sowie die Relativitätstheorie (Zeit ist nicht absolut). Das hat damals viele Physiker zutiefst erschüttert, weil es vollkommen dem Verständnis der Welt entgegen lief. Aber das bedeutete nicht, das damit die alten Theorie plötzlich falsch waren, die beiden neuen Theorien (QM und ART) waren "bloß" Verallgemeinerungen der bisherigen Physik, das heisst sie konnten das gleiche und noch mehr beschreiben. Vielleicht gefällt euch ja folgende Anekdote: "Auf die Frage ob es sich denn noch lohnt Physik zu studieren wurde Max Planck von einem Professor eine Absage erteilt, da nur noch "zwei kleine Probleme" zu lösen seien." Planck hat dennoch Physik studiert. Aus den zwei kleinen Problemen wurden später Quantenmechanik (gegründet von Planck), sowie die Relativitätstheorie.
-Physikalische Gesetze generell: Das hätte ich vielleicht dazu sagen sollen. In der ganzen Physik stecken immer gewisse Annahmen drin, Spielregeln wenn du so willst. (In der Mathematik heissen diese Annahmen Axiome und sind ebensowenig beweisbar) Und jedes physikalische Gesetz kann die Welt nur im Rahmen dieser Annahmen erklären. Bei der Kosmologie ist eine dieser Annahmen "die physikalishcen Gesetze gelten überall". Das kann man noch über die allgemeine Relativitätstheorie begründen, und ist durch Beobachtung innerhalb unseres beobachtbaren Universums auch bestätigt. Aber es gibt keinen Grund dafür dass es ausserhalb des beobachtbaren Universums nicht anders sein kann. Allerdings sind Änderungen in den Gesetzen ausserhalb unseres Horizonts wenig plausibel, weil nichts dagegen spricht wird halt einfach angenommen dass sie auch ausserhalb gilt. Nocheinmal: Ausserhalb kann ALLES MÖGLICH sein, wir können es weder bestätigen noch widerlegen. Die Modelle die den Kosmos beschreiben (und damit auch unseren beobachtbaren Teil) sind entsprechend den Annahmen aufgezogen und wirken auch (von der physikalischen wie mathematischen Struktur her) plausibel. Aber sie sind bei weitem nicht final, dazu wissen wir einfahc zu wenig über die Welt, und kein seriöser Wissenschaftler wird sagen dass unser Verständnis final ist, das ist BILD-Niveau. Beispiel: Quantenmechanik und ART erklären innerhalb ihres jeweiligen Bezugsrahmens die Welt sehr gut. Aber sie Vertragen sich nicht miteinander, da die Gravitation welche Normalerweise durch die ART beschrieben wird auf Quantenebene anders funktioniert. Ein Versuch dieses Problem zu Lösen ist zB die Stringtheorie (bzw. plural, da es 8-Stück davon gibt). Das ist auch der Grund warum ich eingige Posts zuvor in meiner Antwort zerpflückt habe, weil sie definitive Zahlen geben, was unmöglich ist zu wissen.
-Wilde Theorien ^^: Man kann nachweisen, dass Lichtgeschwindigkeit bzw. schneller für Teilchen mit Gewicht (also auhc Menschen) unmöglich ist, und zwar auf einem ganz fundamentalen Niveau, und meines Wissens haben auch mal Leute nachgerechnet ob es möglich das Subräume existieren (so wie der Subspace in Star Trek), in dem man die ganzen Gesetze umgehen kann. Es hat sich herausgestellt, das man diese mit bereits vorhanden Methoden nachweisen können müsste. Da kein Nachweis da ist, ist auch der Subraum damit sehr unwahrscheinlich geworden. Was nicht heissen soll, das eine weiter verallgemeinerte Physik so etwas zulässt, aber diese müsste dann auch die bereits existierenden Phänomene mindestens ebensogut erklären wie die bereits existierenden Gesetze, und das ist eine sehr hohe Hürde. Leider befinden sich die meisten Versuche von Nichtphysikern so etwas zu erreichen auf etwa diesem Niveau:
http://xkcd.com/675/ Insbesondere die Philosphie liebt es die Physik zu missbrauchen.
-Das antrophische Prinzip besagt, dass das Universum so ist wie es ist, damit wir Menschen es beobachten können, bzw. das Menschen entstehen können ("anthros" heisst Mensch auf Griechisch). Meines Erachtens nach die physikalischste Fassung von Gott. *hust* Ich bevorzuge eher: "Das Universum ist wie es ist, weil es ist wie es ist". Aber da kann man sich auch ewig drüber auslassen^^. Es gibt da übrigens einen Kommentar von Terry Pratchet in einem der Scheibenwelt-Bücher dazu, ich glaube es war der "Heisse Hüpfer"-Band.
C) Neues Zeug
- Ich habe mal begonnen mir Seminarvorträge von Biologen von einer Kosmologiekonferenz Ende09 durchzulesen. Soweit ich bisher durchgestiegen bin:
1) gibt es über 100 verschiedene Definitionen von Leben, die je nach Wissenschaftler und Absicht angewand werden
2)Gibt es Bestrebungen die Definitionen zu vereinheitlichen und auf eine einzige umfassende Zurückzuführen
3)Lehnt ein Teil der Biologen eine Definition von Leben a priori ab, da sie durch die Menschliche Vorstellungskraft zwangsläufig eingeschränkt würde. Ich tendiere dazu mich dieser Vorstellung anzuschließen.
