Japanische Tanzarten Nihon Buyō Teil 3
Wieder ist eine Woche vorbei und wir widmen uns die nächsten Tanzarten aus Japan. Feststeht, das viele der Arten schon sehr alt sind und das finde ich so grandios.
Bei dem nächsten Tanzstil und Musikrichtung erkennt man, das vieles, was ich schon mal in dem Kunstbeitrag erzählt habe, nicht alles nur den Ursprung in Japan hatte, sondern auch in China als Ursprungsland genoss.
Gagaku
Gagaku (
jap. 雅楽, „elegante Musik“) ist ein höfischer Musikstil, der seit dem 7. Jahrhundert und besonders seit der Heian-Zeit am japanischen Kaiserhaus gespielt wird. Allerdings stammt dieser Tanzstil ursprünglich aus dem Kaiserreich China. Der Stil besteht aus Kammermusik, Chor- und Orchestermusik. Teilweise hat dieser Musik in Japan kultische Aufgaben. Dieser Tanzstil wurde 2009 von der Unesco zum Immateriellen Kulturerbe ernannt.
Die Entstehung des Gagaku
Gagku ist ein sino-japanische Lesung des chinesischen yayue, das sich das erste Mal im Lunyu, den Analekten des Konfuzius aus dem anfang des 5. Jahrhunderts v. Chr. nachweisen lässt. Yayue bezeichnet dort althergebrachte rituelle oder auch elegante, verfeinerte Musik. In letzterem Sinne wurde es in Japanischen übernommen und wird bis heute für die tradtionelle Musik des jap. Kaiserhofes, insbesondere der Nara- und Heian-Periode benutzt. Darüber hinaus fällt auch Ritualmusik des
Shintō unter den Begriff Gagaku. Diese kagura (神楽) genannte Musik ist der wohl älteste Bestandteil des Gagaku-Repertoires und als solcher sehr wahrscheinlich autochthon japanisch.
Wie kagura entstanden ist, ist nicht überliefert, wurde aber auf Grabfunde aus der Yayoi-Zeit (ca. 300 v bis ca. 300 n. Chr. ) gefunden, die belegen, dass Begräbnisse mit Gesang und Tanz begangen wurden. Figurinenfunde aus Tonkeramik, sogenannte haniwa, aus der Kofun-Periode ( ca. 300 - 645 n. Chr.) zeigen Musiker, die Instrumente spielen. (Flöten, Trommeln und Saiteninstrumente) Wobei die Saiteninstrumente an europäische Zithern erinnert. In den ältesten jap. Chroniken, dem Kojiki (712 n. Chr.) und dem Nihongi (720 n. Chr.), wird ebenfalls auf Musik als Bestandteil von Bestattungs - und Krönungszeremonien bezug genommen. Beide Werke betrachten Musik als eine Gabe der Götter, die zu deren Besänftigung gespielt wird. Es ist daher wahrscheinlich, dass das kagura zu jener Zeit, also zu Beginn der Nara-Periode eine langwährende musikalische Tradition besaß.
In chinesichen Quellen aus dem 3. Jahrhundert nach Christus finden sich auch Hinweise darauf, dass japanische Gesandte nur sporadisch an den Tang-Hof kamen, jedoch rege Kontakte mit den drei koreanischen Königreichen Paekche, Silla, und
Koguryō unterhielten. Dadurch sind koereanische Musiker, die in China schon einen Namen hatten, auch nach Japan geschickt worden und haben dadurch die Kunst der Zeremonien dort eingeführt. Diese werden sankangagu (三韓楽, dt. Musik der drei Korea) benannt. Dabei wurden Schulen gegründet und japanische Schüler danach unterrichtet. Etwa ab dem 5. Jahrhundert wurde sogar ein koreanisches Orchester dauerhaft in Japan unterhalten. Gegen Ende des 7. Jahrhunderts war die Macht des weitgehend konsolidiert und der Kaiserhof nahm ständige diplomatische Kontakte mit dem Hof der Tang-Dynastie in China auf. Neben den zahlreichen anderen Errungenschaften der chinesischen Kultur - darunter Schrift, Sprache und Philosophie - drangen auch die Musik und Tanz des Tang-hofes im Laufe von höchstens 200 Jahren nach Japan vor und fanden bei den Aristokratie ein breites Echo. Diese Stilrichtung, die eher als Bankettrichtung in China angesehen wird, etablierte sich auch in einer leicht veränderten Form spezielle jap. Hofmusik. Sogar Studenten wurden nach China geschickt und chinesische Musiker kamen nach Japan. Ca. 700 nach Chr. wurde das Gagakuryō oder utamai no tsukasa (kaiserliches Musikamt) von Kaiser Monmu (697 bis 707) gegründet, das für die verschiedenen Musikergruppen und deren Betreuung verantwortlich war. Es wurde ein System eingeführt, das zeigt, dass die Musik bis heute ungebrochen ist, indem man dies vererbt hat und durch Adoption fähiger Musiker bis in die verantwortlichen Sippen vorhanden war.
