[Biete] Goblin Slayer Lightnovel [Deutsch][Kapitel 128/128][Update 01.03.23][PDF: Gesamtausgabe v_0.11.140 ]

Edward Teach

Anime-Pirat
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Goblintöter
Leichter Roman







000 Präludium
001 Kapitel 1 Das Ende der Abenteurer
002 Intermission I Die Götter
003 Kapitel 2 Der Tag der Kuhhirtin
004Kapitel 3 Gedanken der Gilden Angestellten

005 Kapitel 4 Die brennende Bergfestung
006 Intermission II Die Gilden Angestellte
007Kapitel 5 Unerwartete Gäste
008Intermission III Der Panzerkrieger
009Kapitel 6 Reisegefährten
010 Kapitel 7 Goblintöter
011 Kapitel 8 Goblins ausrotten
012Kapitel 9 Starke Personen
013 Intermission IV Die Heldin
014 Kapitel 10 Im Schlummer
015Kapitel 11 Festmal der Abenteurer
016Kapitel 12 Hinter dem Goblinhügel

017 Kapitel 13 Das Ende eines Abenteuers
018 Präludium II
019 Kapitel 14 Der Alltag der Abenteurer
020 Intermission V Die Götter
021 Kapitel 15 Goblins töten in der Stadt des Wassers
022 Intermission VI Die beiden zu jener Zeit
023 KAPITEL 16 Zufallsbegegnung
024 Intermission VII Von einem jungen König
025 Kapitel 17 Von Abenteurer zu Abenteurer
026 Kapitel 18 Auf dem Weg zum Tod
027 Kapitel 19 Verirrt
028 Kapitel 20 Geflüster, Gebete und Arien
029 Intermission VIII Wenn ein Abenteurer sich bei einem anderen einmischt
030 Kapitel 21 Ein Lesezeichen setzen
031 Intermission IX Vom besiegen einer bösen Sekte
032 Kapitel 22 Ein Monster dessen Namen man nicht nennen darf
033 Kapitel 23 Magische Fallen der Ruinenstadt
034 Kapitel 24 Hin und Zurück
035 Kapitel 25 Der Krieger Lehrling und die Heilige in Ausbildung
036 Kapitel 26 Die Geschichte eines gewissen Jungen
037 Kapitel 27 Die Kellnerin der Schenke
038 Kapitel 28 Ein typisches Goblin Nest
039 Kapitel 29 Ein Tag ohne ihn
040 Kapitel 30 Die Zerstörung eines verfluchten Tempels, der von Dämonen heimgesucht wird.
041 Kapitel 31 Nach dem zweimaligen durchkreuzen der Pläne des Nekromanten.
042 Kapitel 32 Der faule freie Tag der Elfe
043 Kapitel 33 Was die drei vor einigen Monaten gemacht haben
044 Kapitel 34 Als er wieder nach Hause kam.
045 Präludium III
046 Kapitel 35 Herbstmond
047 Intermission X Von einer überraschend anstrengenden Frau
048 Kapitel 36 Die Nacht vor dem Fest
049 Intermission XI Von den Sorgen zur diesjährigen Weihe.
050 Kapitel 37 Ein Erntefest voller Träume
051 Intermission XII Wie sich der Oberpriester auf das Fest vorbereitet
052 Kapitel 38 Wichtig ist das Lächeln
053 Intermission XIII Wie die Götter eine neue Kampagne erstellen
054 Kapitel 39 Die Kampagne wird umgeworfen
055 Intermission XIV Wie sich der Strippenzieher hinterm Meisterschirm verhält.
056 Kapitel 40 Sieben Kräfte
057 Intermission XV Wie die Heldin ihren ersten Zug macht.
058 Kapitel 41 Last uns ruhige Tage feiern.
059 Präludium IV
060 Kapitel 42 Probe
061 Kapitel 43 Massenschlacht
062 Kapitel 44 Metzelei
063 Kapitel 45 Ende und Neuanfang
064 Intermission XVI Über die Wartenden
065 Kapitel 46 Eroberung des Kerkers
066 Kapitel 47 Die Krone der Goblins
067 Intermission XVII Wie die Götter erleichtert aufatmeten
068 Kapitel 48 Ein neuer Morgen
069 Präludium V
070 Kapitel 49 Ein ganz normaler Frühlingstag
071 Kapitel 50 Der junge rothaarige Magier
072 Kapitel 51 Ressourcen
073 Intermission XVIII Über die Frauen
074 Kapitel 52 Namenlose Männer
075 Kapitel 53 Der Trainingsplatz außerhalb der Stadt
076 Kapitel 54 Verschiedene Kämpfe
077 Intermission XIX Über die heimgekehrte Heldin
078 Kapitel 55 Auf ins Abenteuer
079 Präludium VI
080 Kapitel 56 Eine Einladung für das Mädchen
081Intermission XX Weil die Frauen nur träge reagiert haben.
082 Kapitel 57 Bartschneider begibt sich zum Fluss im Süden.
083 Kapitel 58 Der Wald des Elfenkönigs.
084 Kapitel 59 Kampf mit der Bestie.
085Intermission XXI Wie in der Bibliothek eine Spur aufgenommen wird.
086 Kapitel 60 Jungle Cruise.
087 Kapitel 61 In den Tiefen der Dunkelheit.
088 Kapitel 62 Das Auswaschen des Blutes.
089Intermission XXII Von der Verdammnis in den Tiefen der Hölle.
