Ich mag die Serie sehr (bis auf den in meinen Augen wenig gelungen Schluss. Gott sei Dank hat sie mit Death and Rebirth ein angemessenes uns spektakuläres Ende erhalten, was nicht nur beim Ansehen sondern auch im Nachhinein sehr zum Nachdenken angeregt hat. Einerseits natürlich über die Protagonisten und ihren Platz in dieser alptraumhaften Welt, die kaum mehr vergleichbar mit unserer Realität ist, sowie natürlich auch über Verknüpfungen zwischen Serie und Religion, wie Black Rose es zuvor treffend beschrieben hatte:
Wo Shinji und Asuka in den Trümmern einer komplett von Menschen ausradierten Welt am Strand sitzen - so wie eben Adam und Eva einst die einzigen Menschen auf der Erde waren.
).
Die Filme waren bisher allesamt Meisterwerke. Zugegeben hat man im ersten Film
Evangelion: 1.01 - You Are (Not) Alone noch so manche Szene vermisst, die die Serie wunderbar abgerundet hatte, doch bei den fantastischen Animationen kann man darüber getrost hinwegsehen (gut, da ich NGE davor schon gesehen hatte und in diesem Sinne vorbestraft bin, lass ich diesen Part mal so im Raum stehen.)
Der zweite Film
Evangelion: 2.22 - You Can (Not) Advance war schlicht und ergreifend perfekt. Eine so gut ausbalancierte Mischung aus titanischen Mechakämpfen, dem teils sogar heiteren Alltagsleben von Shinji und seinen Freunden und der grausamen Realität, in der sie verzweifelt um das Überleben der gesamten Menschen kämpfen hab ich bei NGE vor allem gegen Ende hin sehr vermisst. Umso erfreuter war ich dann natürlich, das dies beim zweiten Eva-Film so gut gemeistert worden war.
Und genau das ist auch der Grund, waurm ich v.a. die Filme so liebe: Sie zeigen unverblümt ein grauenvolles Zukunftsszenario, das für den normalen Menschen kaum vorstellbar, geschweige denn zu ertragen wäre. Nichtsdestotrotz müssen sich die Protagonisten mit den Umständen arrangieren und die Dinge so akzeptieren wie sie sind - so schmerzhaft es teilweise auch für sie sein mag.
Zudem bietet NGE mit Shinji mal genau das, was dem Anime-Genre bis dato gefehlt hatte. (An diesem Punkt sollte ich wohl anmerken, dass ich nur wenige ältere Animes wie NGE gesehen habe. Falls das nun kommende bereits in einer anderen Serie in der gleichen oder sehr ähnlicher Art vorgekommen ist, bitte ich um Nachsicht über meine mangelnden Kentnisse der meisten älteren Serien.)
Zu oft hatte man schon junge Burschen gesehen, die dazu auserkoren wurden, die Welt, Freunde, Geliebte o.ä. zu retten. Doch zum ersten Mal war hier ein Junge als genau das gezeigt worden, was er in Wirklichkeit war: eben ein normaler Teenager. Kein Held, der sich aufoperungsbereit jeder Gefahr in den Weg stellt oder bereitweillig sein Leben für andere hergibt. Nein, stattdessen wird uns ein Jugendlicher präsentiert, der, verfolgt von Geschehnissen aus der Vergangenheit und einer surrealen Gegenwart, am liebsten alles um ihn herum ausblenden würde. (Ich glaube, in seiner Situation würde ich mich ähnlich verhalten).
Trotz all dem reift er im Laufe der Serie heran und beginnt seinen eigenen Wert zu begreifen - nicht nur für NERV als EVA-Pilot, sondern vor allem als Mensch für seine neugewonenen Feunde. Ihn in diesem Stadium nicht zum Egal-was-kommt-ich-schaff-alles-Helden vorkommen zu lassen, sondern ihn als mental nun deutlich gestärkten, aber immer noch fragilen Jugendlichen darzustellen war eine mutige und in meinen Augen auch richtige Entscheidung gewesen. So hat NGE seine Ernsthaftigkeit nicht eingebüßt und weiß mit seinen ausgeklügelten Charaktereprofilen bestens zu überzeugen.
Zusammenfassend kann man sagen: Neon Genesis Evangelion ist ein Paradoxum, denn auch ich hätte mir kaum vorstellen können, wie sich Übernatürliche, gar gottgleiche Wesen wie EVAs mit schier grenzenloser Stärke und die vergleichsweise ernüchternde Welt der Menschen samt einem Charakter wie Shinji Ikari miteinander verbinden lassen. Glücklicherweise ist das Experiment geglückt und hat das Mecha-Genre damit bis heute einschlagend geprägt.