Im Zuge dieser Reformen wurde auch die Instrumentierung normiert und die Stile erhielten ihre noch heute gültigen Bezeichnungen: tōgaku (唐楽) für die aus China stammende und komagaku für koreanische Musik. Wahrscheinlich finden sich unter tōgaku aber auch einige Stücke
südostasiatischen und
indischen Ursprungs; ähnlich sind im komagaku-Repertoire mandschurische Kompositionen und chinesische Stücke, die für die koreanischen Ensembles umgeschrieben wurden, enthalten.
Selbst jap. Musiker komponierten dadurch ebenfalls im Stile dieser zwei großen Kategorien, so dass heute keine exakten Trennlinien mehr gezogen werden können. Von Seiten des Gagakuryō wurde sehr darauf geachtet, dass sich die Musiker nur um die Pflege ihres jeweils eigenen Musikgutes kümmerten, eine Vermischung der verschiedenen Richtungen wurde bewusst vermieden. Es gibt einzelne Quellen, die besagen, dass um 736 ein indischer und indochinesischer Mönch Japan besuchten, um Musik und Tanz ihres jeweiligen Heimatlandes vorzustellen. Ein kultureller Höhepunkt in ganz
Ostasien war laut Aufzeichnungen die Augenöffnungszeremonie des Großen Buddha im
Tōdai-ji in
Nara im Jahre 752, bei der sowohl japanische als auch koreanische und chinesische – eventuell sogar indische und südostasiatische – Musik und Tänze aufgeführt wurden. 17 der mehr als 30 Instrumente, die bei diesem großen Ereignis benutzt wurden, sind noch erhalten und werden in der kaiserlichen Schatzkammer des
Shōsōin in Nara aufbewahrt. Anhand dieser sorgfältig gearbeiteten und mit reichen Intarsien verzierten Instrumente ist es auch möglich, den hohen Stand der Handwerkskunst jener Zeit zu begutachten.
In der nachfolgenden Zeit; Heian-Zeit, die von 794 bis 1185 andauerte, wurde das Gagaku als Sammelbegriff fungiert, das nach und nach japanisiert wurde. In dieser Zeit wurden die Repertoire und Zahl der Berufsmusiker, die sich in Sippen organisiert hatten, gestrafft und normiert. Der abgedankte Tennō
Saga (786 bis 842), der von 809 bis 823 als der 52.
Tennō regiert hatte, spielte bei diesen Reformen eine Schlüsselrolle. Ihm ist das Gagaku-Ensemble in der Form, die wir heute kennen, zu verdanken. Beim Adel erfreute sich das Gagaku zunehmender Beliebtheit. Man fing selbst an, Instrumente zu spielen, zu komponieren und Musik vorzutragen, was bald ein integraler Bestandteil des höfischen Lebens war. Eine Darstellung der musikalischen Aktivitäten der Adligen zu dieser Zeit gibt beispielsweise das
Genji monogatari (Erzählung des Prinzen Genji) aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts der Hofdame
Murasaki Shikibu.
In der Muromachi-Zeit (1333 bis 1573) hatte der Gagaku ihren Tiefpunkt. Durch verschiedene andere Tanzstilezum Beispiel die Musik des
Nō-Theaters, die im aufkommen war, war die Konkurrenz dadurch sehr groß. Dadurch wurde die traditionelle Tanzrichtung vom Gagaku verdrängt und eine andere Stilrichtung nahm den Platz am Hofe ein. Erst der Umstand, dass Toyotomi Hideyoshi (1536 bis 1598) ein stehendes Gagaku-Orchester in Edo unterhielt, regte eine langsame, aber stetige Verbesserung des desolaten Zustands an. Hideyoshi vergab Lehen an die Musikersippen, die sich nun wieder voll auf ihre Berufung konentrieren konnten.