090 Kapitel 63 Ein Sommernachtstraum.
091 Präludium VII Einst blühte dort die Jugend, aber nun bleib nur noch Asche
092 Kapitel 64 Bartschneider begibt sich zum Meer im Süden
093 Kapitel 65 Goblin Slayer geht in die Hautstadt
094 Intermission XXIII Wie ein Wildfang überlegt, auf ein Abenteuer zu gehen
095 Kapitel 66 Abenteuer in der blühenden Stadt
096 Intermission XXIV Wie Reue keinen Vorrang haben darf
097 Kapitel 67 Die Schauspieler hinter der Bühne
098 Intermission XXV Die Frage, wer der Spielmeister gewesen sein mochte
099 Kapitel 68 Die Leiden der Prinzessin
100 Kapitel 69 Das pulsieren des Dämonenherzen
101 Intermission XXVI Der Horror aus dem Kosmos hat keine Chance gegen Schwert und Magie
102 Kapitel 70 Im Zentrum des Strudels
103 Kapitel 71 Die Hand des Goblins ist ein Zeichen der Zerstörung
104 Intermission XXVII Eine Geschichte, die wohl besser ist als eine, in der ein Drache bezwungen wird
105 Kapitel 72 Ob diese Gebete wohl den Himmel erreichen
106 Präludium VIII
107 Kapitel 73 Die Vorboten des Untergang
108 Kapitel 74 Der Goblintöter wandert umher
109 Intermission XXVIII Vor Beginn des Abenteuers
110 Kapitel 75 Leichten Schrittes
111 Kapitel 76 Meuchelmörder des verlassenden Dorfes
112 Intermission XXIX Warum Goblins sich nicht als Heerführer eignen.
113 Kapitel 77 Die Schatten der Monster in der Höhle
114 Kapitel 78 Mit Ringen in der Tasche
115 Kapitel 79 Die Höhle der Eishexe
116 Kapitel 80 Der Goblintöter springt in den Strudel
117 Intermission XXX Von all dem vor der Rettung der Welt
118 Kapitel 81 Zurück zum Alltag
119 Präludium IX
120 Kapitel 82 Vor dem Sturm
121 Kapitel 83 Ghule und Geister
122 Kapitel 84 Wie ein Schurke
123 Intermission XXXI Über die unterschiedlichen Dinge, die alle machen
124 Kapitel 85 Eine Geschichte über die Schattenläufer der Hauptstadt
125 Kapitel 86 Eine Nachricht vom Auftraggeber
126 Kapitel 87 Verteidigung und Angriff
127 Intermission XXXII Wie alle mit ganzer Kraft kämpfen
128 Kapitel 88 Personen, die weder Alkohol noch Frauen noch Lieder lieben. :new:


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Edward Teach

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Prelude I

Vor langer Zeit, als noch weit weniger Sterne am Himmel leuchteten, fochten die Götter des Lichts, der Ordnung und des Schicksals mit den Göttern der Dunkelheit, des Chaos und des Zufalls darum, wer die Welt beherrschen sollte. Sie trugen ihre Schlachten nicht mit Fäusten und Waffen aus, sondern mit Würfeln. Sie würfelten so häufig, dass einem fast schwindelig wurde, aber da sich Sieg und Niederlage auf beiden Seiten. stetig abwechselten, konnten sie nie einen Sieger krönen.​
Irgendwann waren die Götter es überdrüssig, nur mit Würfeln zu spielen, und erschufen Figuren, die sie über ein Brett zogen. Sie kreierten eine Welt und unzählige Charaktere, die in ihr lebten. Diese Charaktere erlebten Abenteuer, die sie manchmal überlebten und manchmal nicht.​
In dieser Zeit erschien ein Abenteurer. Er würde sicher nicht die Welt retten und sie auch nicht verändern, denn er war nichts weiter als eine Spielfigur ....​

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Edward Teach

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Kapitel 1
Das Ende der Abenteurer


Kaum war der Kampf beendet, trat er gegen die Leiche des Goblins. Sein dreckiger Eisenhelm, die Lederrüstung und das Kettenhemd waren vom Blut des Monsters dunkelrot gefärbt. In der Hand des linken Arms, an dem ein verschrammter kleiner Schild befestigt war, trug er eine Fackel. Mit der Rechten zog er sein Schwert aus dem Kopf der Leiche, die er gerade getreten hatte. Es war ein billiges Langschwert von durchschnittlicher Länge, an dem Hirnteile des Goblins hingen. In der Schulter des Mädchens, das vor ihm auf dem Boden kauerte, steckte ein Pfeil. Es hatte langes, goldenes Haar und ihr gepflegtes, schmales Gesicht hatte sich vor Angst und Schmerz komplett verzogen. Die dünnen Arme und Beine ihres zarten Körpers waren von einer heiligen Kluft umhüllt, die sie als Priesterin zu erkennen gab. In einer Hand hielt sie einen Stab.​
»Wer ist dieser Mann vor mir?«, dachte die Priesterin.
Ist er etwa auch ein Feind wie die Goblins, oder vielleicht sogar ein viel schlimmeres Monstrum? Er sah wie ein menschlicher Mann aus, aber seine Haltung und sein Auftreten wirkten sonderbar auf sie.
»Ähm ... Wer bist du?«, fragte sie ängstlich und vom Schmerz gequält die Gestalt vor ihr.
»Goblin Slayer.«
Jemand, der nicht gegen Drachen oder Vampire, sondern gegen die schwächsten aller Monster kämpft. Jemand, der Goblins tötet. In anderer Lage hätte sie diesen Namen vielleicht als lächerlich empfunden, aber in diesem Moment wäre sie nie darauf gekommen.​
* * *
Es passierte immer wieder. Ein im Tempel aufgewachsenes Waisenkind wurde fünfzehn Jahre alt und damit erwachsen. Als Erwachsener musste es sich für einen eigenen Weg durch das Leben entscheiden: Es konnte entweder als Diener der Götter im Tempel bleiben oder ebenjenen verlassen und in die weite Welt hinausziehen. Die Priesterin hatte sich für Letzteres entschieden, weshalb sie heute eine Zweigstelle der Abenteurergilde aufsuchte. Es wurde erzählt, dass die Gilde der Abenteurer ursprünglich nichts weiter als eine Kneipe war, in der sich Abenteurer versammelten, doch mittlerweile war sie eher etwas wie eine Agentur für Auftragsvermittlung. Durch den langwährenden Kampf zwischen den sprechenden Völkern und den Monstern hatten sich die Abenteurer zu einer Art von Söldnern entwickelt, die durch die Gilde beaufsichtigt wurden. Die Zweigstelle befand sich direkt hinter dem Stadttor. Die Priesterin war von der Größe des Gebäudes überwältigt und hielt einen kurzen Moment inne, bevor sie dessen Eingangshalle betrat. Darin hatten sich, obwohl es noch früh am Morgen war, bereits viele Abenteurer versammelt. In dem Gebäude gab es ein großes Gasthaus, eine Kneipe und ein Amt. Die Priesterin stellte sich in die Schlange für die Anmeldung, wo bereits die unterschiedlichsten Wesen warteten. Da waren Menschen in schweren Rüstungen, Elfen-Hexer mit Stab und Mantel, ein bärtiger Zwerg mit einer Axt und sogar Rhea, ein kleinwüchsiges Volk, das im Grasland wohnt. Ob sie alle wohl anstanden, um Aufträge anzunehmen oder Belohnungen abzuholen? Vielleicht wollten sie auch Aufträge aufgeben?​
» Und hat es sich mit dem Mantikor auf dem Bergpass gelohnt«
»Nicht besonders. Wenn man ordentlich abkassieren möchte, sollte man eher Ruinen durchsuchen.«
»Mag sein, aber dadurch leistet man ja keinen Beitrag.«
»Stimmt eigentlich. In letzter Zeit soll in der Hauptstadt der Dämonenfürst oder so aufgetaucht sein. Dort soll man ordentlich verdienen können.«
»Gegen niedere Dämonen würde ich ja gerade noch klarkommen.«
Ein Abenteurer mit einem Speer plauderte mit einem anderen in schwerer Rüstung. Die Priesterin konnte sich nicht mal vorstellen, über was die beiden redeten. Entschlossen zog sie ihren Stab an die Brust heran und murmelte: »Ab jetzt werde auch ich ... «
Die Priesterin war sich bewusst, dass der Beruf eines Abenteurers nicht so leicht war, wie man es sich zuerst vorstellen mochte. Sie hatte während ihrer Zeit im Tempel bereits unzählige verletzte Abenteurer gesehen, aber da es nun mal Teil der Lehre der Erdmutter war, dass man sich um verletzte Personen kümmern muss, war sie nicht abgeneigt, sich für diese Zwecke in Gefahr zu begeben. Sie selbst wurde als Waisenkind von dem Tempel aufgenommen und wollte nun als Abenteurerin einen Teil ihrer Schuld zurückzahlen.​
»Wie kann ich Ihnen heute helfen?«, sprach sie eine Stimme an.
