Die Bucht:
Ein bisschen ungerecht ist es ja schon... Da versucht man schon seit Jahren, über Misstände in Tierhaltung, Ausbeutung durch den Menschen, und kommende Ressourcen-Armut aufzuklären und erst durch eine Oscarnominierung wird etwas bewegt. Nicht, dass es der Film nicht verdient hätte, aber wie sich plötzlich alle Welt über Japan mockiert, ist doch schon ein wenig ungerecht. Denn schließlich ist der Fischhandel in Japan einer der größten Industriezweige, ist doch ganz klar, dass die auf soetwas wie Konjunkturphasen des Meeres und deren Lebewesen scheißen. Außerdem sind nicht nur die bösen Japaner Schuld daran, dass wir in ein paar Jahrzehnten keinen Fisch mehr haben. Wer spricht über die riesigen Fischerkähne in Europa, die im Namen der Eu die Meere totfischen, Lebensräume zerstören und, ganz dem Wahn des Kapitalismus verfallen, immer produktiver werden müssen und Fische en masse aus dem Meer ziehen, die niemals gegessen werden können?
Aber nein, "We feed the World", in dem die Problematik der weltweiten Ernährungspolitik wunderbar wiedergegeben wird, oder "Flow - Wasser ist Leben", in dem die, schon gar nicht mehr als 'Zukunftspläne' zu nennenden Absichten der Industrie gezeigt werden, uns genau das zu verkaufen, auf das wir wirklich angewiesen sind und worauf es eigentlich ein Grundrecht geben sollte; unser Wasser; Nein, die waren nicht oscarnominiert und blieben somit vom öffentlichen Interesse ausgeschlossen. Eigentlich schade, denn in den Filmen wird wesentlich mehr von beiden Seiten gezeigt und nicht so viel Feindbildhetze betrieben, wie in "Die Bucht".
Nicht, dass ich etwas gegen Aktionen habe, die gegen das Gesetz verstoßen, wenn es mein Gewissen beruhigt, aber hier wird die japanische Fischfangindustrie als etwas dargestellt, dass einfach nur aus Spaß und Trotz aufrechterhalten wird. Dass eine Menge Jobs und noch viel mehr Geld hinter dieser Industrie stehen, wird mit KEINEM Wort erwähnt, was ich ziemlich einseitig und sogar dumm finde. Genauso könnte man sagen, Tierschlachtungen, die nicht ganz nach menschenrechtlichen Maßstäben durchgeführt werden, werden aus Spaß durchgeführt, und um die Tiere übermäßig zu foltern. Dabei geht es eher ums Gegenteil. Denn der Kapitalismus drängt jede Nation in eine unendliche Spirale aus Wachstum. Die Produktion muss immer effektiver, immer mehr werden, ungeachtet des tatsächlichen Konsums. Nur so ist es zu erklären, dass der Großteil unserer Nahrung auf dem Müll landet, da sie nicht verkauft werden kann und auch die meisten toten Fische wieder entsorgt werden müssen, weil sie nicht gebraucht werden. Der Großteil unseres Primärsektors in der Wirtschaft arbeitet nicht mehr direkt für den Konsumenten, sondern ist soetwas wie eine Arbeitsmaßnahme, um die Leute zu beschäftigen, eine Arbeitsmaßnahme, um ein System aufrechtzuerhalten, dass von Anfang an falsch angefasst wurde.
Nun macht es mir persönlich gar nichts aus, dass, der von Natur aus fiese Japaner, der Delphinschlachter, hier in seiner ganzen Pracht verteufelt wird, da ich ein wenig mehr Hintergrundinformationen habe. Außerdem hat mir die Machart des Filmes gefallen, es war spannend, trotz allem immer noch informativ und stellenweise sogar lustig, wenn man merkt, wie sehr die Bürokratie, die uns wohl helfen soll, in Wahrheit eine Fessel ist.
7/10
Anleitung zur sexuellen Unzufriedenheit:
Der Mann, der die nächsten anderthalb Stunden zu sehen ist, erklärt zuerst, dass das ein Experiment ist, ein Kino-Kabarett-Programm, das in gewisser Weise auch Therapie ist und nicht ohne die Mitarbeit des Einzelnen funktioniert. Ein Summen wird von jedem Kinobesucher erwartet, wenn fast-anonyme Umfragen in kleinem Kreis vorgenommen werden, um bestimmte Thesen zu untermauern oder zu verwerfen.
Das Experiment ist geglückt. Ich bin etwas klüger, bin mir über bestimmte stereotypische Verhaltensmuster von Mann/Frau etwas mehr im klaren und habe sogar ein paar mal gelacht, da die Ernsthaftigkeit, mit der das Thema angegangen wird, bei weitem komischer ist, als Mario Barth mit seinem Proleten-Hammer-Humor. Der Film ist weniger Kabarett oder Komödie, denn ein Kino-Seminar. Aber so etwas fürs Kino rauszubringen, ist interessant und mutig. Gelangweilt habe ich mich jedenfalls nicht.
6,5/10