Dunkelheit. Sie hinderte ihn nicht im geringsten Maße. Curoquer schritt durch das Schwarz und verspürte dadurch eine angenehmes Gefühl von wohliger Zufriedenheit. Er hatte schon immer die Nacht geliebt. Obwohl er eigentlich ein Dämon war, hatte ihn die lange Zeit mit den sterblichen Völkern ihn langsam beeinflusst. Ihre Literatur und Künste waren in den Augen von Dämonen Zeitverschwendung, aber Curoquer müsste Lügen, wenn er nicht eine leise Entzückung ihn beim Anblick ihrer für die Ewigkeit bestimmten Bauwerke überkommen hätte. Sie strahlten die Qualen und Mühen, die die Menschen für jene geopfert hatten, aus. Doch so sehr es ihn in Bann zog, musste es dennoch an dem dämonischen Kern scheitern. Dieser Kern sehnte sich nach den ewig brennenden Schlachtfeldern, den zahllosen Gemetzeln und dem Schreien der Opfer. Dämonen gingen einer ganz speziellen Art von Dekadenz nach, als jene, die die Menschen nicht einmal annährend erreichen konnten. Curoquers menschliche Miene nahm verbitterte Züge an. Ein Wunsch, der wie ein wucherndes Geschwür in ihm brodelte, kroch wieder in ihm hoch und erinnerte ihn an einen verhassten Namen.
Uldor.
In Kreisform umringten die niederen Dämonen geifernd und brüllend das Schauspiel in ihrer Mitte. Die mächtigen Hiebe, die ausgeteilt wurden, klirrten und kreischten reißend auf, sobald sie sich mit ihrer ganzen Kraft begegneten. Ein Fürst hatte einen anderen herausgefordert. Das unabänderliche Gesetz befahl den beiden zu kämpfen, bis es zu einer Entscheidung kommen würde. Einer Niederlage oder einem Toten. Die brutale, gezähnte Axt fuhr auf die lange, schneidige Klinge herab, konnte ihren Block jedoch nicht durchbrechen. Stürme fegten in auf dem ewigen Schlachtfeld und verzweifelte Schreie von gequälten Seelen trug der Wind mit sich durch das gewaltige Reich. Ein Konter wurde ausgeführt, aber der vorherige Angreifer wich geschickt aus. Beide starrten sich schwer schnaufend an. Die breiten Nüster des grobschlächtigen Dämons sogen kraftvoll Luft ein und aus, während aus der gesichtslose Fratze seines Gegenübers nur ein hörbares Schnaufen zu vernehmen war. Dann grollte aus dem Maul von Uldor eine donnernde Stimme Curoquer entgegen.
"Du kannst diesen Kampf nicht gewinnen, Curoquer."
"Sei dir da nicht so sicher, Uldor."
"Du täuscht dich. Ich bin es. Du weißt, dass du in die Enge getrieben bist. Dein verschlagener Geist handelt aus dem Dunkeln heraus, doch bist du kein Dämon, der sich seinem Feind direkt gegenüber stellt. Du hast die falschen Eigenschaften geerbt, Curoquer. Deine Zeit endet hier."
Mit diesen Worten stürzte sich das gewaltige Monstrum von einem Dämon ein weiteres Mal auf Curoquer. Er musste wieder in die Defensive gehen, da die Hiebe von Uldor schnell und tödlich waren. Curoquors Wunden waren zahlreich und ein Sieg nicht erkennbar. Uldor kannte seine Schwächen, so wie Curoquer die von Uldor. Aber er hatte zu spät gehandelt, als dass er Uldor in diesem Moment in Knie zwingen könnte. Uldor brüllte hämisch lachend, während er ohne Unterlass auf Curoquers Deckung schlug.
Uldor, dieser Sohn einer räudigen Hündin, so wie es die Menschen zu sagen pflegten, hatte Curoquer verraten. Sie hatten einen Pakt sich nicht gegenseitig zu attakieren, aber Curoquer war zu leichtsinnig gewesen. Man konnte mit einem typischen Dämon, wie er es war und wohl immer sein wird, keinen Pakt schließen, sondern ihn nur vernichten.
Der Schlag fuhr Curoquer tief in seine Schulter und schnitt ihn bis in die Körpermitte. Uldor lachte nur siegessicher und blickte auf den Dämonenfürsten nieder, der sich mit einer Hand vom Boden abstützte, um nicht zu fallen. So viel Würde wollte Curoquer noch wahren. Uldor riss die Axt aus dem Leib seines Gegners, aus dessen Wunde wilde Flamme aus reiner Energie züngelten.
"Ergib dich, Curoquer."
Es würde nicht hier enden, er würde seine Rache bekommen. Er würde geduldig sein.
Curoquer nickte schwer schnaufend.
"So wirst du nun Curoquer, der Gesichtlose, mein Diener sein."
Seine Fäusten ballten sich und die Augenbrauen zogen sich zusammen. Er würde seine Chance bekommen. Musste sie. Denn eher würde er vergehen, als in aller Ewigkeit, diesem hirnlosen Bastard zu dienen. Einer musste sterben. So wollten es die Götter.
Da war sich Curoquer sicher.