Die ersten Sonnenstrahlen des neuen Morgens weckten S'irtra. Verschlafen blinzelte sie und sah sich um. Erst langsam kamen die Erinnerungen an den vorherigen Abend wieder.
“Drako.” Sie fuhr sich sanft mit ihren Fingern über die Lippen und wurde leicht rot obwohl sie sich des Kusses nicht schämte. Sie sah sich nach Drako um und fand ihn vor Tsubakis Grab sitzend, in Gedanken versunken. S'irtra lies ihre Hände abwärts wandern und tastete nach dem Amulett das ihr um den Hals baumelte. Vorsichtig umfuhr sie, ertastete die eingravierten Verzierungen. Behutsam stand sie auf und schlich zu Drako. Liebevoll umarmte sie ihn von hinten und legte ihren Kopf auf seine breite Schulter.
“Guten Morgen Drako.” begrüßte sie ihn
“Ich hoffe du hast so gut geschlafen wie ich.“ Sofort griff Drako nach ihrer Hand und umfasste sie.
„Das hätte ich sicher,” erklärte er
“nur leider gehöre ich zu der Art Dämon die nur einmal alle zwei Wochen schlafen muss. Aber es freut mich sehr das du gut geschlafen hast.“ S'irtra lächelte leicht und sagte nichts. In gewohnter Großzügigkeit bot ihr Drako auch sogleich einen Wein an den sie dankend annahm. Der Wein schien sogar noch besser zu schmecken als sonst und sie fragte Drako nach dem Grund. Doch dieser lächelte nur wissend und sein glückliches, zufriedenes und verspieltes Lächeln übte eine ungeheure Faszination auf S'irtra aus.
Nachdem sie fertig getrunken hatten beschlossen sie ins Dorf zu gehen. Beide wussten das sie Abends im Schloß sein mussten um sich auf die nahende Schlacht vorzubereiten. Als sie die Lichtung gemeinsam verließen griff S'irtra, etwas zögerlich, nach Drakos Hand. Das ungewohnte Gefühl lies sie erröten obwohl sie sich dafür dumm vorkam. Eine Weile gingen sie schweigen, Hand in Hand, richtung Dorf als Drako fragte:
„Wie wäre es wen wir Frühstücken gehen? Ich lade dich natürlich ein. Und ich hoffe du hast nichts dagegen das ich eine ganze Menge esse.“
“Ich würde gerne mit dir Frühstücken Drako,” Sie lächelte
“und es stört mich kein bisschen wie viel du isst.“ “Du bist wirklich toll S’irta, weist du das?“ Verschämt sah sie zu Boden.
“Du alter Schmeichler.” murmelte sie leise.
Sie waren gerade im Dorf angekommen und suchten nach einer Schenke in der sie Frühstücken konnten als sie auf Drakos alten Freund und Ath'ia trafen.
„Hallo Onkelchen und Tantchen.“ grüßte sie das Mädchen fröhlich. S'irtra schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln und strich ihr liebevoll über den Kopf. Während sich Drako mit seinem alten Freund unterhielt begann S'irtra damit Ath'ia ein paar kleinere Geschichten aus ihrer Vergangenheit in den Stammeslanden zu erzählen. Gespannt lauschte die kleine. Sie war fast ein wenig traurig als Tris erklärte das sie nun aufbrechen würden. Während sich die beiden immer weiter entfernten winkte Ath'ia ihnen fröhlich zu. S'irtra und Drako machten wieder kehrt und suchten die nächste Schenke auf. Vor der Tür des kleinen Wirtshauses saß Jacinas komischer Vogel und fraß ein Stück Fleisch.
“Vermutlich ist Jacina auch da drin.” freute sich S'irtra. Drako hielt ihr gewohnt zuvorkommend die Tür auf und sie trat ins Innere der Schenke.
Tatsächlich war dort Jacina, die sich gerade mit einem weißhaarigen, jungen Mann unterhielt. Sofort stürmte S'irtra auf sie zu. Während sich Drako mit ihrer weißhaarigen Begleitung unterhielt erklärte S'irtra Jacina wortreich das sie und Drako jetzt ein Paar waren. Jacina schien mehr als überrascht zu sein aber das konnte ihr S'irtra auch kaum verübeln. Sie kannten sich schließlich auch erst seit einigen Tagen. Während S'irtra auf Jacinas Antwort wartete spielten ihre Finger nervös an dem Amulett herum. Doch noch bevor sie antworten konnte begann der junge Mann an ihrer Seite zu brüllen:
”Wie kannst du es wagen diese heiligen Ort zu betreten. Wie kann ein Wächter wie du es wagen auch nur im Ansatz hier zu erscheinen und wo zur Hölle sind die Wachen?” Gehetzt blickte er sich um bevor er mit einem Satz nach vorne hechtete und aus der Schenke stürmte.
„Das scheint ein Missverständnis zu sein.“ erklärte Drako ruhig doch S'irtra glaubte ihm kein Wort
„Er kann sich wohl nicht mehr ganz an mich erinnern, denn ich habe ihn damals sogar geholfen.“ S'irtra nickte traurig und hoffte das er die Wahrheit sagte, so ganz sicher war sie sich jedoch nicht.
„Ihr beide wartet hier ich werde mit ihm reden.“
“Was war denn das grade eben?” fragte Jacina sie als Drako die Schenke verlassen hatte, doch auch S'irtra konnte diese Frage nicht beantworten. Die beiden Frauen beschlossen den Männern heimlich zu folgen. Das war auch unerwartet einfach denn der weißhaarige Mann der, wie Jacina erzählte, Eldyne hieß, hatte eine Schneiße der Verwüstung hinterlassen. Er war ohne Zweifel Windmagier und hatte die dicksten Baumstämme in seiner Raserei zerschnitten wie ein Stück Butter. Schließlich fanden sie die beiden. Eldyne lag zusammengekauert im Gras, Drako stand neben ihm und sah zu ihm herab. Langsam schlichen sie sich näher heran um die beiden belauschen zu können.
