Tod war beinahe froh, dass Gegner auftauchten. Es half, sich auf etwas eindeutiges zu konzentrieren. Als Lilith sich an ihn wandte, konnte er ein leises Lachen nicht unterdrücken. Die Soldaten hatte er bisher ignoriert.
"Aber mit Vergnügen. Diese Ablenkung kommt mir gerade gelegen."
Bei diesen Worten begann seine Aura, sich erneut auzubreiten. Im Gegensatz zu vorher konnte er sich allerdings diesmal kontrollieren. Wo sie auch zuvor ganze Räume ausgefüllt hatte, wurde sie nun auf Tods Statur komprimiert. Seine Augen glühten in einem unheilvollen Schwarz, und die gesamte Umgebung schien düsterer zu sein. Kein Laut, keine Bewegung war in der Umgebung zu vernehmen, als es allen schien, als würde die Zeit selbst für einen Moment anhalten. Als er den ersten Schritt vorwärts trat, war es als ob der Boden keine Zeit zum Altern hatte- sofort war aus Stein Sand geworden, kalter, toter Sand.
Die Sense lässig über der Schulter, wartete er auf seine "Tanzpartnerin". Die Hunde des Vatikans waren zwar nicht mehr so aufreizend selbstsicher wie zuvor, aber das änderte sich nun. Sie zögerten einen Moment, bis einer mit einem Schrei ein ganzes Magazin auf Tod abzog.
Bedauerlicherweise (für den Soldaten) fand keine der Kugeln ihr Ziel- bevor sie ihn erreichten, wurde ihnen die kinetische Energie genommen, dann die Masse, bis sie schliesslich auf atomarer Ebene vergangen waren. Für das menschliche Auge waren die Kugeln jedoch einfach kurz vor ihm verschwunden.
Doch auch wenn seine Fassade wieder wie früher war- beherrscht, leicht zynisch- brodelte es noch in ihm. Er wusste nicht, wie lange er diesem inneren Feuer noch standhalten würde, wusste nicht, was er tun würde - was er tun sollte.
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Krieg blinzelte. Er sah sich um. Um ihn herum befanden sich Trümmer, die auf den ersten Blick wie von einer Explosion zeugten. Bei näherer Betrachtung befand er sich allerdings in einer Kneipe, und lediglich das gesamte Innenmobiliar war zerschmettert. Als ein leises Stöhnen erklang, bemerkte er, dass er gerade jemanden am Kragen gepackt hielt. Seine andere Hand war zur Faust erstarrt.
Er blickte prüfend auf sein Gegenüber. Unschöne blaue Flecken, Prellungen und Blutergüsse waren auf seinem Gesicht zu sehen. Es machte ihm nicht viel aus, ihn so zugerichtet zu sehen. Was ihm viel mehr zu schaffen machte, war ein dröhnender Schmerz, der seinen Kopf auszufüllen schien. Was zum Teufel war passiert?
Und langsam kam die Erinnerung, wohl ausgelöst durch die anderen Männer, die ebenfalls aus ihrer Ohnmacht zu erwachen schienen.
Er war abends in eine Bar gegangen, hatte dort einige anzügliche Witze mit den Stammgästen ausgetauscht und hatte sich reichlich am Sortiment des Barkeepers bedient.
Als dieser den Laden jedoch des Morgens schliessen wollte- und Krieg bezahlen sollte- hatte ihn eine grimmige Wut gepackt, woraufhin der Raum (und die sich darin befindenden Personen) derart zugerichtet worden waren.
Eine leichte Schamesröte stieg ihm ins Gesicht. Wenn die anderen Reiter erfuhren, dass er sich betrunken hatte...
Aber wie hatte er überreagieren können?
Verblüfft stellte er fest, dass er nach wie vor mit Genugtuung an den Barkeeper dachte, und daran dass diesem jetzt zwei Schneidezähne fehlten.
Warum
fühlte er?