Nachdem Lerryl dem Feuermagier einen Todesblick gesendet hatte, war sie auch schon aufgestanden. Nicht um zu Ethan zu gehen, der mittlerweile schon aus dem Speisesaal rausgegangen war, sondern um sich auf den Weg in ihr Zimmer zu machen. Sie beugte sich über den Tisch hinweg zu Markus hinüber, schlug ihm leicht mit der Faust gegen seine Wange und ging dann mit lächelndem Gesicht davon, ohne ihm richtig eine gute Nacht zu wünschen. Eigentlich hatte sie recht wenig Lust, auf ihr Zimmer zu gehen, aber dann widerrum dachte sie sich, dass sie vielleicht alles nur geträumt hatte, da der Spiegel, den sie kaputt geschlagen hatte, wieder ganz war. Die Lichtelfe gähnte herzhaft, lief den Korridorgang entlang und dann lief sie raus, ins Freie um von dort aus in den Turm zu kommen. Beim Turm angekommen, flog sie förmlich hinauf und öffnete die Tür mit einem Fußtritt. Als sie hinein ging, erschien das Zimmer plötzlich mit Licht und hüllte dem Raum in diesem Licht.
Sie ging geradewegs zum Bad und wusch sich ihr Gesicht, traute sich beinahe nicht in den Spiegel zu schauen, doch dann packte sie sich ihre Stirn und schüttelte leicht den Kopf.
Ach, was ist denn bloß los mit mir? Sie drehte sich um und lehnte sich an das Waschbecken. Ihre Augen waren geschlossen und sie atmete tief ein und aus.
Lerryl, das war kein Traum. Es war Realität. Hör doch schon auf, Tyls'm. Der Spiegel im Zimmer ist nicht zerbrochen. Es müssten noch überall Scherben liegen, doch keine Einzige liegt mehr auf dem Boden! Tyls'm antwortete ihr nicht mehr und sie ging wieder in ihr Zimmer, entledigte sich ihrer Schuluniform, faltete diese und legte sie auf den Stuhl. Daraufhin zog sie sich nur ein langes Shirt an und legte sich in ihr Beet. Mit einem Mal hüllte sich das Zimmer in Dunkelheit und es war Zeit für sie zu schlafen, also deckte sie sich zu, schloss die Augen und tatsächlich schlief sie wenige Minuten später ein, bis sie von einem Geräusch geweckt wurde. Es war ein leises Geräusch, irgendetwas in ihrem Zimmer schien zu rascheln. Sie öffnete langsam ihre Augen und konnte diesen nicht trauen.
Ihre Bettdecke lag auf dem Boden, es war anscheinend hinunter gerutscht, als sie sich gedreht hatte, doch das unglaublichere war, dass die Stoffe, die von ihrem Himmelbett aus hinunter hingen, auf sie zuzielten. Lerryl kreischte auf und krabbelte auf, lehnte sich an die Wand und wusste nicht was geschah und ehe sie sich versehen konnte, schlingen sich die Stoffe um ihre Arme und Beine, sowie um ihren ganzen Körper. So eingeschlungen, wurde sie gen Zimmerdecke gehoben und kurz bevor sie mit dem Kopf aufschlug, hielten die Stoffe still, doch der Stoff zog sich stramm und wurde fester, woraufhin Lerryl erneut aufkreischte und sich nicht befreien konnte.
W-Was soll das?! Ist das schon wieder ein Alptraum? Ich will aufwachen, wenn dem so ist!! Nein Lerryl Bihter Rya'ath, das ist Realität. Dies war nicht die Stimme von Tyls'm. Nein. Die Stimme kam aus dem Spiegel hervor. Lerryl keuchte schwer und drehte ihren Kopf mühsam in Richtung des Spiegels.
W-Was willst du von mir..? Ich hab dir nichts getan!! Ich hab dich nicht in den Spiegel eingesperrt, wer oder was auch immer du bist!
Sicherlich hast du das nicht, aber du könntest mir helfen hier wieder rauszukommen.