Was sie hörte verschlug ihr die Sprache. Drako ein gewissenloser Sklaventreiber? Und das im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte? Hatte er sie tatsächlich belogen? War er auch nachdem die Zeit der Raserei vergangen war eine gewissenlose Bestie geblieben? Ohne das sie es merkte rannen ihr Tränen über die Wange. Sie unterdrückte ein Schluchzen und lauschte weiter den Worten Eldynes. Als er endete war sie zutiefst erschüttert. Durch den Schleier aus Tränen sah sie verschwommen wie Drako nun seinerseits auf Eldyne einbrüllte. Seine Stimme klang so furchtbar grausam das es S'irtra im Herzen schmerzte. Er war nicht mehr länger der zuvorkommende, charmante Schelm der letzten Tage, den sie zu lieben gelernt hatte, sondern zeigte mehr und mehr welche Bestie in seinem Innern wohnte. Zum Glück wurde Drako wieder ruhiger und Sachlicher und begann zu erzählen wie er die Seiten gewechselt hatte. Er erklärte ausschweifend wie er schon während seiner Zeit beim Imperium für die Konförderation gearbeitet hatte doch S'irtra fiel es schwer das zu glauben. Letzten Endes, stellte sie schmerzhaft fest, war er nur ein Dämon der seine Launen auslebte. Vermutlich war sie auch nur eine seiner Launen. Immer mehr Tränen rollten ihre Wangen herunter und tropften auf den Boden. S'irtra glaubte irgendetwas in ihr zerbrechen zu hören und ihre Hand krallte sich verzweifelt in die schmerzende Brust.
Als die Unterhaltung der Beiden beendet war und sich Drako wieder auf den Rückweg machte wischte sich S'irtra rasch die Tränen aus den Augen und zog den Kopf zurück hinter den Busch wo sie sich versteckten. Als Drako an ihnen vorüberschritt blieb er jedoch urplötzlich stehen.
“Ihr beide könnt jetzt rauskommen, ich weiß das ihr gelauscht habt.” Jacina entschuldigte sich kurz und wollte gerade zur entscheidenden Frage ansetzen als Drako sie unterbrach.
„Bevor du jetzt fragst Jacina. Ja, ich war ein General im Imperium und ja ich war Leiter und Gründer im Imperium. Aber bedenke das was ich gesagt habe, ich habe dem Imperium nie geholfen sondern sogar sabotiert. Also möchte ich jetzt keine Fragen hören, denn es müsste alles geklärt sein wen ihr zugehört habt.“ “Das macht keinen Sinn.” schloß S'irtra bitter
“Warum sollte das Imperium überhaupt gründen wenn er es doch angeblich nur sabotierte.” Drako hingegen ging ohne ein weiteres Wort zu sagen an ihnen vorbei, Richtung Schenke. Mit etwas Abstand folgten ihm Jacina und S'irtra.
Sie gingen schon eine geraume Weile als Drako plötzlich zusammenbrach und eine Mischung aus Feuer und schwarzem Blut zu spucken begann.
“Es ist nichts.” erklärte er mit brüchiger Stimme. Sorge, aber auch eine Spur Misstrauen machten sich in S'irtra breit. Doch schließlich nahm die Sorge um Drako überhand und sie legte ihre Hände auf seinen Rücken um seine Schmerzen mithilfe ihrer Heilmagie zu lindern.
“Nicht anfassen!” schrie Drako und S'irtra zuckte getroffen zurück. Mit Bedauern und Wehmut starrte sie auf ihre leeren Hände. Wieso wollte er sich nicht helfen lassen, ihr hatte er doch auch bei jeder Gelegenheit geholfen. Mit zitternden Händen kramte Drako einen kleinen Beutel hervor, doch gerade als er ihn geöffnet hatte fiel er zu Boden und mehrere kleine, weiße Kugeln sprangen heraus und rollten über den Boden. Drako begann immer stärker zu husten und einem spontanen Impuls folgend sprang S'irtra an seine Seite griff sich eine der Kugeln und drückte sie Drako in die Hand. Schnell schluckte er sie und beruhigte sich daraufhin langsam wieder. Langsam erhob er sich wieder und fragte mit seinem üblichen Lächeln in Gesicht.
“Können wir jetzt weiter?” “Was ist gerade passiert?” S'irtras Stimme klang schneidend scharf. Sie war gerade ganz und gar nicht zum Spaßen aufgelegt. Doch Drako winkte ab.
“Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen.” erklärte er
“Ich will dir keine Sorgen bereiten.” S'irtra tobte. Wie konnte er es einfach ignorieren wenn sie sich Sorgen um ihn machte. Auch Jacina schien von Drakos Verhalten nicht gerade angetan zu sein denn sie verabschiedete sich kurz und abgehakt und machte sich aus dem Staub.
“Ich werde jetzt erst einmal Baden gehen.” erklärte sie kühl
“aber falls du dich fragst wohin ich gehen will, wielange ich bleibe und ob ich vorhabe zurückzukehren kann ich dir nur sagen: Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen.” Der Hohn in ihren letzten Worten war unüberhörbar gewesen.
“FALLS dir wirklich etwas an mir liegen sollte wage es nicht mir zu folgen.” Ohne ein weiteres Wort der Erklärung wandte sie sich um und ging schnellen, entschlossenen Schrittes in den Wald hinein.