Durch den lustgesteigerten Schleier der Wut bekam Liam nur am Rande mit, wie Besucher und Ritter gleichermaßen agierten. Auch Victarios gerufene Befehle drangen nur zum Teil in sein Bewusstsein. Dennoch trieben ihn Instinkt und Erfahrung dazu, im richtigen Moment seine Kraftreserven zu mobilisieren und dem Verschlinger seine aufwallenden Emotionen verstärkt entgegenzuschleudern.
Auch noch einige Augenblicke nachdem der Eindringling bereits unter dem geballten gemeinsamen Emotionsansturm verwelkt und zu Staub zerfallen war, schoss die Wut aus Liam hervor, gepaart mit seinem Verlangen, den Verschlinger mit den außergewöhnlichen regenerativen Fähigkeiten zu vernichten.
Erst als ihm mit Verzögerung ins Bewusstsein drang, dass es keinen Gegner mehr gab, ließ er die Arme sinken und er sackte förmlich in sich zusammen. Nach dem kräftezehrenden Dauerwirken seiner Emotionen rang er nach Atem und er benötigte ein paar Momente bis er aufsehen konnte und realisierte, welche Zerstörung der Kampf angerichtet hatte. Es dauerte ein paar weitere Momente bevor er sich aufrappelte und den anderen nach draußen folgte. Dabei zeigte sein extrem starkes Hinken, dass der graue Ritter auch körperlich angeschlagen war.
Mit dem Abebben von Victarios Lust in seinem Körper, die wie ein Aufputschmittel gewirkt hatte, ging einher, dass sich das Gefühl des Ausgelaugtseins verstärkte. Hinzu kam, dass das Seelenschmieden wie jedes Mal, wenn er es einsetzte, etwas in ihm verändert hatte, auch wenn er es im Moment nicht greifen, sondern nur als vages Gefühl erfassen konnte.
Als Andrew wenig später die Ritter aufforderte, Jennifers Wagen zu fahren, hinkte er dennoch ohne lange darüber nachzudenken automatisch zur Fahrertür. Doch noch während Andrew mit seinem Fahrzeug bereits losfuhr, hielt er inne und sah - sich am Wagen abstützend und immer noch schwer atmend - auf die anderen, die ebenfalls nicht mit eigenem Auto unterwegs waren.
"Kannst du fahren, Hel?", bat er die graue Ritterin, die von den noch am Ort Verbliebenen den fittesten Eindruck machte und er gestand sich und den anderen ein: "Ich fürchte, ich bin dazu momentan nicht in der Lage ..." Entschuldigend sah er Hel an, die aber nur eine wegwerfende Handbewegung machte und mit einem Nicken einstieg und den Wagen anließ. "Klar, kein Problem, wir sollten uns nur beeilen."
Dermaßen aufgefordert stiegen alle rasch ein, und auch Liam ließ sich auf dem Rücksitz förmlich ins Polster fallen. Während Hel bereits losfuhr, zog er ungewöhnlich ungelenk wirkend den Rucksack vom Rücken, versenkte mit einem leichten Zittern der Hände die Maschinenpistole darin und lehnte sich anschließend mit einem Aufatmen zurück und schloss die Augen.
Noch einmal zogen die Bilder des Kampfes vor seinem inneren Auge vorbei, und er spürte trotz Erschöpfung die Wut auf den Verschlinger auflodern, was erst unterbrochen wurde, als plötzlich Solomons Stimme über Funk ertönte. Recht schnell hatte er erfasst, dass es in die Zentrale in seinem Viertel ging, und ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen, nicht nur, weil er im Carlyle quasi eine Art Hausherr war, auch wenn die luxuriöse Suite jemand anderem gehörte, sondern auch, weil es dort mehr als ausreichend Möglichkeiten gab, sich ein wenig zu regenerieren. Aber auch die Tatsache, das Oberhaupt der Wächter in Kürze wiederzusehen und die Möglichkeit eines neuen Knappen hellten seine Stimmung merklich auf.
Allerdings runzelte er bei dem Gedanken an die Zeugin, die eine potentielle Ritteranwärterin war, die Stirn als ihm etwas einfiel. Gleich darauf informierte er über Funk, auch wenn die Einsatzkräfte und Wissenden vor Ort es möglicherweise bereits selber herausgefunden hatten: "Andrew, es gab da noch einen Mann in einer Nachbarwohnung, der Zeuge sein könnte. Ich weiß nicht, ob er den ..." Er stockte kurz und blieb auch beim nächsten Versuch hängen: "... das ..." und entschied sich das verlorene Wort einfach auszulassen: "... überlebt hat. Aber er könnte einiges gesehen haben."