Die Lichtelfe war nun sichtlich verwirrt, doch versuchte sie nur den Kopf zu schütteln.
Wieso sollte ich dies tun?! Dich müsste man noch tiefer in den Spiegel sperren! Plötzlich wurden die Stoffe um sie herrum noch enger und sie bekam fast keine Luft mehr.
Du wirst mir schon noch helfen. Du willst doch die Stärkste werden, oder nicht? Du bist schon die Beste, Lerryl.. nein. Bihter. Die Beste. Aber willst du nicht noch mehr Macht? Willst du dich nicht an deinem Vater rächen, für das was er dir angetan hat, was wegen ihm geschehen ist? Lerryl stockte und schaute verzweifelt drein.
Wieso... Doch dann meldete sich Tyls'm zu Wort.
NEIN! Lerryl! Hör nicht auf ihn! Es ist ein Racheengel! Er will nur deine Seele besuddeln! Du darfst ihm kein Vertrauen schenken! Aber... er hat doch recht, ich will mich rächen. Mein Vater hat.. uns getrennt, Tyls'm. Richtig, liebste Lichtelfe Bihter. Dein Vater war es, der alles zerstört hat und jetzt wollte er dich los werden und hat dich in diese Akademie geschickt, dabei brauchst du dies alles doch gar nicht, du bist doch so schon stark genug. Der Racheengel stieg etwas aus dem Spiegel empor, der Stoff um Lerryl herrum wurde wieder etwas aufgelöst und war lockerer, doch war sie von einer schwarzen Aura umgeben. Ein dunkler Nebel umrundete sie und sie nickte leicht mit dem Kopf.
LERRYL! Dein Vater wollte nur dein Bestes! Du warst immer so arrogant, hast all deine Freunde verloren, weil du dich für etwas Besseres hieltest! Deswegen bist du hier gelandet, um deine wahren Kräfte zu erforschen, um wirklich stark zu werden und es nicht nur zu behaupten. Aber .. dennoch, DU bist schon stark! Du bist doch wohl stark genug, dich diesem Wesen zu widersetzen! SCHWEIG STILL! Mein Vater wollte nie mein Bestes! ER hat mir all meine Freunde genommen! ER hat mich trainiert, mich gefoltert wenn ich mal nicht wollte. Und auch ER war es, der mir meine wunderschönen langen Haare geschnitten hat! Mein eigener Vater hat mir MEINE EHRE genommen! Du weißt was es bedeuted, wenn man einer Lichtelfe ihre Haare abschneidet. Tränen liefen Lerryl über's Gesicht und sie war außer sich vor Wut, bei dem gedanken an all die Dinge, die er ihr angetan hatte. Man konnte ein deutliches Grinsen auf dem Gesicht des Wesens aus dem Spiegel sehen und es streckte seine Arme nach Lerryl hinaus.
Komm zu mir Bihter, komm her, lass mich dir Kraft geben, damit du dich bei deinem Vater rächen kannst, komm nur her. Die Stoffe die Lerryl umschlungen hielten trugen sie an den Spiegel und die Arme des Racheengels umarmten sie. Es war eine kalte Umarmung, eine boshafte.
Der Racheengel zog Lerryl ihr Shirt hoch und zeichnete ihr ein Mal auf ihren Rücken, welches sich in ihre Haut einbrannte. Sie schrie auf, doch der Racheengel hielt sie wieder an sich, an den Spiegel.
Schhhht, liebste Bihter, es wird alles gut. Nun geh schlafen meine liebste Elfe. Lerryl nickte erneut mit dem Kopf und wurde zurück in ihr Bett transportiert. Tyls'm konnte sie nicht mehr erreichen und das Mal auf ihrem Körper entfaltete sich, breitete sich auf ihrem Gesamten Rücken aus und ging bis auf ihre Schultern hinauf. Doch merkte sie von alledem nichts mehr und schlief ruhig und friedlich mit einem Lächeln auf den Lippen ein.