Die Priesterin war in Gedanken versunken und hatte gar nicht gemerkt, dass sie mittlerweile an der Reihe war. Eine Gilden Angestellte hatte sie angesprochen. Sie hatte einen freundlichen Gesichtsausdruck und schien ein wenig älter als sie zu sein. Ihre Uniform war sehr sauber und sie hatte ihre hellbraunen Haare zu einem Zopf gebunden. Dass sie sich nicht von der rauen Atmosphäre in der Eingangshalle beunruhigen ließ, zeugte davon, dass sie ihre Arbeit gut verstand. Die Priesterin strengte sich an, ihre Aufregung so gut es ging zu unterdrücken, und sagte:
»Ähm. Ich will ... Ich möchte Abenteurerin werden.«
»Ach, wirklich?«
Die Priesterin schüchterte diese Nachfrage der Gilden Angestellten ein, aber das Lächeln ihres Gegenübers klärte die Situation sofort auf.
»Ich verstehe. Können Sie denn schreiben und lesen?«
»Ähm, ja. Ich habe es im Tempel gelernt ... «
»Dann füllen Sie bitte diesen Bogen aus. Wenn Sie etwas nicht verstehen, dann fragen Sie ruhig.«
Ein Abenteurerbogen mit goldenen Buchstaben auf hellbraunem Papier. Die Felder, die es auszufüllen galt, fragten die Priesterin nach ihrem Namen, Geschlecht, Alter, Beruf, Haarfarbe, Augenfarbe, Körperbau, Fähigkeiten, Zauber, Wunder ... Irgendwie wirkten die Fragen etwas einfach auf die Priesterin.​
»Ach, bitte lassen Sie die Felder Fertigkeitspunkte und Abenteuerchronik leer«, meinte die Gilden Angestellte.
»Das werde ich beurteilen.«
»I. .. In Ordnung.« Die Priesterin nickte, nahm sich mit zitternder Hand den Stift, tunkte ihn ins Tintenglas und füllte den Bogen mit säuberlicher Schrift aus. Als sie das ausgefüllte Schriftstück übergab, überflog die Gilden Angestellte es und nahm ihrerseits einen Stift in die Hand. In die andere nahm sie ein kleines Porzellanschild und notierte darauf einige Dinge in weicher Handschrift. Nachdem sie es der Priesterin überreicht hatte, bemerkte diese, dass darauf die gleichen Dinge wie auf ihrem Abenteurerbogen geschrieben standen.​
Die Gilden Angestellte erklärte ihr: »Das ist ein Ausweis, aber er zeigt auch Ihren Rang an. Sollte Ihnen etwas passieren, kann man Sie damit identifizieren, also verlieren Sie ihn bitte nicht.«
Etwas passieren? Die Priesterin wollte zuerst nachfragen, was damit gemeint war, aber verstand dann von selbst. Der Ausweis wurde also auch dazu benutzt, um verstümmelte Leichen zu identifizieren.
» Ja.«
Die Priesterin nickte und war froh darüber, dass sie nicht zittern musste.
»Aber ist es wirklich in Ordnung, dass man so leicht ein Abenteurer werden kann ... ? «
»Tja, einer zu werden ist schon einfach, aber ... «
Auf einmal verdunkelte sich der Gesichtsausdruck der Gilden Angestellten. Machte sie sich etwa Sorgen? Oder war es nur Resignation? Die Priesterin wusste es nicht wirklich einzuschätzen und bevor sie ein Urteil fällen konnte, fuhr die Gilden Angestellte bereits fort:​
»Für einen Rangaufstieg werden die besiegten Monster, der Beitrag zur Gesellschaft und der Charakter bewertet. Das ist ganz schön hart, oder?«
»Der Charakter ... bewertet?«
Die Gilden Angestellte erzählte, dass es viele egoistische Angeber unter den Abenteurern gab und diese schlechter bewertet wurden als bescheidene und selbstlose Abenteurer. Langsam hellte sich ihr Gesichtsausdruck wieder auf und ein warmes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Sie wandte sich einem Korkbrett an der Wand zu und erklärte:​
»Die Aufträge werden dort drüben ausgehängt. Im Normalfall wählt man sie anhand seines Ranges aus.«
Da die Abenteurer von eben bereits viele der Aufträge vom Brett genommen hatten, waren nur noch einige übrig. Nichtsdestotrotz zeigte die imposante Größe des Bretts, wie viele Aufträge es immer zu erledigen gab.
»Aber ich rate Ihnen, sich erst einmal mit Aufträgen in der Kanalisation oder dem Reinigen von Rinnsteinen an das Abenteurerleben zu gewöhnen«
» Hm ... Kämpfen Abenteurer nicht eigentlich gegen Monster?«
»Riesenratten in der Kanalisation sind auch Monster. Außerdem ist es zum Wohl der Gemeinschaft. Ansonsten können Anfänger sich auch um Goblin Aufträge kümmern. Ihre Registrierung ist hiermit abgeschlossen. Ich hoffe, Sie sind erfolgreich.«
»Äh, ja. Vielen Dank.«
Die Priesterin verbeugte sich und entfernte sich von der Anmeldung. Ihr Porzellanschild hatte sie sich bereits umgehängt und sie seufzte erleichtert. Sie war jetzt eine richtige Abenteurerin. Was soll ich denn jetzt machen? Sie hatte nichts weiter als ihren Priesterstab, ein wenig Kleidung und ein paar Geldmünzen dabei. Da die oberen Etagen des Gebäudes Übernachtungsmöglichkeiten für Abenteurer auf niedrigem Rang boten, überlegte sie sich, ob sie sich zuerst dort ein Zimmer nehmen sollte. Sie könnte auch später nach einem Auftrag suchen ...​
»Sag mal, möchtest du uns nicht auf ein Abenteuer begleiten?«
Eine unbekannte Person sprach die Priesterin plötzlich von hinten an. Es war ein Jüngling mit einem makellosen Brustpanzer, einem Kopftuch und einem Schwert am Gürtel. Um seinen Hals hing auch ein Porzellanschild, wie die Priesterin es eben erhalten hatte.
»Du bist doch eine Priesterin, oder?«, fragte er.
»Äh ... Ja, genau.«
»Das trifft sich perfekt. Uns fehlt noch jemand wie du ... «
Hinter dem Schwertkämpfer standen zwei Mädchen. Das eine sah mit ihren gebundenen Haaren und ihrer Kampfkleidung sehr tapfer aus. Das andere wirkte mit ihrer Brille und ihrem Stab eher kühl. Die Priesterin vermutete, dass es sich bei den beiden um eine Faustkämpferin und eine Magierin handelte.​
»Das hier ist meine Gruppe. Wir haben einen dringenden Auftrag und bräuchten noch eine weitere Person. Könntest du uns unterstützen«, fragte der Schwertkämpfer.
»Ein dringender Auftrag?«, erwiderte die Priesterin.
»Goblins vertreiben!«, antwortete er aufgeregt.