In der Edo-Zeit wurde die kyūdai’e eingeführt. Das heißt, alle drei Jahre müssen sich die Berufmusiker einer Prüfung unterziehen. Nach den Ergebnissen wurden dann die Lehen verteilt.
Heutige Zeit:
Breite Beachtung sowohl durch die Öffentlichkeit als auch durch die Musikforschung fand das Gagaku gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Ab 1873 durfte jedermann Musikunterricht nehmen; erstmals wurden Stücke des Gagaku-Repertoires – von dem noch etwa 90 Kompositionen erhalten bzw. rekonstruierbar waren - in ihrer traditionellen Aufführungsform öffentlich vorgetragen. Das in Gagakukyoku oder gakubu umbenannte Gagakuryō vereinigte die drei Musikersippen aus Nara, Kyōto und Ōsaka und verfügte, dass jeder der kaiserlichen Musiker ebenfalls ein „europäisches Instrument zu erlernen und dieses auch ... bei höfisch-repräsentativen Anlässen zu spielen“ hatte. Infolgedessen spielen die Gagaku-Musiker heutzutage nicht nur die gesamte traditionelle Hof- und Ritualmusik, sondern geben auch Darbietungen westlicher klassischer Musik – mit großem Erfolg. Die Mitglieder des kaiserlichen Ensembles leiten ihre Herkunft noch immer von einer der drei großen Sippen und von dort weiter in die Ursprungsländer des Gagaku ab: die Sippe aus Ōsaka sieht ihre Vorfahren in China, die aus Nara in Korea und die aus Kyōto in Japan. Die Schule zum Gagaku Musiker beginnt mit etwa zwölf Jahren; der Schüler lernt in den zehn Jahren bis zu seinem Abschluss Tanz, Gesang und je ein japanisches Saiten- und Blasinstrument sowie ein westliches Instrument.
Leider gibt es heute nur noch 90 Kompositionen aus der kompletten Werde-geschichte und ist dadurch nur noch ein Bruchteil dessen, was es mal gab.
Um die Stücke, die nicht zur autochthon japanischen Shintō-Ritualmusik gehören, zu klassifizieren, gibt es verschiedene theoretische Ansätze. Die gröbste Unterteilung unterscheidet zwischen getanzter Musik,
bugaku (Tanz und Musik) genannt, und
kangen (Flöte und Saite), der Kammermusik des Gagaku, bzw. zwischen aus China stammendem Material, das unter dem Begriff tōgaku zusammengefasst wird, und dem aus Korea stammenden
komagaku. Natürlich ist die Trennung selten wirklich exakt zu ziehen; in den meisten Fällen gibt es Überschneidungen. So wurden zum Beispiel Stücke des
tōgaku für
komagaku (und umgekehrt) umgeschrieben; Musikformen, die aus Indien, der
Mandschurei oder Südostasien kamen, wurden willkürlich einer der beiden Gruppen zugeordnet. Bereits im 9. Jahrhundert wurde daher eine Unterscheidung in sahō und uhō (Links- und Rechtsmusik) eingeführt, die eine klare Differenzierung erlaubte, die weniger herkunftsbezogen war. Die Gründe für die Wahl dieser Namen können nur noch vermutet werden; wahrscheinlich beziehen sie sich auf die räumliche Anordnung des traditionellen Freiluft-Aufführungsgeländes. Der Kaiser saß dort immer nach Süden blickend, chinesische Musiker machten ihren Eingang von links, koreanische von rechts. Wie später gezeigt wird, bietet dieses System ein brauchbares Kriterium, da sich die Instrumentierung der beiden Richtungen deutlich unterscheidet.
