Die Wand die sich vor ihr erhob, wölbte sich leicht nach oben, in Form einer Halbkugel, sie war glatt und doch keineswegs eben. In dem leichten Licht das sie umgab konnte sie einige Gestalten erblicken, die sie auch gleich ergriff. Sie zappelten und wehrten sich, doch gegen den Griff der Kleinen hatten sie keine Chance. „Hatte ich dir nicht gesagt du sollst das lassen? Die Fische haben dir nichts getan, also stecke sie zurück ins Wasser.“ „Och menno, lass mich doch wenigstens einmal die Sache ausnutzen...und wenn es nur für ein wenig Spaß ist...“ „Nein, es ist schon schwer genug eine Luftblase für uns beide hier unten Aufrecht zu erhalten und nebenbei für etwas Licht zu sorgen, ohne das uns die Wassermassen zerquetschen. Also lass den Blödsinn...wir sind außerdem gleich da.“ „Wird ja auch langsam mal Zeit, immerhin latschen wir hier nun schon seid einer Ewigkeit am Grund herum...“
Und dann, als das kleine Licht von David die ersten Steine erhellte, nahm seine Intensität zu und erhellte den Eingang zu einer riesigen Halle. Man konnte noch immer vereinzelte Steinarbeiten erkennen, in Form von Statuen und Schnitzereien. Doch die einstige Pracht die sie zeigen sollten, war längst vergangen. Vergessen im laufe der Zeit, nur überliefert in den Erinnerungen und den schriften eines alten Mannes, welche noch Heute die Fantasien der Menschen beflügeln und sie sich auf die Sache machen lässt nach dieser ein so wundervollen Stadt. Jene Insel die einst ein Volk beheimatete das in seinem Wissen und in seinem Können, damals ihres Gleichen gesucht hatte.
„Und das hier soll wirklich das Sagen umwobene Atlantis sein? Ist nur schwer vorstellbar...“
„Kann ich mir denken. Der Großteil der Stadt liegt auch unter dem Meeresgrund, versunken und begraben unter Tonne von feinem Sand. Unauffindbar und nur wenige wissen noch wo sie liegt.
Einer von ihnen, liegt wahrscheinlich gerade in Deutschland, irgendwo mit gebrochenen Flügeln rum...dieser Narr. Er hat sich nie auch nur ein einziges Mal auf den Weg hier her gemacht...aus Angst würde ich wetten. Aus Angst vor seiner Vergangenheit und vielleicht vor dem was er hier finden könnte...dabei würde es ihm sicherlich helfen...“
„Und was wollen wir hier...?“ „Trainieren...und zwar ungestört. Denn...erstens weiß keiner wo wir sind, zweitens kennt kaum noch einer diesen Ort und zu guter Letzt...“ der Nephelim durchschritt das zerfallene Tor „...gibt es hier im Thronsaal, noch jemanden, dem wir helfen können...“
„Was wiederum mit dem Training zu tun hat?“ dieses Mal schien David sich die Frage selbst zu stellen ehe er auch antwortete „Ja, damit hat es auch etwas zu tun...doch nun lasst uns erst einmal weiter hinein gehen, es wird noch interessant genug...für euch beide.“
Sie gingen also weiter, in die riesige mit Wasser gefluteten Halle, welche dann bald von mehreren kleinen, umher schwirrenden Lichtern erhellt wurde. Es sah am ende aus als wenn das Sonnenlicht wieder herab und hinein scheinen würde. Trotz all der Zeit, wuchsen hier keine Pflanzen, lag hier kein herein gespülter Sand herum. Es wirkte so, als würden noch immer die Diener herum eilen und weiterhin, ihrem Dienst folgend, sauber machen und für Ordnung sorgen.
David ging zu dem Thron, auf dem einst die Könige von Atlantis gesessen und regiert hatten.