Die Gruppe hatte gehört, dass sich Goblins in der Nähe eines Dorfes in einer Höhle eingenistet hatten. Goblins waren schwache Monster, die jedoch häufig in größeren Gruppen auftraten. Sie waren ungefähr so groß wie menschliche Kinder und auch ihre Körperkraft und ihre Intelligenz waren vergleichbar. Ihre wohl größte Stärke waren ihre Augen, mit denen sie im Dunkeln sehen konnten. Sie überfielen vornehmlich Dörfer, raubten Frauen und verhielten sich eigentlich wie viele andere Monsterarten, aber trotz ihrer Schwäche sollte man sie nicht unterschätzen. Aber dieses Dorf hatte sie zuerst ignoriert und das sehr bald bereut. Zu Beginn stahlen die Goblins für den Winter gelagertes Getreide. Da sie dabei auch Saatgut mitgehen ließen, begannen die Dorfbewohner Zäune und Wachen aufzustellen, doch die kleinen Biester überwanden diese mit Leichtigkeit. Kurz darauf stahlen sie ein Schaf, die Tochter des Schafhirten und ein weiteres Mädchen, das aufgrund der Geräusche herausgekommen war. Da die Lage jetzt wirklich ernst war, sahen die Dorfbewohner keinen anderen Weg mehr, als Abenteurer anzuheuern. Sie sammelten das wenige Geld, das sie hatten, und wandten sich an die Gilde. Die Priesterin dachte nach. Es war nichts Ungewöhnliches für einen neuen Abenteurer, dass sich sein erster Auftrag um das Austreiben von Goblins drehte. Vielleicht war diese Einladung ein Wink des Schicksals? Sie war sowieso der Meinung, dass sie allein nur wenig ausrichten konnte. Für Geistliche glichen die meisten Soloaufträge Selbstmord, weshalb sie sich irgendwann sowieso einer Gruppe anschließen müsste. Natürlich war sie sich etwas unsicher, da sie kein Mitglied der vor ihr stehenden Gruppe wirklich kannte, aber sie schienen nett zu sein.​
»Okay ... Wenn ihr mit mir einverstanden seid.«
Der Schwertkämpfer jubelte auf:
»Wirklich? Wir haben es geschafft, Leute. Jetzt kann es endlich losgehen!«
» Ähm ... Etwa nur zu viert?«, mischte sich die Gilden Angestellte in die Unterhaltung ein.
»Wenn Sie etwas länger warten, werden bestimmt auch noch andere Abenteurer kommen ... «
» Wir vier sind genug. Die gefangenen Mädchen warten darauf, gerettet zu werden. Wir dürfen uns nicht noch mehr Zeit lassen!«
Und auch wenn die Gilden Angestellte darauf nichts erwiderte, bekam die Priesterin ein flaues Gefühl im Magen, als sie ihr ins Gesicht sah.
Die Flamme der Fackel flackerte durch die leicht verdorben riechende Zugluft und die Schatten der Felsen tanzten in ihrem Schein wie Monster über die Wände. Die vier jungen Abenteurer hatten die dunkle Goblin Höhle betreten und drangen immer tiefer in sie ein. Als Fackelträger übernahm der Schwertkämpfer die Vorhut, dicht gefolgt von der Faustkämpferin. Hinter ihr folgte die Priesterin und die Magierin sicherte die Gruppe von hinten ab. Diese Reihenfolge war eine Idee der Magierin gewesen und es war die Aufgabe der beiden Hinteren, die beiden Vorderen mit Magie und Wundern zu unterstützen.​
»Ob das wohl gut geht«, murmelte die Priesterin.
Ihr ungutes Gefühl hatte sich mit dem Betreten der Höhle noch weiter verstärkt.
» Wir wissen nicht viel über unsere Gegner, aber sind trotzdem einfach in ihr Gebiet eingedrungen ... «
» Was bist du denn für ein Angsthase? Aber irgendwie so habe ich mir Priester vorgestellt!« Die heitere Stimme des Schwertkämpfers hallte durch den Höhlentunnel.
»Goblins kennt doch jedes Kind! Ich habe bereits welche aus meinem Dorf vertrieben!«
»Man sollte nicht damit angeben, einen Goblin vertrieben zu haben. Das ist peinlich«, entgegnete die Faustkämpferin frech.
» Ja . . . Du hast schon recht«, sagte der Schwertkämpfer schmollend.
Mit einem amüsierten Gesichtsausdruck drehte sich die Faustkämpferin der Priesterin zu und sagte: »Falls der Trottel versagt und welche vorbeilässt, mach ich sie fertig. Hab keine Angst.«
»Hey! Du musst mich doch nicht Trottel nennen ... «, protestierte der Schwertkämpfer.
»Wir vier könnten es bestimmt auch mit einem Drachen aufnehmen!«
» Jetzt übertreib mal nicht«, unterbrach ihn die Magierin und kicherte. Während die anderen sich vergnügt unterhielten, traute sich die Priesterin aus Angst, dass ihre Stimme etwas aus der Dunkelheit hervorlocken könnte, nicht, etwas zu sagen.
»Aber irgendwann möchte ich schon mal einen Drachen erlegen«, gab die Faustkämpferin zu.
Als der Schwertkämpfer und die Magierin ihr dann zunickten, musste auch die Priesterin ein wenig lächeln. Die Dunkelheit des Tunnels versteckte aber, dass ihr Gesichtsausdruck immer noch nicht ganz von Sorge befreit war. Ob das wohl jemals passieren wird? Auch wenn ihre Bedenken immer stärker wurden, schwieg die Priesterin. Der Schwertkämpfer hatte bereits von wir vier geredet, aber sie hatte die Gruppe doch erst gestern kennengelernt. Wie konnte er sich so sicher sein? Die Priesterin wusste, dass er damit nichts Böses meinte, aber ...​
» Wir hätten uns etwas besser vorbereiten sollen ... Wir haben noch nicht einmal Heiltränke«, warf die Priesterin mit zitternder Stimme in die Runde.
»Wir hatten weder Geld noch Zeit, um welche zu kaufen«, entgegnete der Schwertkämpfer.
»Aber ich mache mir Sorgen um die gefangenen Mädchen ... Im Fall der Fälle kannst du sie heilen, oder«
» Ich beherrsche Wunder zum Heilen und zum Erzeugen von Licht, aber ... «
»Dann ist doch alles gut!«
»Aber nur insgesamt dreimal ... «
Keiner der anderen Abenteurer hörte die Worte der Priesterin.
»Dein Selbstvertrauen ist beeindruckend, aber wir haben uns nicht verlaufen, oder?«, fragte die Faustkämpferin.
»Hey! Das hier ist ein gerader Tunnel, wie soll man sich da verlaufen«, keifte der Schwertkämpfer zurück.
»Wer weiß? Wenn man sich so sehr rein steigert wie du, übersieht man manchmal Dinge.«
»Das sagt die Richtige ... «
Der Schwertkämpfer und die Faustkämpferin kamen aus demselben Dorf, weswegen sie sich häufig zankten. Während die Priesterin den beiden folgte, umklammerte sie ihren Stab und betete zur Erdmutter. Ihre Gebete hallten nicht wie die Worte ihrer Kameraden von den Wänden wieder, sondern verschwanden einfach in den Tiefen der Dunkelheit. Lag es daran, dass die Erdmutter ihre Worte erhört hatte, oder war genau das Gegenteil der Fall?​
»Hey, du bist zu langsam. Wir müssen die Formation einhalten«, meckerte die Magierin.​
»Äh, ja. Entschuldigung ... «
Plötzlich hörte die Priesterin das leise Geräusch von fallenden Steinen und blieb abrupt stehen.
»Was ist denn jetzt los?«, schimpfte die Magierin wütend. Sie hatte die Akademie in der Hauptstadt mit Höchstnoten abgeschlossen, doch sie wusste nicht, wie sie mit der Priesterin umgehen sollte. Ihre ängstliche Art war ihr schon in der Gilde negativ aufgefallen, doch seitdem sie die Höhle betreten hatten, wurde es immer schlimmer.