- Ich halte es für ausgeschlossen, dass es jemals ein vollständiges, in sich konsistentes (d.h. Widerspruchsfreies) (theoretisches) Modell des Kosmos geben wird, da meiner Ansicht nach ein absoluter Beobachter dafür nötig ist. Dieser darf damit allerdings nicht Teil unseres Kosmos sein (Das Experiment beobachtet sihc nicht selbst), was nicht möglich ist. Die (experimentelle) Beobachtung wird auch irgendwann mal an physikalische Grenzen stoßen, die eine Verifizierung von Theorien über einen bestimmten Punkt hinaus unmöglich macht.
- weil die Lichtgeschwindigkeit gerade wieder heiss diskutiert wird.
a) Die Lichtgeschwindigkeit ist endlich, sowie konstant. Wäre dem nicht so, würde unser Universum so wie wir es kennen nicht existieren.
b) es gibt Lösungen in der Art, wonach es Teilchen geben soll, die sich schneller als Lichtgeschwindigkeit bewegen, sogenannte Tachyonen. Diese Bewegen sich allerdings rückwärts in der Zeit, und können NIE langsamer werden als c. Demnach werden sie nie nachweisbar (oder widerlegbar) sein. Auch deshalb, weil
c) Information/physikalische Kräfte(Wechselwirkungen) breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Daraus resultiert Kausalität, also Ursache -> Wirkung. Überlichtgeschwindigkeit würde diese verletzten, in der Art Wirkung -> Ursache. Entsprechend kann ein sich mit überlichtgeschwindigkeit bewegendes Objekt nicht mit unserer normalen Welt wechselwirken und ist damit irrelevant.
d) Weil es mir noch gerade eingefallen ist: Die Atomphysik benötig die Lichtgeschwindigkeit so wie sie heute ist. Andernfalls wäre (je nach dem wie sie gesetzt ist) kein radioaktiver Zerfall, oder keine stabilen Atomkerne möglich, und damit auch keine Welt wie wir sie kennen. (Hängt mit den Kernkräften und deren Austauschteilchen zusammen)
Und auch die Aussage, das selbst renomierte Physiker ihre Gesetzte nicht als Felsenfest betrachte, sonder ledeglich davon ausegehn, lässt die wahrscheinlichkeit eben offen, das anderes möglich ist!!
Und warum gehen sie avon aus, weil sie eben ihre Tehorien nicht zu 100% Beweisen können, bzw genausowenig wiederlegt werden können....
[...]
Eben weil diese Physikalischen Gestetze vlt doch anderweiteig zu umgehen sind, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist. Aber sie ist DA!! auch wenn es einge hier nicht war haben wollen... oder können....
Jein. Es lässt sich zeigen, dass wenn die physikalischen Gesetze großartig anders wären, unser heutiges Universum VOLLKOMMEN anders aussehen würde.
Worauf ich hinaus will, ist das unsere gegenwärtigen Gesetze, die unser beobachtbares Universum sehr gut beschreiben, nicht final sind, d.h. das es allgemeinere Formen geben wird, in denen die jetzigen Gesetze als Spezialfall enthalten sind. So wie es zb. die ART mit der Newtonschen Mechanik gemacht hat. Die war nach Einstein nicht auf einmal falsch, aber ihre Gültigkeit wurde für nichtrelativistische (v<<c) Geschwindigkeiten eingeschränkt. Entsprechendes wird auf mit ART und QM in den nächsten Jahrzehnten bis Jahrhunderten passieren.
Die Physik hat seit Star Trek genügend Nerds produziert die alle Möglichkeiten (wie Warp-Antrieb) durchgerechnet haben.
Und mir soll keiner erzählen, dass die Physik mit den Forschungsmethoden soweit ist, dass sie alle wichtigen Faktoren diesbezüglich kennt und ein realistisches Urteil fällen kann. Ich bin Wissenschaftsfan und will auch in die Wissenschaft gehen aber alle heutigen Theorien und Gesetze als unumstößlich zu bezeichnen ist doch recht naiv...
Prinzipiell gebe ich dir Recht, aber (dass muss es immer geben ^^) wenn Simulationen mit fundamental anderen Parametern (wie beispielsweise der Lichtgeschwindigkeit) als wir sie kennen ein vollkommen anderes Universum erzeugen als wir beobachten dann würde ich das als sehr guten Hinweis für unsere bekannten Parameter werten. Leichte Variationen im Rahmen der Messgenauigkeit sind aber immer drin.
Langer Post, kurzer Schluss: Wenn irgendwas von den physikalischen Argumenten die ich gebracht habe unklar ist, dann seid so frei und gebt mir bescheid.
Ich bin Wissenschaftsfan und will auch in die Wissenschaft gehen
Es kann nie genug Wissenschaftler geben ^^