Er setzte sich einfach auf die erste Stufe, stützte seine Ellenbogen auf den Oberschenkeln ab und legte sein Kinn dann auf seine Fäuste. Dann wartete er. Michele wollte schon etwas darauf erwidern, doch mit einer Geste seiner Hand gebot er ihr zu schweigen und ebenfalls einfach zu warten. Es dauerte einen Moment und die Nephelim wechselten nun schon zum dritten Mal ihr Standbein, als plötzlich das Licht um die beide herum abnahm. Dabei konnte man nicht sagen wodurch dies verursacht wurde, also ob von David gewollt, oder ob etwas anderes das Licht beeinflusste. Es war ja magisches Licht, folglich sollten es auch nur magische Sachen beeinflussen.
Plötzlich tauchte ein weiteres Licht auf.
Es war kaum wahrzunehmen, doch es war da. Zu diesem kleinen Licht gesellten sich bald weitere und als es aufhörte, war der ganze Saal voll von diesen Schwachen Illumina.
„So wenige nur...so wenige sind noch von euch hier und übrig? Was ist geschehen...in all der Zeit seid ihr...in die Dunkelheit geschickt wurdet?“ Eines der kleinen Lichter, schwebte langsam auf ihn zu. Es legte sich praktisch auf seiner nach oben hin offenen Handfläche und verharrte dort. David hingegen schloss darauf die Augen und Michele konnte sogleich sehen, das seine Augen sich hinter den Lidern bewegten, so als wenn sie etwas durchsuchten. Einige Sekunden vergingen, ehe er langsam wieder die Augen öffnete und in die Runde starrte. „Ihr habt lange durch gehalten, letzte Bürger von Atlantis. Ihr habt den Verlockungen von Dämonen widerstanden und seid auch nicht an der Dunkelheit verzweifelt, so wie es die Engel gehofft hatten. Euer warten soll ein Ende haben und ihr sollt zu euren Göttern gehen...kommt her. Kommt her und lasst euch sehen...“
Und so flogen sie, eine Seele nach der anderen, auf seine Hand zu und verschwanden in einem gleißenden Strahl der nach oben führte, durch die Meter dicken Steine der Decke, durch die endlosen Litern und Tonnen von Wasser, hin zum Himmel, welcher sich ihnen nun nicht mehr verwehrte. Einzig zwei Seelen blieben übrig und schwebten vor ihm her
„Eure Majestät...Herr Großmeister...soll ich einer gewissen Person noch etwas von euch ausrichten!“ doch der alte David zuckte kurz zurück. Er legte den Kopf schief und schien zu überlegen. „Ok, einverstanden. Aber dann müsst ihr warten bis der Jungspund fertig ist, es könnte sonst passieren das ihr...naja, dort landet wo bereits die anderen sind.“
Damit wandte er sich von den beiden Seelen ab und redete mit Michele. Ich werde jetzt, meiner jüngeren Hälfte, das bei bringen, was ich eben bereits getan habe. Dazu werde ich die Seelen benutzen die ich in der Bar vor Lilith und den anderen Anwesenden gerettet habe.
Da wir das ganze in unserem Geist machen werden, dürfte es nicht all zu lange dauern. Dennoch warne ich dich, solltest du dir diese beiden unter den Nagel reißen, werde ich dich hier an Ort und Stelle töten, ganz egal was der Kurze für dich empfinden mag. Er wird mich nicht davon abhalten, dich zu quälen und dann ganz langsam umzubringen...haben wir uns verstanden?“
Ein Nicken war die Antwort, doch konnte der Alte nicht die Gedanken der Kurzen darin ablesen.
So setzte er sich vor dem Thron in den Schneidersitz, schloss erneut die Augen und begann scheinbar, mit einer Meditation. Er murmelte die ganze Zeit über irgendwelche Worte vor sich hin und schien mit unter zu streiten, doch nach einigen Minuten, schoss schon die erste Seele nach oben und der Himmel war wieder um einen Bewohner reicher. So ging es eine ganze Zeit lang, mal dauerte es länger, mal ging es schneller. Doch am Ende, verließ die letzte Seele den Körper des Kurzen und hinterließ für einige Sekunden ein kurzes leuchten an dem Jungen.