» Ich habe gerade etwas gehört ... «
»Wo denn? Da vorne?«
»Nein, es war hinter uns.«
Die soll sich mal zusammenreißen. Das Verhalten der Priesterin hatte nichts mit Vorsicht zu tun, sondern war einfach nur Angst. Dieses Mädchen war nicht dafür gemacht, Abenteurerin zu sein. Weil die Priesterin stehengeblieben war, war die Entfernung zu den anderen beiden mittlerweile sehr groß.​
»Also wirklich ... Vom Eingang bis hier gab es doch nur einen Weg. Was soll denn jetzt hinter uns ... «​
Sie drehte sich genervt um, doch dann veränderte sich ihre ruhige Stimme schlagartig zu einem Schrei:​
»Goblins!«
Die kleinen Monster kamen aus Nebentunneln und scharten sich um die Mädchen am Ende der Formation. Sie waren unterschiedlich ausgerüstet und hatten grässliche Fratzen als Gesichter. Die Magierin zuckte zwar kurz zusammen, aber streckte dann ihren Granatstein-Stab in die Höhe, den sie als Zeichen ihres Abschlusses von der Akademie erhalten hatte. Sie sprach einen komplizierten Zauberspruch, der wie ein Wunder wirkte:​
»Sajita ... Inflamarae ... Radius!«
Der Zauberspruch, der sich in ihr Gehirn eingebrannt hatte, veränderte die Welt und strömte als Worte wahrer Macht hervor. Aus dem faustgroßen Granatstein sprang ein roter Feuerpfeil hervor und schoss einem der Goblins ins Gesicht. Man hörte, wie sein Fleisch verbrannte, und direkt darauf folgte der passende Geruch.Ich hab einen! Die gerade noch verzweifelte Zauberin fühlte sich plötzlich überlegen und grinste. Sie konnte noch zwei Zauber wirken.​
»Sajita ... Inflamarae ... Ra...«Aaahh...
Mittlerweile hatten sich noch mehr Goblins um die beiden versammelt und bevor die Magierin ihren Spruch vollenden konnte, umklammerten sie die dünnen Ärmchen der Biester. Sie versuchte sich zu wehren, aber bevor sie wusste, wie ihr geschah, wurde sie auf den harten Steinboden geworfen.​
»Argh?!« Die Brille sprang ihr vom Gesicht und zerbrach. Direkt darauf entrissen die Goblins ihr den Stab.
»A ... Ah ... ! G ... Gebt ihn zurück! Fa ... Fasst ihn nicht an«, schrie sie.
Ein Stab und Ringe waren für Magier lebensnotwendig, da sie ohne sie keine Zauberwirken konnten. Doch während sie wie eine Wilde schrie, brachen die Goblins den Stab entzwei.​
»Ihr ... Ihr!«
Während ihr üppiger Busen wackelte, zappelte sie wild mit den untrainierten Beinen, doch ihr Widerstand war zwecklos ... Nein, er war sogar zu ihrem Nachteil, da sie die Goblins damit erzürnte. Einer von ihnen zückte eine alte verrostete Klinge und rammte sie in den Bauch der Magierin.
»Waaaaaah?!«, sie schrie vor Schmerz auf, als die Klinge ihre Haut durchschnitt.
»I. .. Ihr! Lasst sie sofort los! Aufhören«
Mit ihren zarten, dünnen Armen schwang die Priesterin ihren Stab umher und versuchte die Goblins zu verscheuchen. Natürlich gab es Geistliche, die trainiert im Umgang mit Waffen waren und eine gewisse Körperkraft besaßen, aber die Priesterin war keines von beidem, weshalb ihr Unterfangen zuerst sinnlos erschien. Erst als die Spitze ihres Stabs auf den Boden stieß und so ein kurzes hallendes Geräusch erzeugte, wichen die Goblins ein wenig zurück. Vielleicht fürchteten sie, dass die Priesterin ein Kampfmönch sein könnte, oder sie hatten Angst, dass sie ein besonderes Wunder wirken würde, aber die Priesterin nutzte diesen Augenblick, um die Magierin aus der Goblin Gruppe herauszuziehen.​
»Reiß dich zusammen! Bitte halte durch!«
Die Magierin reagierte nicht. Die Priesterin schüttelte sie und bemerkte, dass sich ihre Hände blutrot färbten. Der Bauch der Magierin war von der rostigen Klinge, die immer noch im Fleisch steckte, komplett aufgeschlitzt worden. Die Priesterin schnaufte entsetzt auf, als sie die Wunde sah. Aber die Magierin war noch am Leben. Noch war es nicht zu spät. Es durfte noch nicht zu spät sein. Die Priesterin biss sich auf die Lippe.
»Höchst barmherzige Erdmutter. Bitte lege deine Hände auf die Wunden dieser Person.«
Sie zog ihren Stab an die Brust und streckte eine Hand zu den herausragenden Eingeweiden der Magierin aus. Während man mit Magie die Regeln der Welt veränderte, war }Heilen{ zweifelsohne das Werk der Götter. Durch das aufopfernde Gebet der Priesterin entstand an ihren Handflächen ein Leuchten, das auf die Magierin übersprang. Das Licht verschwand in ihr und der aufgetrennte Bauch begann sich langsam wieder zu schließen. Aber natürlich schauten die Goblins nicht tatenlos zu.
»Ihr verdammten Goblins! Wie könnt ihr nur?!«, endlich hatte der Schwertkämpfer bemerkt, was passiert war, und griff die Bestien an.
Er warf die Fackel weg und hielt das Langschwert in beiden Händen. Mit dem ersten Streich erwischte er die Kehle eines Goblins.
»Guia?!«​
»Der nächste!«
Mit ausgestrecktem Schwert wirbelte er um die eigene Achse und durchtrennte den Oberkörper eines weiteren Goblins. Eine gewaltige Blutfontäne spritzte aus dem heraus, was von dem Monster übrigblieb. Im Blutrausch forderte der Schwertkämpfer den Rest der Goblins heraus:​
»Hey, was ist los? Kommt doch!«
Er war der zweitälteste Sohn eines Bauern und hatte schon als kleiner Junge davon geträumt, ein tapferer Ritter zu werden. Er wusste zwar nicht, wie man Ritter wird, aber auf jeden Fall durfte man kein Schwächling sein. Die Ritter aus seinen Gutenachtgeschichten kämpften gegen Monster, besiegten das Böse und retteten die Welt. Und so wie er jetzt die kleinen Goblins zerschlug und die Frauen beschütze, war er der Retter seiner Freunde und für sich damit ein wahrer Ritter. Der Schwertkämpfer begann zu grinsen. Während das heiße Blut durch seinen Körper pumpte, konzentrierte er sich komplett auf den Feind.
»Warte! Allein schaffst du das nicht!«
Doch leider war er noch kein Ritter und schon bevor er die Stimme der Faustkämpferin vernahm, bohrte sich ein Dolch in seinen Oberschenkel.
»Ngh ... Du verdammter ... !«
Auch wenn er den nächsten Goblin schwer an der Brust verletzte, war seine Klinge durch das ganze Blut bereits stumpf geworden. Er benötigte einen zweiten Hieb, um dem Goblin ein Ende zu bereiten, doch keine Sekunde später versuchte ein weiterer Goblin, ihn von hinten anzugreifen.​
»Dann weiter!«​
Als er mit seinem Langschwert herumwirbelte, gab es ein kurzes klingelndes Geräusch und der Schwertkämpfer merkte, dass sein Schwert an der Felswand hängen geblieben war. Es war sein Ende. Die Fackel auf dem Boden erlosch und als sich die Dunkelheit über ihn legte, hatte er das Gefühl, die Schmerzensschreie seine Kameraden noch lauter hören zu können. Er hatte weder Schwert noch Schild und ihn schützte nur ein Brustpanzer vor dem, was kommen würde, und er wusste, dass das nicht genug war.​
»So was!«
Die Faustkämpferin konnte nur mitansehen, wie der Mann, zu dem sie sich hingezogen fühlte, von den kleinen Biestern abgeschlachtet wurde. Sie war kreidebleich, aber schaffte es irgendwie, Kampfhaltung einzunehmen. Sie rief der Priesterin und der Magierin zu:
»Ihr beide. Lauft weg!«
»A ... Aber ... «, erwiderte die Priesterin, obwohl sie genau wusste, dass sie hier nichts tun konnte.