Den ältesten Teil des Gagaku stellen die japanischen zeremoniellen Lieder,
ōuta betitelt, zu denen teilweise auch getanzt wird, dar. Ihr Ursprung geht zurück in vorgeschichtliche Zeit. Die erste schriftliche Erwähnung findet sich im
Kojiki, dort in einem mythologischen Zusammenhang. Diverse Shintō-Gottheiten besänftigen dort mit Musik und Tanz die Sonnengöttin
Amaterasu Ōmikami, die sich, von ihrem Bruder beleidigt, in einer Höhle versteckt und so die Welt in Dunkelheit gehüllt hatte. In diesem Text werden detailliert Instrumente beschrieben, wie sie auch heute noch bei Ritualen und Zeremonien verwendet werden. Neben der
mikagura (Hof-kagura), das die zentrale Rolle innehat, fallen das
yamato-uta, das
azuma-asobi und das
kume-uta in diese Kategorie. In den Vorstellungen des Shintō ist diese Musik ein sakrales Opfer an die Götter oder die Geister verstorbener Menschen, um sie zu preisen und ihre Hilfe zu suchen (
torimono) oder sie zu unterhalten (
saibari).
Die Musik des
sahō bildet die größte Gruppe von Kompositionen innerhalb des Gagaku. Von den weit über 100 Stücken sind heute noch ca. 60 erhalten. Ihr Ursprungsland war hauptsächlich China, jedoch auch Indien und Südostasien, oft in einer eigenen Kategorie namens
rin’yugaku, nach einem Königreich namens
Rin’yu (auch
Lin-yi, chinesisch für
Champa) zusammengefasst. Zu dieser Kategorie werden aus dem heutigen Repertoire acht Stücke gerechnet, die sich durch die Verwendung für japanische Verhältnisse ungewöhnlich grotesker Masken auszeichnen. Zu
sahō gehören
kangen- und
bugaku-Musik, ebenso wie die Vokalmusikformen
saibara und
rōei. Saibara (zu deutsch „Pferdetreibermusik“), sind alte Volkslieder, hauptsächlich aus den Gegenden um Kyōto und Nara, die in künstlerischem Sinne neu bearbeitet wurden. Sie bestehen aus wechselnden fünf- und siebensilbigen Verszeilen und einem Refrain. Inhaltlich beschäftigen sie sich mit den Gefühlen gewöhnlicher Menschen, vorzugsweise mit der Liebe, die ungewöhnlich offen ausgedrückt wird. Saibara wurden gerne bei festlichen Anlässen vorgetragen, wie es auch an einigen Stellen im
Genji monogatari geschildert wird. Sie verloren in der Kamakura-Zeit ihre Popularität an das
imayō. Rōei ist ein Genre, bei dem chinesische und japanische Gedichte zu Instrumentalbegleitung gesungen werden. In der
uhō- (
komagaku-) Kategorie befinden sich heute ausschließlich getanzte Stücke (
bugaku), sie stammen aus den drei Königreichen Paekche, Silla und Koguryō in Korea oder der Mandschurei (
bokkaigaku). Früher sankangaku (Musik der drei Königreiche) genannt, gab man ihr etwa Mitte des 7. Jahrhunderts n. Chr. den noch heute gültigen Namen. Früher wurde auch Instrumentalmusik im uhō-Stil (
komagaku-kangen) gespielt. Diese Stücke sind heute - wenn überhaupt - nur noch unvollständig erhalten, in der Regel werden die fehlenden Abschnitte durch Kompositionen anderer Herkunft ergänzt. Nach diesen Versatzstücken richtet sich dann auch die Klassifizierung, die meist auf
tōgaku verweist.
Die Instrumente des Gagaku:
Shō (Mundorgel)
Dieses Instrument ist für uns "Wessis" sehr ungewöhnlich. Allerdings ist der Vorläufer aus dem chinesischen Bereich, der sheng, das älteste mehrstimmige Blasinstrument der Welt. Chinesische Legenden besagen, dass Form und Klang des Instruments dem
Phönix und seinem Schrei nachempfunden wurden. In manchen Vokalmusikformen und in komagaku spielt das shō die Melodie; seine Hauptfunktion ist jedoch harmonischer Natur.
Hichiriki
Die
hichiriki ist ein
Doppelrohrblattinstrument, das aus mit
Kirschbaumrinde umwickeltem
Bambus besteht. Um das Instrument ranken sich in der japanischen Tradition zahlreiche Legenden.
