Die anderen sprachen ihre Gedanken zu dem Angebot aus. Ryia schien nicht sonderlich von dem Unterfangen begeistert zu sein und Arri schlug vor, ihrer Natur gemäß eine subtilere Abwehrmethode anzuwenden. Allerdings zweifelte Ulrik nicht daran, dass der Stadtrat bereits sorgfältig erwogen hatte, welche Möglichkeiten ihm sonst noch offenstanden und es war nicht gesagt, ob das Anheuern von Söldnern ihr einziger Plan war. Es stand jedoch auf jeden Fall auch für Ulrik außer Frage, wie gefährlich das war, was man von ihnen verlangte.
"Sagt, Haralf", sprach Ulrik einen Gedanken aus, der ihm bei Angramars Worten gekommen war, "Gibt es wirklich keine Möglichkeit herauszufinden, wo Thraka sich zur Zeit aufhält, damit er bereits im Vorfeld eliminiert werden kann?"
Haralf schüttelte langsam den Kopf.
"Ich fürchte nicht", sagte er, "Obwohl wir Kundschafter ausgeschickt und sogar magische Aufklärung eingesetzt haben, um seinen Aufenthaltsort zu ermitteln, ist uns diese Information bisher verwehrt geblieben. Es bleibt uns also wohl oder übel nichts anderes übrig, als ihn während der Schlacht selbst zu erschlagen, außer es sollte uns doch nur gelingen, ihn ausfindig zu machen. Das könnte natürlich zu einer Planänderung führen. Bis dahin würden wir jedoch gerne am bisherigen Plan festhalten."
"Was... ihren Vorschlag angeht, den Orks ihren Weg zu uns zu erschweren, so denke ich, dass der Hauptmann bereits daran arbeitet?"
Theismann nickte lediglich leicht, wobei er weder in seiner Haltung, noch im Tonfall seiner nachfolgenden Antwort erkennen ließ, ob er an der von Valen und Arri vorgetragenen Infragestellung seiner Kompetenz Anstoß nahm oder sie auch nur bemerkt hatte.
"Mehrere Arbeitsgruppen aus erfahrenen Bergleuten und Waldarbeiter arbeiten zur Zeit daran das Gelände der Umgebung zu unserem Vorteil anzupassen. Natürlich verschlingt es dennoch bereits beachtliche Arbeitskraft, die Wehranlagen Steinwachts aufzuschanzen und darüber hinaus müssen wir die Arbeitsgruppen außerhalb Steinwachts auch schützen, was wiederum an unserem militärischen Personal zehrt, welches eigentlich alle Hände voll mit den Flüchtlingen zu tun hat, so dass die Größe und Arbeitsleistung unserer Außenarbeitsgruppen mehrfach begrenzt ist. Zudem habe ich einen Trupp aus sechzig der fähigsten Schützen unserer Stadtwache aufstellen lassen, die in einem Sonderkommando die Bewegungen und Truppenbildung der Orks stören sollen. Ich möchte diesen Trupp noch durch einige freiwillige Jäger und andere taugliche Schützen aufstocken, daran arbeiten wir jedoch noch. Vielleicht möchten sie sich dieser Einheit ebenfalls anschließen, Frau... eh... mh... Drago?"
"Also", sagte Ulrik langsam, "Ich bin kein ausgebildeter Offizier und so verstehe ich von Strategie und Taktik nur soviel, wie ich davon in der Literatur gelesen habe, aber wenn ihr meint, dies wäre die beste Chance, Steinwacht und seine Bürger zu retten, dann stehe ich euch zur Verfügung und werde auch sonst tun, was ich kann, um diese Stadt vor dem Untergang zu retten. Allerdings fürchte ich, dabei nur für mich selbst sprechen zu können, da meine Kameraden von der angestrebten Vorgehensweise nur wenig angetan zu sein scheinen. Und darum - verzeihen sie die dumm Frage", Ulrik grinste etwas schief und entschuldigend, "Muss ich fragen: Gäbe es keine Möglichkeit Steinwacht zu evakuieren und die Bürger nach Teama zu bringen?"
Ein Knall zuckte durch den Raum, der alle Anwesenden, einschließlich der Zwerge und Valen, zusammenzucken ließ. Hohepriesterin Starns Faust war schneller als es das Auge wahrzunehmen vermochte auf die Tischplatte geschnellt. Geschirr und Tisch machten dabei gleichermaßen einen scheppernden Sprung.
"Auf keinen Fall werden die Bewohner Steinwachts fliehen, um wie Tiere von den Orks durch das Gebirge gejagt zu werden, in der Kälte zu erfrieren, zu verhungern und dann, letztendlich, wenn jene wenigen, die überlebten, im tiefen Winter in Teama ankommen, allerorts wie eine Landplage verstoßen und fortgeschickt zu werden, weil niemand sie durchfüttern will und die Nahrung so schon knapp genug ist, selbst für jene, die sie haben, was schließlich ebenfalls zu dem Tod fast all unserer Bürger führen würde. Nein. Steinwacht
wird verteidigt!"
Die Stimme der anmutigen Priesterin klang feurig und machte klar, dass ihre Worte nicht zur Diskussion standen.
"Wir erbitten eure Hilfe,
Drac'etul, denn eine große Herausforderung liegt vor uns. Doch sollten euch Mut oder Willen fehlen, werden wir diesen Kampf dennoch bestreiten - ohne euch."