„Sehr gut.“ hörte man den Alten danach sagen „Jetzt solltest du diese Fähigkeit auch dein Eigen nennen können. Hat zwar ein bisschen länger gedauert als gedacht, aber du warst gut...hast schnell gelernt. So...nun da hier nichts mehr zu tun ist, können sie beide uns begleiten. Gibt es noch etwas das sie vielleicht mit nehmen möchten Majestät? Etwas für ihren Sohn das die Zeit hier unten überdauert hat?“
Die eine der beiden Seelen die übrig geblieben war, leuchtete kurz auf, so das man denken konnte sie sei etwas überrascht. „Nun ja, ich war einmal hier, auch in diesem Königspalast und durfte mich hier frei bewegen. Daher weiß ich das sich die Königsinsignien, nicht aus diesen Hallen entfernen lassen und definitiv nicht durch Zeit zerfallen.“
Die beiden Seelen schienen unterschiedlich stark zu leuchten, sie unterhielten sich mit einander und dann auch wieder mit dem Alten. „Ja genau dieser Person möchte ich die Sachen geben. Sie weiß das ich weiß, das Atlantis hier liegt und da sie sich auf einem Weg befindet, der ihnen bestimmt nicht gefallen wird, denke ich es könnte hilfreich sein sie mit zu nehmen.“
Gesagt getan, die Königsinsignien, wurden mithilfe der beiden Nephelime geborgen und dann verstaut. Es war ein wenig verzwickt die verborgenen Gänge zu benutzen, da diese Unter Wasser gestanden hatten, doch am Ende gelang es ihnen.
Der junge David fragte sich warum der Alte, Ash helfen wollte? War es wegen seiner Flügel? Weil diese so schwarz waren? „Ja es ist wegen seinen Flügeln, aber nicht nur deswegen, seine ganze Einstellung ist nicht gut für ihn und er wandelt deshalb an der Grenze...“
„Zu was denn, wenn man fragen darf...“ hakte der Junge in ihrer gedanklichen Konversation nach.
„Einem Todesengel, einem der schlimmsten Wesen die es gibt, ein Wesen das Seelen verschlingt und sich buchstäblich durch diesen Verzerr stärkt. Diese Seelen sind verdammt, weil man in der Regel einen Todesengel töten muss, bevor er zu stark wird. Um diese Seelen zu retten müssten sie dann wiederum mit samt dem Körper des Engels gereinigt werden, doch das ist unwahrscheinlich. Weil wer lässt sich schon freiwillig seiner Macht berauben...“ „Hm...und wenn man so ist wie er dann wird man zu so etwas?“
„Naja nicht ganz, in seinem Fall fehlt halt noch ein Indikator, doch dem gibt er scheinbar nicht nach.“
„Und das wäre was?“ „Eben eine Seele in sich auf zu nehmen, das was du ja bereits getan hast...nur mal so nebenbei bemerkt.“
Das ließ den jungen Nephelim kurz schweigen, den er hatte nicht damit gerechnet das das einsammeln einer Seele solche Risiken mit sich bringt. „Und du hoffst das diese beiden ihn wieder von seinem Pfad abbringen?“
„Ja, denn wie gesagt kann man auf das auftauchen eines Todesengels gut und gerne verzichten...daher bringen wir ihm seine Eltern und auch einen Teil seiner Vergangenheit, damit er sich hoffentlich wieder fängt...nur gibt es dafür keine Garantie.“
Somit verließ die kleine Gruppe die antike Stadt wieder und machte sich auf den Weg nach Deutschland.