Minamoto no Hiromasa zum Beispiel, der in sein bis auf die
hichiriki leergeraubte Haus kam, fing an zu spielen. Der Räuber hörte das und war dermaßen bewegt, dass er zurückkehrte und alle gestohlenen Gegenstände wieder an ihren Platz brachte. In einer anderen Legende sind die Götter von einer
hichiriki-Darbietung in einem Tempel so bewegt, dass sie ein Gebiet, dessen Bevölkerung lange unter einer Trockenheit zu leiden hatte, endlich mit Regen beschenken. Auch die
hichiriki stammt aus China, wo es in vielen Größen existiert. Das heutige Instrument, wie es derzeit im Gagaku gebraucht wird, ist mit etwa 18 Zentimetern Länge eines der kleinsten Blasinstrumente Es hat neun Löcher, zwei auf der Unter- und sieben auf der Oberseite. Durch spezielle Techniken, zum Beispiel Halbabdeckung der Löcher oder Überblasen, ist der Musiker in der Lage, die für die
hichiriki typischen Ornamentierungen, Schleif- und Viertel- oder gar Achteltöne zu spielen. Die klassische Methode, dieses Instrument zu erlernen, besteht darin, das gesamte Repertoire in einem Solfège-System auswendig zu lernen, bevor man sich mit dem Instrument selbst beschäftigt. Ein ganzes Genre des Gagaku, imayo genannt, entstand daraus, dass das Solfège durch Gedichte ersetzt wurde. Der Klang der
hichiriki wird mit dem der europäischen
Oboe verglichen, ist jedoch, ähnlich wie die indische Shenai, wesentlich breiter, gedrungener, deutlicher und stärker. Aufgrund dessen ist die
hichiriki als das Hauptmelodieinstrument das Herz des gesamten Gagaku-Ensembles.
Begleitflöten (Ryuteki)
Das dritte Blasinstrument ist eine Flöte, wie sie ähnlich auch im Abendland bekannt ist. Der Typ der Flöte richtet sich nach der Musik, die vorgetragen wird: im tōgaku ist es die
ryūteki oder
yokobue. Sie ist chinesischen Ursprungs und hat sieben Löcher. Ihr geschlossenes Ende wird von einem Stück roten Stoffes bedeckt. Sie ist die größte der Gagaku-Flöten und der Vorläufer der nō-Flöte (
nōbue). Die
komabue wird im komagaku verwendet. Mit sechs Löchern ist sie die kleinste Flöte des Gagaku, ihr Ende ist mit grünem Stoff bedeckt. Die Funktion der Flöten im Gagaku-Ensemble ähnelt derjenigen der
hichiriki. Sie folgen der Melodie, variieren sie aber leicht. Diese voneinander verschiedenen Variationen nennt man
Heterophonie, die im
komagaku meist deutlicher zutage tritt als im
tōgaku. Die
kagurabue, die auch Bestandteil eines
kagura-Ensembles ist, ist eine Bambusflöte nicht genau festgelegter Länge mit sechs Löchern. Sie ist vermutlich ein autochthon japanisches Instrument, das in der Nara- und Heian-Periode aber chinesischem Einfluss ausgesetzt war.
Gakubiwa
Das
gakubiwa ist eine Laute mit birnenförmigem Korpus. Sie hat vier Saiten und vier Bünde. Die Saiten werden ausschließlich auf den Bünden gedrückt, nicht zwischen ihnen, und mit einem hölzernen Plektrum, bachi, geschlagen. Die
Arpeggios (gebrochene Akkorde) enden mit ihrem höchsten Ton auf dem Melodieton und markieren Zeitabschnitte im Stück. Ihre Funktion ist somit in erster Linie rhythmisch.
Gakuso (Zither)
Das
gakuso ist ein Vorläufer der populären japanischen
koto. Es ist ein dreizehnsaitiges, zitherähnliches Instrument, dessen Stege variabel versetzt werden können und die Stimmung damit verändern. Die Saiten, die mit Ausnahme der untersten in ansteigender Tonhöhe angeordnet sind, werden sowohl mit Fingerplektren in Form von Lederringen mit Bambusspitzen, als auch mit den bloßen Fingern gespielt. Anders als beim koto werden die Saiten hinter den Stegen niemals heruntergedrückt, um Tonschwankungen zu produzieren. Das
gakuso spielt während einer Darbietung in der Regel zwei stereotype Muster,
shizugaki und
hayagaki genannt, die der Zeiteinteilung des Stückes dienen und somit rhythmischer Funktion sind.