Trotz des gewirkten Heilwunders schien es der Magierin in ihren Armen nicht besser zugehen.​
Einige der Goblins starrten die Faustkämpferin an, während die anderen sich weiter an dem längst toten Schwertkämpfer vergingen. Die Faustkämpferin schnalzte kurz mit der Zunge und stürzte sich auf die kleinen Biester.​
»Hejaaah!«​
Sie setzte ihren gut trainierten Körper ein und befolgte die Grundsätze der Kampftechnik, die ihr Vater sie gelehrt hatte. Sie würde hier nicht sterben. Die Techniken ihres bereits verstorbenen Vaters würden niemals gegen einfache Goblins verlieren. Ich kann ihnen nicht verzeihen, dass sie ihn umgebracht haben. Einer ihrer Schläge traf einen der Goblins und sorgte nicht nur dafür, dass er davonflog, sondern auch dafür, dass sein Darm und sein Magen sich währenddessen entleerten. Mit einer Drehung vollführte sie einen blitzschnellen Handkantenschlag, der einen weiteren Goblin traf. Die Halsknochen dieses Goblins gaben nach und sein Kopf knickte in einem unmöglichen Winkel zur Seite. Die Lücke, die die zwei getöteten Goblins hinterlassen hatten, nutzte die Faustkämpferin, um fest aufzutreten und zu mächtigen Tritten auszuholen, welche zwei der kleinen Biester gegen die Tunnelwand schleuderten.​
»Ah?!«
Plötzlich traf sie mit einem ihrer Tritte auf einen Widerstand, der nicht nachgab, und spürte, wie ihr Fuß verdreht wurde. Die Faustkämpferin wurde kreideweiß im Gesicht. Eigentlich sollten Goblins nicht größer sein als Kinder, aber ...
»HURGGGGGGG!«​
Mit einem kehligen Knurren atmete der gewaltige Goblin vor ihr seinen fauligen Atem aus. Obwohl die Faustkämpferin alles andere als kleinwüchsig war, musste sie zu ihm aufblicken. Spielend leicht riss er die Faustkämpferin an ihrem Fuß in die Höhe und schlug sie gegen die Wand der Höhle. Sie hatte gar keine Zeit zu schreien, bevor sie gegen die Wand auf der anderen Seite des Tunnels krachte und dann auf den kalten harten Steinboden geworfen wurde.​
»Hngh. Gah?!«​
Ihre Schmerzensschreie klangen alles andere als menschlich und während sie die Kontrolle über ihren Körper verlor, stürzten die kleineren Goblins sich auf sie. Die Biester kannten kein Erbarmen und begannen die Frau widerlich zu misshandeln, während sie sich die Seele aus dem Leib schrie. Die Priesterin konnte in ihren Schreien einige Worte verstehen:​
»Lauft weg.«
»Vergib mir!«, rief die Priesterin.
Sie stützte die Magierin so gut es ging und lief stolpernd mit ihr los. Sie lief und lief und lief. Sie konnte nichts sehen und der Boden war uneben, aber sie lief, so schnell sie konnte.​
»Vergib mir ... Vergib mir ... Vergib mir ... Vergib mir!«
Obwohl sie außer Atem war, wiederholte sie unaufhörlich diese Wörter. Sie wusste, dass sie immer tiefer in die Höhle lief, aber ...
»A... Ahl«
Noch nie in ihrem Leben hatte sie ein schrecklicheres Geräusch gehört, als die sich in diesem Moment nähernden Schritte der Goblins. Sie durfte nicht stehen bleiben und noch viel weniger durfte sie sich umdrehen. Sie verstand jetzt, warum die Gilden Angestellte reagiert hatte, wie sie reagiert hatte. In der Tat, Goblins waren schwach. Selbst frischgebackene Abenteurer konnten einzelne von ihnen einfach erledigen. Körperbau, Intelligenz und Stärke waren mit der eines menschlichen Kindes vergleichbar. Aber Goblins waren nicht wie normale Kinder. Sie waren mordlustige, schwer bewaffnete Kinder, die Übel anrichten wollten. Auch wenn einer von ihnen leicht zu besiegen war, waren fünfzehn eine ganz andere Geschichte. Die Priesterin und ihre Kameraden hatten darüber nicht nachgedacht. Sie waren schwach, unreif, unerfahren und hatten weder Geld noch Glück. Ihre Gegner, die Goblins, waren hingegen zahlreich.​
»Ah!«
Die Priesterin verhedderte sich im Saum ihrer Kleidung und fiel zu Boden. Die Kratzwunden an Gesicht und Händen schmerzten zwar, aber viel schlimmer war, dass die hilflose Magierin mit ihr gestürzt war. Sie rannte zu ihr und hob den Körper ihrer Kameradin an.
»Es tut mir leid ... Alles in Ordnung?!«
»Oh ... Äh ... «
Blutiger Schaum quoll der Magierin aus dem Mund. Während die Priesterin sich auf das Laufen konzentriert hatte, hatte sie nicht gemerkt, wie heiß der Körper der Magierin geworden war. Ihre Robe war von Schweiß durchtränkt.​
»Wa ... Warum?!«
Die Priesterin begann an sich selbst zu zweifeln. Hatte die Göttin ihre Gebete etwa nicht erhört? Sie tastete unter der Kleidung der Magierin und fand keine Wunde, was bedeutete, dass sie eigentlich gewirkt haben mussten.
»Ähm, was ... soll ich jetzt tun«
Die Priesterin war verzweifelt. Würde ein erneutes Heilwunder sie heilen können? Sollte sie nicht etwas anderes probieren, wenn es beim ersten Mal nicht geklappt hatte? Würde sie mit ihren verzweifelten Worten überhaupt die Göttin erreichen?
»Ah ... Ngh ... «
Plötzlich durchzog die Priesterin ein grässlicher Schmerz und sie fiel vornüber. Etwas war aus der Dunkelheit heran geschossen und hatte sich in ihre Schulter gebohrt. Es war ein Pfeil und das Blut aus der Wunde färbte ihr Priestergewand rot. Die Priesterin trug keine Rüstung, weshalb ein Pfeil problemlos ihre Kleidung durchbohren konnte. Auch wenn die Lehren übermäßige Rüstungen verboten, hatte es ihr vor allem an Geld gefehlt. Der Schmerz machte für sie jede Bewegung schwer und die Wunde brannte, als hätte jemand ein heißes Stück Kohle hineingelegt.
