@MakubaX:
Sicher ist es Neid. Es ist zwar irgendwo peinlich zuzugeben, dass man neidisch auf Künstler ist, die besser von der Masse aufgenommen werden, aber es ist die Wahrheit. Vielleicht versuche ich mir auch nur deswegen ainzureden, ich wäre ein besserer Künstler, eben WEIL mir die Anerkennung verwehrt wird. Ist es denn nicht das Ziel anerkannt zu werden, was uns immer und immer weiter anspornt? Von daher kann ich ehrlich behaupten, dass ich niemals berühmt werden will, bzw. hoffe, dass mir möglichst lange die Anerkennung verwehrt bleiben wird, bis ich die Spitze erreicht habe, falls es überhaupt so etwas wie eine Spitze gibt, die ich erreichen kann/will.
@dillerkind:
An sich stimme ich dir zu. Auch ich vertrete generell die Ansicht, dass alles, was kommerziell erfolgreich ist, weniger mit Kunst zu tun hat. Ich weiß gar nicht mal, woher ich diese Einstellung habe, aber ich habe es schon immer so empfunden, so weit ich zurückdenken kann. Aber es gibt auch Ausnahmen. Zum Beispiel sind Künstler wie Hermann Nietsch noch immer umstritten, aber trotzdem ist er ein mittlerweile anerkannter Künstler. Egal, was er jetzt noch macht, die Massen jubeln, denn er macht 'offiziell' Kunst und hat damit die Erlaubnis jedes Tabu zu brechen, was er will. Aber irgendwie ist das doch auch armselig... Wenn man es als Künstler oder Designer zum Beispiel darauf anlegt, Tabus zu brechen und zu schockieren und aufzurütteln, ist es tödlich, wenn plötzlich alles widerspruchslos hingenommen wird, weil es ja jemand ist, der das darf.
Ich versuche also zu unterscheiden in kommerziell erfolgreichen, wahren Künstlern, kommerziell erfolgreichen 'Typen' (Kunst liegt ja im Auge des Betrachters. Daher steht mir eigentlich nicht zu, etwas als Kunst oder Nicht-Kunst abzustempeln. Aber einige Sachen empfinde ich eben nicht als Kunst und das hat weniger damit zu tun, ob ich es mag, oder nicht. Auch Sachen, die ich nicht mag, kann ich durchaus als Kunst akzeptieren), nicht erfolgreichen, wahren Künstlern und nicht erfolgreichen Typen.
Das ist zwar auch noch sehr oberflächlich, sind aber gerade genug Schubladen, um mein Weltbild von Kunst aufrechtzuerhalten.^^
Und ich teile deine Blauäugigkeit.
Als Künstler braucht man eine gewisse Ignoranz, Stolz, Ideale und vor allem Prinzipientreue!
(Will nicht sagen, dass nur diese Eigenschaften Menschen zu Künstlern deklarieren.)
@Duplexagon:
Umfangreicher Beitrag, ich versuche mal, darauf einzugehen.
Ich glaube, jeder Mensch mit genug Talent hat in sich drin einen einzigartigen Stil. Aber wenn wir das zeichnen lernen, werden wir von allem beeinflusst von dem wir lernen. Ich nehme mal mich als Beispiel: Ich habe NIE, wirklich noch NIE ein Fanart gezeichnet. Ich kam noch nichtmal auf die Idee, einen Charakter aus irgendeiner Serie, sei es Anime oder Trickfilm, zu zeichnen. Aber manche Leute haben nur Fanarts gezeichnet und haben sich unbewusst nur eine ähnliche Linienführung wie der Zeichner des Originals angewöhnt. Perlen vor die Säue sind das.^^
Trotzdem wurde ich maßgeblich von den Zeichenbüchern beeinflusst, die ich hatte, und da waren auch viele Manga- und Comiczeichenbücher drunter.
Womöglich sind die meisten Zeichner einfach zu unselbstständig und ersticken ihr eigenes Talent im Keim, weil sie nie gelernt haben 'selber' zu zeichnen, sondern sich immer nur eines fremden Stils bedienten.
Ich denke, dass man als (guter) Zeichner Kunst erkennt, wenn man sie vor sich sieht. Zum Beispiel Pablo Picasso. Ich habe eine sehr seltene Aufnahme von ihm, in der er zwei Stunden lang einfach nur viele verschiedene Bilder zeichnet. Und nach dem Genuss dieses Films war ich ein Fan von ihm. Als Kind habe ich ihn nicht verstanden, ich fand seine Bilder hässlich, ich konnte einfach nicht
verstehen, was daran Kunst war. Aber nachdem ich sah, wie er den Stift hält, wie er dieLinien aufs Papier setzt und wie genial reduziert das Endergebnis in seinem Kern erfasst wird, begriff ich, dass Picasso einer der Meister schlechthin ist. Jetzt bewundere ich ihn, aber es dauerte Jahre, bis meine Augen überhaupt erkannten, was sie da sahen.
Genauso ist es mit anderen Bildern. Ich kann eine Kinderzeichnung ansehen und sie genial finden, andererseits betrachte ich die Bilder eines amerikanischen fotorealistischen Künstlers, der schon viele Preise gewonnen hat und fühle nur Leere in mir. Seine Bilder sind perfekte Abbilder der Realität, aber sie sind tot, steife Wachsfiguren, die mit Graffit aufs Papier akribisch übertragen wurden.