In einigen Fällen, meistens bei den Vokalmusikformen der Shintō-Musik, kann man bei einem Gagaku-Orchester auch den Einsatz der
wagon (sechssaitige Zither) beobachten. Die sechs Seidensaiten des wagon werden mit einem kurzen Plektrum angeschlagen. Wird im Freien (
tachigaku, „stehende Musik“) gespielt, so halten sogenannte
toneri das
wagon für den Musiker.
Kakko (Fasstrommel)
Der Spieler der
kakko (
Fasstrommel) ist der Leiter des gesamten Ensembles. Seine Aufgabe ist es, das Tempo des Stückes zu bestimmen, Abschnitte zu markieren und in rhythmisch freien Passagen den Zusammenhalt zu wahren. Die Trommel selbst besteht aus einem relativ kleinen, flach gewölbten, waagrecht gelagerten Resonanzkörper, der auf beiden Seiten mit Rehfell bespannt ist. Die Felle werden wie bei der Sanduhrtrommel
janggu durch Seile verbunden und gespannt. Der
kakko-Spieler sitzt an der Breitseite des Instruments und spielt mit seinen Stöcken jeweils auf einem Fell. Die Spielfiguren des
kakko beinhalten Trommelwirbel und Einzelschläge, die mit einem oder beiden Stöcken gespielt werden und helfen, den langsamen Rhythmus zu stabilisieren.
Im
komagaku übernimmt das etwas größere
san-no tsuzumi die Rolle der
kakko. Sein sanduhrförmiger Korpus ist auf Ober- und Unterseite bespannt, die Spannung wird wie bei der
kakko durch Seile gewährleistet. Der Musiker schlägt mit seinen Stöcken jedoch nur eine Seite. In alten Schriften fand man Hinweise darauf, das es einst vier verschiedene Sanduhrtrommeln gab, die mit bloßen Händen gespielt wurden, übriggeblieben ist nur das san no tsuzumi.
Shōko (Gong)
Der Gong, japanisch shōko, tritt im Gagaku in drei verschiedenen Größen in Erscheinung, je nachdem, wo er benutzt wird. Der kleinste befindet sich im tōgaku-Ensemble, der größte (daishōko) bei bugaku im Freien. Er besteht aus Bronze und wird mit zwei Stöcken aus Hartholz gespielt. Seine Aufgabe ist es, den ersten Schlag jedes Taktes zu betonen; im vierten Takt kommt ein Aufschlag hinzu.
Taiko (Fasstrommel)
Das taiko ist die größte Trommel des Gagaku-Orchesters. Man findet es als ninai-daiko, das bei Paraden getragen wird, oder als tsuri-daiko, das in einem Ständer hängend gelagert gespielt wird. Obwohl zwei Seiten des schmalen Korpus bespannt sind, wird nur eine mittels zweier Stöcke mit ledernem Kopf geschlagen. Die große Trommel ist ein Kolotomieinstrument, das heißt, dass seine rhythmischen Phrasen dazu dienen, größere Abschnitte eines Stückes zu unterstreichen und voneinander abzusetzen. Im bugaku verwendet man anstatt des taiko das dadaiko, die sehr große Trommel. Sie erfüllt mehr eine choreographische als eine musikalische Aufgabe; ihr Schlag dient zur Betonung des Fußstampfens der Tänzer. Diese Trommel wird in einem großen, prächtig lackierten Gestell aufgehängt. Der Aufbau gleicht dem der taiko, nur dass die Felle nicht aus einem Stück bestehen, sondern aus mehreren zusammengefügt sind. Ein Fell alleine würde nicht genug Spannung halten können, um einen Ton zu erzeugen. Die Stimmung der Trommel geschieht durch das Drehen von Holzpflöcken, um die die Seile, mit denen die Felle auf Vor- und Rückseite des Korpus gespannt werden, gewunden sind. Geschlagen wird die Trommel mit zwei schweren Stöcken aus lackiertem Holz, und zwar immer in der Reihenfolge links – rechts.
Das war die Musik zu dem Gagaku, jetzt kommen wir zum Tanz;
Der Tanz selber ist in der ersten Linie immer vom Repertoires abhängig, aus welchen Land dieser stammt. Meist sitzen die Musiker auf einer Bühne, die aus Stein oder Holz ist. Die Kleidung ist meist aus schlichten Seidenroben und in dunklen Rostbraun. Ihrem Stoff sind grüne Längsfäden eingearbeitet, so dass die Roben in der Bewegung schillern.
