Die Ankunft im Hauptquartier der PsyCorp verlief ganz anders als es sich Juri erwartet hatte. Dass man sie abführen wurde war klar, aber diese Männer machten mehr den Eindruck Wissenschaftler als Sicherheitsleute zu sein. Außerdem wurden auch fast die ganze Einheit der Arbitratoren fest genommen, auch Shinru und Tegan. Ist das etwa eine Bestrafung weil sie ihr gegen ihre Befehle geholfen hatte? Irgendwie hatte Juri ein schlechtes Gewissen diesbezüglich. Auch wenn es HighCityler waren, diese zwei verdienten es nicht nur weil sie nett waren, eingesperrt zu werden...
Im Gegensatz zu den verhafteten Arbitratoren wurde Juri in ein komplett anderes Gebäude gebracht. Das Innere erinnerte eher an ein Labor als ein Gefängnis. Also war ihre ursprüngliche Intuition richtig, das waren Wissenschaftler, aber wieso sollten Wissenschaftler Interesse an ihr haben? Slumbewohner sollten eigentlich nichts neues für sie sein, doch dann wurde es ihr klar. Hygienische Mittel und Ärztliche Versorgung war in den Slums nicht vorhanden. Mit ziemlicher Sicherheit waren das Quarantänevorschriften um zu vermeiden, dass mit ihr irgendwelche Krankheiten in die HighCity mit eingeschleust werden. Tatsächlich, bevor noch irgend etwas gemacht wurde, steckte man das Mädchen mitsamt ihrer Kleidung in eine Desinfektionskammer. Die harten Strähle mit dem Desinfektionmittel schmerzten auf der Haut. Doch zum Glück war die Prozedur und mit einem gewaltigen Wind, welcher durch den Raum blies, wurde die Kleine wieder getrocknet und ihre Frisur völlig vernichtet.
Im Anschluss folgten die Aufnahmen ihrer Personalien. Viel konnte sie über sich aber eh nicht sagen. Geburtsort unbekannt, Eltern unbekannt, selbst ihren Vamiliennamen kannte Juri nicht einmal. Die Personen schienen etwas verwundert dass Juri kaum etwas über sich selbst weiß, doch ein Telephat bestätigte dass sie die Wahrheit sagte. Anschließend folgten die ärztliche Untersuchungen. Abmessungen, Krafttests, Blutabnahme und schließlich verpasste man ihr eine Spritze wo der Mann irgendetwas von Nanomaschinen erwähnte. Was auch immer es war, es brannte höllisch in den Adern. Juri widersetzte sich bei der ganzen Prozedur kein einziges Mal, wozu auch? Sie sah keine Möglichkeit zu entkommen und ihr Gefühl sagte ihr sogar, dass in dem Moment wo sie aus dem Raum flüchten würde, automatische Geschütze in der Decke sowieso mit Betäubungsmittel wieder einfangen würde...
Nach dem vorerst alles abgeschlossen war, brachte man die Kleine in eine Zelle. Die Wände waren grell weiß, keine Fenster, einzig die Zellentüre und eine weitere die zu einer kleinen Toilette führte unterbrachen die Wand. Ansonsten gab es nur ein Waschbecken, einen kleinen Tisch mit Stuhl und ein Bett was zumindest einen gemütlicheren Eindruck machte als die Schlafgelegenheit welche Juri damals in der Taverne von Markus hatte. Das Licht leuchtete die gesamte Zelle komplett aus und in jeder Ecke des Raumes war an der Decke eine offensichtliche Kamera installiert, auf das einem klar ist dass jede kleinste Bewegung von dem Überwachungspersonal bemerkt wird.
Nach ein paar Runden auf und ab in der Zelle legte sich Juri hin. Sie hatte Recht, das Bett war gemütlicher als das was sie bei Markus hatte, aber nicht so gemütlich wie bei Yumiko. Yumiko... Als ihr die Kleine in den Kopf kam kauerte sie zusammen. Es schmerzte sie daran zu denken was sie ihr mit dieser Aktion angetan hatte, aber es war die einzige Möglichkeit, das redete sie sich immer wieder ein. Dennoch nahm sie das Kopfkissen und umarmte es fest. Was würde sie nur dafür geben jetzt bei ihr zu sein... Ihre Tränen begannen wieder zu fließen, sie kauerte weiter zusammen und drückte das Kissen noch fester an sich.
Schließlich wurde ihre Ruhe gebrochen als sie hörte, wie sich das elektrische Schloss an ihrer Türe sich öffnete. Ein junger Mann, ganz offensichtlich einer der Sicherheitsleute trat mit einem Tablett zu essen herein. Er sagte nichts, sah sie nur mit einem sanften lächeln an, stellte das Tablett auf den Tisch und verließ dann wieder rückwärts die Zelle, hielt dabei durchgehend Augenkontakt mit dem Mädchen.
Langsam bekam Juri das Gefühl dass hier etwas nicht stimmte. Seit man sie hier her gebracht hatte, waren alle so ungewohnt freundlich. Niemand war grob oder hat ihr das Gefühl gegeben dass sie Abschaum aus den Slum wäre, so wie sie es eigentlich erwartet hatte. Vorsichtig sah sie sich das Gericht an was man ihr gegeben hatte. Sie konnte es nicht zuordnen da sie noch nie im leben ein korrekt zubereitetes Kotelette mit Beilagen gesehen hatte, doch die Tatsache dass das wohl das Köstlichste war was sie je gegessen hatte ließ sie nur noch mehr daran Zweifeln dass hier alles mir rechten Dingen vor sich ging. Was jetzt noch fehlte war dass jemand die Tür öffnet und ihr sagt dass sie gehen kann...