»Hngh!«​
Die Priesterin biss mit tränenden Augen die Zähne zusammen, während sie zwei Goblins anstarrten. Sie begannen sich langsam zu nähern, während ihnen der Speichel aus den grinsenden Fratzen lief. Vielleicht wäre es für die Priesterin einfacher gewesen, wenn sie sich auf der Stelle die Zunge hätte abbeißen können, um so ihr Leben selbst zu beenden. Da ihr Glaube aber keinen Selbstmord erlaubte, blieb ihr wohl nur das gleiche Schicksal wie das ihrer Kameraden. Würden die Goblins sie zerstückeln? Würden sie sich auf unbeschreibliche Art und Weise an ihr vergehen? Oder vielleicht sogar beides?​
» Uhh ... Urgh ... <<
Die Priesterin zitterte fürchterlich. Sie zog die Magierin fest an sich, um sie zu beschützen, aber merkte, wie sie sich vor Angst erleichterte. Die Goblins verzogen erregt ihre Gesichter, als sie dies rochen. Die Priesterin rief mehrfach nach der Erdmutter, aber diese antwortete nicht ...
» Wa ... ? «
Plötzlich sah die Priesterin ein entferntes Licht. Es war wie der Abendstern, der sich stolz aus der alles verschlingenden Dämmerung erhob. Es war ein kleiner leuchtender Punkt, der sich langsam näherte, gefolgt vom Ton entschiedener Schritte. Die Goblins drehten sich um und kurz darauf konnte die Priesterin die sich nähernde Gestalt erkennen ... Es war ein äußerst schäbig aussehender Mann. Er trug eine verdreckte Lederrüstung und einen Eisenhelm. In der Hand des linken Arms, um den ein kleiner Schild gebunden war, trug er eine Fackel. In der Rechten hielt er ein mittellanges Schwert. Selbst sie als Anfängerin hatte eine bessere Ausrüstung.
»Nicht! Komm nicht her!«
Sie wollte ihn anschreien, aber die Angst lähmte ihre Zunge. Sie schämte sich dafür, dass sie nicht so mutig wie die Faustkämpferin war. Einer der Goblins legte einen Pfeil auf die Sehne seines Bogens, zog sie zurück und feuerte ab. Es war ein kruder Pfeil mit einem Stein als Spitze und auch der Umgang mit dem Bogen war primitiv, aber die Dunkelheit war auf der Seite der Goblins. Selbst so einem Pfeil konnte man in solch einer Dunkelheit ...
»Hmpf.«
Der Mann schnaufte kurz und schlug den Pfeil mit einem schnellen Schwertstreich aus der Luft. Während der eine Goblin noch nicht begriffen hatte, was gerade passiert war, stürzte sich der andere auf den Eindringling. Er stieß von oben mit seinem rostigen Dolch auf den Gegner ein und bohrte ihn zwischen die Schulterelemente der Rüstung.
»Ah!«
Die Priesterin schrie kurz entsetzt auf, aber ihr hallte gleich der Klang von Metall auf Metall entgegen. Ein Kettenhemd unter der Rüstung hatte den Dolch aufgehalten. Mit einem dumpfen Knall schleuderte der Fremde den Goblin gegen die Wand und hielt ihn dort mit seinem Schild fest.
»Eins«, murmelte der Mann und drückt seine Fackel in das Gesicht des Goblins.
Ein fast unerträglicher Schmerzensschrei und der Geruch von verbranntem Fleisch breiteten sich in der Höhle aus. Der Goblin zappelte wie verrückt, aber das Schild hielt ihn fest an der Wand. Als er aufhörte, sich zu bewegen, versicherte sich der Mann, dass der Goblin wirklich tot war, und ließ ihn los. Mit einem schweren Plumpsen fiel der Goblin zu Boden. Mit einem gekonnten Tritt schaffte der Mann die Leiche aus dem Weg. Es war ein außergewöhnliches Schauspiel und die Priesterin war nicht die einzige, die Angst hatte. Der andere Goblin wollte fliehen, doch die Priesterin versperrte ihm den Weg. Auch wenn es ihr alles andere als gut ging, schaffte sie es, ihren Stab hochzuhalten. Sie hatte reflexartig reagiert und es war eine eigentlich komplett sinnlose Form des Widerstands, aber es war trotzdem genug, um den Goblin für einen winzigen Moment zögern zu lassen. Dieser überlegte, was er tun sollte, doch bevor er zu einem Ergebnis kam, nahm ihm der unbekannte Mann die Entscheidung ab, indem er sein Schwert nach ihm warf. Einen Augenblick später fiel der Goblin mit gespaltenem Schädel zu Boden.
»Zwei.«
Kaum war der Kampf beendet, trat er gegen die Leiche des Goblins. Sein dreckiger Eisenhelm, die Lederrüstung und das Kettenhemd waren vom Blut des Monsters dunkelrot gefärbt. In der Hand des linken Arms, an dem ein verschrammter kleiner Schild befestigt war, trug er eine Fackel. Mit der Rechten zog er sein Schwert aus dem Kopf der Leiche, die er gerade getreten hatte. Es war ein billiges Langschwert von durchschnittlicher Länge, an dem Hirnteile des Goblins hingen. In der Schulter des Mädchens, das vor ihm auf dem Boden kauerte, steckte ein Pfeil. Es hatte langes, goldenes Haar und ihr gepflegtes, schmales Gesicht hatte sich vor Angst und Schmerz komplett verzogen. Die dünnen Arme und Beine ihres zarten Körpers waren von einer heiligen Kluft umhüllt, die sie als Priesterin zu erkennen gab. In einer Hand hielt sie einen Stab.
»Wer ist dieser Mann vor mir?«, dachte die Priesterin. Ist er etwa auch ein Feind wie die Goblins, oder vielleicht sogar ein viel schlimmeres Monstrum? Er sah wie ein menschlicher Mann aus, aber seine Haltung und sein Auftreten wirkten sonderbar auf sie.
»Ähm ... Wer bist du?«, fragte sie ängstlich und vom Schmerz gequält die Gestalt vor ihr.
»Goblin Slayer.«
Jemand, der nicht gegen Drachen oder Vampire, sondern gegen die schwächsten aller Monster kämpft. Jemand, der Goblins tötet. In anderer Lage hätte sie diesen Namen vielleicht als lächerlich empfunden, aber in diesem Moment wäre sie nie darauf gekommen.​
* * *
Wie mag die Priesterin für diesen Mann ausgesehen haben, als sie so verdutzt vor ihm saß? Er ging direkt auf sie zu und sie konnte selbst aus direkter Nähe nicht die Augen des Mannes in der Rüstung ausmachen. Es war fast, als steckte nichts außer Finsternis in der Rüstung.​
»Anfängerin?«, fragte Goblin Slayer ruhig, während er das Abzeichen an ihrem Hals kontrollierte.
Als er sich dann vornüberbeugte, um die Fackel kurz auf dem Boden abzulegen, fiel sein eigenes Abzeichen heraus. Selbst im schwachen Licht war zweifelsohne ein silbernes Glitzern zu erkennen.
»Ja ... «
Die Priesterin war sich bewusst, was das zu bedeuten hatte. Der Silber Rang war der dritthöchste von insgesamt zehn Abenteurer Rängen. Nur die wenigsten Abenteurer hatten jemals den Platin Rang erreicht und Gold Ränge kümmerten sich um Angelegenheiten auf Staatsebene. Der Silber Rang war der höchste Abenteurer-Rang, den man auf normalen Wegen erreichen konnte.
»Ein Abenteurer mit Silber-Rang.«
Verglichen mit der Priesterin war er gewiss ein Veteran. Wenn Sie etwas länger warten, werden bestimmt auch noch andere Abenteurer kommen ... Die Priesterin musste sich an die Worte der Gilden Angestellten erinnern. Hatte sie etwa von diesem Mann gesprochen?