Wird ein bugaku-Tanzmusik vorgetragen, so sitzt das Ensemble neben oder hinter der Bühne. Die Kleidung der Musiker ist wesentlich bunter und schillender. Die Tänzer tragen freie fallende, schleppende Kostüme, die der Hofmode der Heian-Zeit nachempfunden sind.
"Linker Tanz" beim Gagaku
Ihr Grundprinzip ist das Tragen mehrerer Seidenkimono, wobei die unteren am Saum als ein schmaler Streifen über die Obergewänder herausragen. In den Kriegertänzen (
bu no mai) werden die weiten Ärmel und Hosenbeine abgebunden, um mehr Bewegungsfreiheit zu ermöglichen; außerdem wird ein schwarzer Brokatumhang und ein schwerer Metallgürtel getragen. Die Künstler tragen bei manchen Darbietungen Kopfbedeckungen: schwarze, gesteifte Hüte oder Kapuzen und weiße, die Tänzer weiße Seidenschuhe (
shigai) und, je nach Tanz, auch Masken. Je nach Herkunft der Tänze herrschen bei den sorgfältig gewebten, reich verzierten Roben im sahō no mai rot, im uhō no mai grün vor. Nach diesem Kriterium richtet sich auch die Richtung des Eintretens auf die Bühne und mit welchem Fuß der Tanz begonnen wird. Bei einem Konzert, bestehend aus vier bis sechs Stücken, treten die Kompositionen der Links- und Rechtsmusik in Paaren auf und werden im Wechsel gespielt. Am Ende der Aufführung, nachdem Tänzer und Musiker abgegangen sind, wird im Nebenzimmer oder in einem abgetrennten Bereich, dem akunoya (grünen Zimmer), eine Musik „zum Ausklang“ (
taishutsuraku) gespielt. Bei Anlässen, zu denen die sakrale Shintō-Musik, etwa das mikagura, gespielt wird, tragen die Musiker einfarbig weiße, manchmal auch rote oder blaue Roben im Stile des Heian-Hofes. Die Stimmung bei solchen Anlässen ist betont ernst und feierlich, und dementsprechend benehmen sich die Musiker. Mikagura wird ausschließlich am Hofschrein des Kaisers in dessen Anwesenheit gespielt. Die älteste Form dieser Musik sieht die Weihung eines heiligen Bereiches, die Herbeirufung der Gottheit, zeremonielles Essen und Trinken sowie die Aufführung von Tanz und Musik vor. Diese Zeremonie dauerte früher Tage, heute ist sie auf etwa sechs Stunden und insgesamt elf Lieder und Tänze verkürzt worden. Eine neuere Form des mikagura, wie sie in einer Quelle aus dem Jahre 807 n. Chr. erwähnt wird, ist ein alljährlich von Frauen aufgeführter
chinkon-Tanz. Im alten Volksglauben ist es möglich, durch diesen Tanz die Seele eines kürzlich Verstorbenen wieder in dessen Körper zurückzuführen.
Die Struktur des Gagaku
Alle Kompositionen des Gagaku werden in einem für westliche Ohren sehr langsamen Tempo dargeboten. Die Melodie wird in erster Linie von den Blasinstrumenten beziehungsweise den Singstimmen getragen. Saiteninstrumente fungieren als eine Art Bindeglied zwischen deren Harmonien und dem Rhythmus der Schlaginstrumente, der in festgelegten, sich wiederholenden Mustern (patterns) gespielt wird, die „alle terminologisch klassifiziert sind“. Auch wenn sich die Melodieinstrumente am Rhythmus orientieren, so ist es ihnen doch möglich, sich von ihm zu lösen, also quasi asynchron zu spielen. Gegen Ende eines Stückes fallen sie aber immer wieder zurück in den vorgegebenen Takt. Die „Einbettung der Melodie zwischen darüber schwebenden shō-Klängen und darunter aus der Tiefe aufsteigendem Fundament der gerissenen Saiteninstrumente“ ist eines der zentralen Konzepte des Gagaku-Formalismus, auf dem auch ein großer Teil des Zaubers dieser Musik beruht.