Unterwegs fragte Michele David „Wie lange hat das Training eigentlich gedauert? Wenn er eminte es sei länger gewesen als gedacht?“
„Wie lang haben wir denn da gesessen? Denn es kam mir vor wie Tage oder gar Wochen...“
„Um ehrlich zu sein, nur ein paar Minuten...nicht wirklich lange, daher war es erstaunlich das du das wirklich in der Zeit bewerkstelligt haben sollst.“
„Hm...scheinbar hat es aber funktioniert...auch wenn ich auf die ganzen Erklärungen von ihm gut und gerne hätte verzichten können.“
„War es denn so schlimm?“ fragte die Kurze mit einem belustigten Grinsen als der Wind an ihnen vorbei pfiff. „Er oder besser Ich, ist gnadenlos, in allem was er macht, selbst beim reden. Darüber hinaus...wenn er der Meinung ist, jemand hätte dies und jenes verdient, dann bekommt er auch genau das von ihm, selbst wenn es der Tod sein sollte. Und er ist alt...wahnsinnig alt...“
„Hm...was macht er jetzt gerade?“
„Er spricht mit den anderen beiden, worüber weiß ich nicht...wahrscheinlich über diesen Acheron. Womöglich erzählt er ihnen was er weiß und was in den letzten Jahren so abgegangen ist.“
Michele nickte noch einmal wie zur Bestätigung und die beiden flogen dann weiter.
Nach einigen Stunden, landeten sie dann vor einer Hütte, die abgelegen von Rostock lag. Das hier ein Nephelim Zuflucht suchen würde, kam keinen der beiden jüngeren in den Sinn. Doch der Alte schien das genau zu wissen. Nur woher fragte David sich, denn er spürte keine Energie oder dergleichen. Vielleicht aufgrund der Seelen mit denen er ja scheinbar so gut umgehen konnte? Konnte sein altes ich wirklich Wesen auftreiben in dem er einfach nach den Signaturen ihrer Seele aus schau hielt? Weil dann würde keine noch so gute Magie einen verbergen können. Er würde einen immer und überall finden...
„Wir sind da.“ sofort übernahm der Alte wieder die Kontrolle und entließ die beiden Seelen aus seinem Körper. Dazu legten sie die Sachen die sie mitgenommen hatten, auf eine nahe gelegenen Stein. „Und nun, halten sie bitte still. Was jetzt folgt, könnte etwas unangenehm und vielleicht auch schmerzhaft werden.“
Der alte Nephelim legte seine Hände an die schwebenden Seelen an und ein helles Licht, wanderte von seinen Handflächen zu den Seelen. Er schien Energie in sie hinein zu transferieren und sackte dann als das leuchten wieder aufhörte in sich zusammen, so das Michele den Körper von David auffangen musste. Sie fragte sich noch was er getan hatte um sich so zu verausgaben, doch das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten.
Um die beiden Seelen herum entstanden Körper, geschaffen aus reinem Licht und später durchscheinend wie Glas, doch schließlich genau so fest.
„Damit sollte es ihnen möglich sein, mit ihrem Sohn zu reden und ihm selbst die Sachen zugeben.
Wir werden jetzt wieder verschwinden, warten sie bitte noch bis wir weg sind und gehen sie dann erst rein. Wenn sie der Meinung sind das alles gesagt wurde, können sie gehen, zu ihren Göttern oder wohin auch immer...es steht ihnen jetzt frei. Hier jedoch, wird sie keiner finden...Leben sie wohl...sie beide.“
Damit ließ er sich von Michele wieder aufhelfen und sie flogen zurück nach Rostock.
Zum Hafen und zu jener Bar bei der Davids Mutter gestorben war. Sie nutzten nicht den Vorder- sondern den Hintereingang. Gingen einfach in eines der bereit stehenden Zimmer und ruhten sich dort erst einmal aus. Kaum einer würde hier noch einmal nach ihnen suchen, jedenfalls nicht so schnell...“