Auch wenn mir Bilder nicht gefallen, erkenne ich doch am Strich, wer eine wirkliche Profession erreicht hat, was für ein Niveau der Künstler hat und urteile dann. Und meine Vorliebe für Reduktion und kindliche Naivität sorgt für den Rest und entscheidet, ob in meinen Augen ein Künstler wirklich ein Künstler ist, oder nicht.
(Naja, Geschmackssache eben)
Und es kommt bei Kunst auch immer auf die Botschaft an. Von daher kann auch ein Scheißhaufen Kunst sein, Kunst sind nicht nur Malereien und Zeichnungen.
Was du zu den mangas sagst, kann ich nur zum Teil nachvollziehen. Denn wie ich schon sagte, glaube ich, dass es eine Vergeudung von Talent ist, sich nur auf Mangas zu konzentrieren. Viele Mangazeichner sind selber nur mittelmäßige Künstler, auch wenn es Ausnahmen gibt. Akira Toriyama hat eben seinen Stil, der mag nicht jedem gefallen, aber er hat ihn gefunden. Wenn er damit zufrieden ist, kann ihm das keine schlechte Meinung der Welt nehmen.
Außerdem erkennt man in seinen Bildern, dass er wirklich Ahnung von Anatomie hat, sie aber für seine Zwecke reduziert und vereinfacht hat.
Wie diese superjunge Autorin, die wegen Plagiats angeklagt wurde, sehr treffend sagte, kopiert man IMMER. Es gibt keinen Weg nicht zu kopieren, weil wir unser Leben lang immer und überall beeinflusst werden. Die damaligen Künstler haben ihre riesigen Gemälde nie alleine gemalt, oft haben sie sogar nur minimale Arbeit geleistet und ihre Schüler die Bilder malen lassen. All das ist Kopie und trotzdem spricht man von Kunst. Es ist ein Fehler anzunehmen, zu kopieren sei falsch, denn es ist in Wirklichkeit eine hervorragende Übung. Man versucht mit den Augen eines anderen zu sehen und nur weil man es einmal macht, heißt nicht, dass man sein Leben lang immer nur kopiert. Um Anatomie zu begreifen habe ich viele Bilder von Leonardo daVinci kopiert, habe beim zeichnen versucht, seine Linienführung zu begreifen, mit demselben Verständnis von Volumen und Harmonie ranzugehen wie er. Und es war eine wirklich hilfreiche Übung. Aus allen anderen Zeichenbüchern habe ich auch immer nur abgezeichnet, sprich kopiert und trotzdem hat es mir nie geschadet. Ich sehe in der Kopie eine unvermeidbare Leistung des Künstlers, zu lernen. Es ist nur wichtig, sich den zu kopierenden Stil nicht zu eigen machen zu wollen, sondern ihn nur zu Lernzwecken zu benutzen!
(Ich kann gar nicht genau sagen, wieviele Künstlerstile in mir stecken. Die Beeinflussung ist einfach da, wenn ich eine gute Zeichnung sehe, stelle ich mir automatisch vor, ich führe den Stift, der das Bild gezeichnet hat. Ich fahre die Konturen ab, versuche zu verstehen, wie der Zeichner gezeichnet hat. All das beeinflusst mich, minimal vielleicht, aber ich merke es, wenn ich das nächste mal den Stift aufs Papier setze und bewusst einen Strich ziehe. Dann habe ich etwas gelernt, ohne direkt gezeichnet zu haben.)
Man muss nicht das Rad neu erfinden, es erfindet sich von selbst neu, wenn man es nur lange genug betrachtet. Ich muss mir keine Gedanken um Stil und Können machen, weil es sich alles auch ohne mein Zutun entwickelt und rein von der Übung abhängt. Ich vergleiche es mal mit Bodybuilding. Es bringt nichts, darüber nachzudenken, wie gut definierte Muskeln man haben will, man sollte sich einfach ins Fitnessstudio begeben und anfangen zu trainieren, die Muskeln finden ihre eigene Definition!
Ich finde es übrigens hervorragend, was du über Kunsthochschulen sagst, denn auch das ist einer der Gründe, wieso ich nicht an einer Uni Kunst studieren werde. Was soll man in staubigen Ateliers lernen? Geht lieber raus und zeichnet das, was vor euren Augen liegt.
Und letztendlich ist es doch so, dass man Kunst für sich macht. Denn es ist heutzutage einfach unmöglich von allen gekannt, anerkannt und geliebt zu werden, es gibt einfach zu viele Menschen. Was ich mache, tue ich für mich, weil ICH ein Ziel habe, das ICH erreichen will. Ich bin ein Künstler, wenn ich mich als solcher bezeichne, und das kann mir keiner nehmen. Und es sind nicht nur Künstler, wer zeichnet, oder malt. Künstler sind Denker, sind Philosophen und normale Menschen. Kunst drückt sich meiner Meinung nach nicht im Stil aus, oder in der Größe und Erfahrung, sondern in der Leidenschaft, mit der etwas getan wird. Wenn jemand mit Leib und Seele etwas tut, obs reden, schreiben, malen, singen, etc. ist, dann ist es Kunst. (Das geht über persönlichen Geschmack und Meinungen hinaus. Kunst kann auch darüber hinaus als Kunst erkannt werden.)
Entschuldigung für den ellenlangen Text, der eigentlich Offtopic ist. Vielleicht sollte man einen passenden thread eröffnen und die letzten beiträge dorthin verschieben?