Die Werke der Shintō-Musik sind im Hinblick auf ihre formale Struktur die einfachste Materie des Gagaku. Da sie hauptsächlich Lieder sind, steht die menschliche Stimme und der gesungene Text im Vordergrund. Die Instrumente werden als Begleitinstrumente verwendet, sei es um die Tonhöhe für die Sänger festzulegen, kurze Einleitungen zu spielen oder Melodie und Rhythmus zu verankern und zu stärken. Die Harmonien sind „urjapanisch“ und wurden von festländischen Vorstellungen kaum beeinflusst.
Wer es noch genauer wissen möchte, geht auf Wiki, und sucht sich alles noch dazu raus, aber ich denke, man kann erahnen, was das für eine Wissenschaft war, das ganze bis in die heutige Zeit zu bringen. Gleichzeitig finde ich es sehr faszinierend, das in Japan damals wesentlich erwachsener mit der Politik umgegangen wurde, wie in der heutigen Zeit, denn Japan war nicht so isoliert, wie man heute noch immer wieder denkt. China, Korea hatten großen Einfluss in der Geschichte in jeweiligen Bereichen, was man gerade hier stark sieht.
Glossar:
a,
Bu no mai (武の舞): „Kriegertanz“; Kategorie schneller, relativ wilder Tänze des bugaku
b,
Bugaku (舞楽): „Tanz und Musik“; Tanztheater zu Musikbegleitung, teils maskiert
c,
Bun no mai (文の舞): „ziviler Tanz“; Kategorie langsamerer Tänze des bugaku
d,
Chinkon (鎮魂): „Geister besänftigen“;
Shintō-Ritual, bei dem die Seele eines Menschen daran gehindert wird, den Leib zu verlassen, bzw. dazu bewegt wird, in den Körper zurückzukehren
e,
Dōbu (童舞): Kindertanz
f,
Enkyoku (宴曲): Bankettmusik, spöttisch auch enzui („betrunkener Teich“) genannt; die Melodien sind verlorengegangen, erhalten blieben uns einige recht derbe Textsammlungen
g,Gagaku (雅楽): „elegante Musik“; Überbegriff für japanische Konzert- und Hofmusik
h,
Gigaku (伎楽): Chinesische Maskentänze, die um 600 über Korea Japan erreichten, in der
Edo-Zeit verlorengegangen, heute noch Texte, Masken und Einflüsse in volkstümlichen
Löwentänzen erhalten, Instrumentalbegleitung aus Flöten, Sanduhrtrommeln und Zymbalen
i,Hashiri-mai (走り舞): „rennender Tanz“; entspricht dem bu no mai
j,Hira-mai (平舞): „gleichmäßiger Tanz“; entspricht dem bun no mai
k,
Imayōuta (今様歌): „zeitgenössische Lieder“; durch die Ersetzung des Solfège von Gagaku-Kompositionen durch Gedichte entstandener Liedtypus; andere Quellen benennen die Hymnen buddhistischer Priester, die unter Prostituierten missionierten, als Ursprung
l,
Kagura (神楽) „Sakralmusik“; das Hof-kagura (im Unterschied zu sato kagura, Dorf-kagura) ist die rituelle Shintō-Musik des kaiserlichen Hofes
m,
Kangen (管絃): „Blasinstrumente und Saiteninstrumente“;
Kammermusik, heute ausschließlich im tōgaku-Stil
n,
Komagaku (高麗楽): Späterer Name für koreanische Musik, benannt nach Königreich Koma (
Goryeo)
o,
Kudara-gaku (百済楽): Aus dem Königreich Kudara (
Baekje) in Korea um 550 eingeführter Musikstil
p,Miasobi / Gyōyu (御遊): „Hofspieler“; Amateurorchester des Heian-Hofes
q,
Rōei (朗詠): Kurze Gedichte im chinesischen Stil, die gesungen mit Instrumentalbegleitung vorgetragen werden
r,
Saibara (催馬楽): Volkslieder in abgewandelter, hoffähig gemachter Form mit einem heutzutage unverständlichen Silbentext
s,
Sankan-gaku (三韓楽): „Musik der
drei koreanischen Reiche“;
Sammelbezeichnung für Musik im koreanischen Stil
t,
Shiragi-gaku (新羅楽): Aus dem Königreich Shiragi (
Silla) in Korea um 450 eingeführter Musikstil
u,
Tōgaku (唐楽): „
tang-zeitliche Musik“; Sammelbezeichnung für Musik im chinesischen Stil
v,Wagaku (和楽): „japanische Musik“; von japanischen Musikern komponierte Stücke