»Gut. Du kannst sprechen.«
»Wie?«
»Du hast Glück.«
Es war fast unmenschlich, wie entspannt er war. Während die Priesterin noch nach einer Antwort suchte, riss Goblin Slayer plötzlich den Pfeil aus ihrer Schulter. Die Pfeilspitze hatte ein Stück ihres Fleisches mit herausgerissen und während die Wunde stark blutete, bildeten sich Tränen in ihren Augen. Goblin Slayer schien das jedoch nicht weiter zu kümmern und er zog ein kleines Fläschchen aus der Tasche an seiner Hüfte.​
»Trink das.«
In dem durchsichtigen Glasbehälter befand sich eine leuchtend grüne Medizin, ein Heiltrank. Die Priesterin wusste nicht, ob sie den Trank annehmen sollte, und schwenkte ihren Blick zwischen dem Fläschchen und der verletzten Magierin hin und her.
»Da ... Darf ich ihn auch für sie benutzen? Meine Wunder ... «
» Wo und wie wurde sie verletzt?«, unterbrach Goblin Slayer sie.
»Ä ... Ähm, anscheinend wurde sie mit einem Dolch in den Bauch gestochen.«
»Aha.«
Goblin Slayer tastete den Bauch der Magierin ab. Als er schließlich an verschiedenen Stellen drückte, spuckte sie würgend Blut.
»Vergiss es.«
Die Priesterin wurde kreidebleich. Noch immer hielt sie die Magierin fest in den Armen.
»Schau.«
Goblin Slayer zog den Goblin Dolch aus seiner Rüstung. Die Klinge war mit einer pechschwarzen Flüssigkeit überzogen.
»Das ist Gift.«
»Gift ... ?«
»Sie vermischen Kräuter aus den Bergen mit ihren eigenen Exkrementen. Damit reiben sie dann ihre Klingen ein.«
Du hast Glück. Endlich verstand die Priesterin, was Goblin Slayer damit gemeint hatte, denn der Goblin hatte seine Pfeilspitzen nicht mit diesem Gift eingerieben. Hätte der Goblin mit dem Dolch sie angegriffen ...​
»Ist es erst einmal in deinem Körper, kannst du nicht mehr atmen, deine Zunge ist gelähmt, dein ganzer Körper verkrampft, du bekommst Fieber und stirbst.«
Er wischte das Gift vom Dolch und steckte ihn in seinen Gürtel. »Goblins sind schließlich dreckig.«
» Können wir nicht irgendwie ... das Gift neutralisieren ... ? «
» Ich habe ein Gegengift, aber für sie ist es längst zu spät.«
In diesem Moment trafen sich die Blicke von Goblin Slayer und der Magierin. Während das Blut in ihrem Mund blubberte und ihre Lippen zitterten, murmelte sie ein paar fast unverständliche Worte:​
» ... ö ... te ..... .ich.«
»Okay.«
Ohne zu zögern bohrte Goblin Slayer einen Dolch in die Kehle der Magierin. Nachdem sie ihren letzten Atemzug getan hatte, zog Goblin Slayer den Dolch wieder heraus. Er stellte fest, dass die Klinge durch das Blut stumpf geworden war, schnalzte mit der Zunge und sagte:​
»Man darf sie nicht leiden lassen.«
»Warum? Sie hätte noch ... «, schrie die bleiche Priesterin, während sie den leblosen Körper in den Armen hielt.
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte die Magierin nicht retten können, aber war es wirklich für deren Wohl gewesen, dass sie hier getötet wurde? Die Priesterin trank weder den Heiltrank, noch stand sie auf, sondern zitterte einfach.​
»Hörst du? Sie sind dumm, aber nicht hilflos«, Goblin Slayer sprach mit ihr.
»Sie haben zuerst euren Magier angegriffen ... Schau.«
Er zeigte auf einen Rattenschädel, der mit Krähenfedern geschmückt und an der Wand befestigt war.
»Ein Goblin Totem. Das ist ein Zeichen dafür, dass es hier einen Schamanen gibt.«
»Einen Schamanen?«
»Kennst du sie nicht?«
Die Priesterin schüttelte nur den Kopf, weshalb Goblin Slayer erklärte: »Ein Hexer. Bestimmt stärker als das Mädchen hier«
Sie hatte noch nie von Goblins gehört, die hexen können. Wäre die Gruppe etwa nicht ausgelöscht worden, wenn sie davon gewusst hätten? Nein, auch dann hätten sie die Gefahr wahrscheinlich unterschätzt.​
»Hast du einen Größeren gesehen?«, fragte Goblin Slayer, während er der Priesterin ins Gesicht starrte.
Diesmal konnte sie ganz schwach seine Augen erkennen. Tief im schmutzigen Eisenhelm sah sie ein kaltes maschinenartiges Leuchten. Sie fühlte sich unwohl dabei, so angestarrt zu werden, ohne das Gesicht ihres Gegenübers sehen zu können.
»Ich glaube, da war einer, aber ... ich bin weggelaufen ... «
Die Priesterin konnte sich nicht mehr genau an die Details erinnern.
»Etwa ein Hob? Haben sie etwa einen >Wanderer< als Leibwächter?«, murmelte Goblin Slayer.
»Ein Hob ... ?«
»Das ist eine Abart«, erklärte Goblin Slayer, während er kurz seine Ausrüstung überprüfte.
»Ich gehe zuerst in diesen Nebentunnel.« Die Priesterin schaute zu ihm hoch, aber er hatte seinen Blick längst in die weite Dunkelheit gerichtet. Er fragte:
» Was machst du? Willst du warten?«
»Ich komme mit!«
Die Priesterin nutze ihren Stab, um unter Tränen aufzustehen. Sie konnte nicht allein zurückgehen und es auch schon gar nicht ertragen, allein hier zurückgelassen zu werden. Ihr blieb keine andere Wahl. Goblin Slayer nickte und sagte nur:​
»Dann trink den Heiltrank.«
Nachdem die Priesterin die bittere Flüssigkeit aus dem Fläschchen hinuntergewürgt hatte, ließ das Pochen ihrer Wunde sofort nach. Der Trank konnte zwar keine größeren Wunden heilen, aber zumindest war er dazu fähig, die Schmerzen zu stillen. Sie atmete erleichtert aus. Kaum hatte die Priesterin den Trank zu sich genommen, setzte sich Goblin Slayer mit festen Schritten in Bewegung und die Priesterin hastete ihm hinterher, um nicht zurückgelassen zu werden. Sie drehte sich ein letztes Mal um und schaute auf die Leiche der Magierin. Sie biss sich fest auf die Lippe und schwor, später wieder zurückzukommen.
* * *
Es war nicht weit bis zu dem Nebentunnel, den Goblin Slayer ausgewählt hatte, aber es waren nirgends Goblins zu sehen. Stattdessen fanden sie nur einen grässlichen Fleischklumpen, der bis vor kurzem noch der Schwertkämpfer gewesen war. Der Geruch von Blut und Eingeweiden wurde von der Zugluft durch die Höhle geblasen.​
»Öööörk ... «
Die Priesterin musste sich beim Anblick der sterblichen Überreste ihres ehemaligen Kameraden übergeben. Es kam ihr vor, als wäre ihre letzte Mahlzeit schon mehrere Jahre her ... Nein, selbst dass der Schwertkämpfer sie auf dieses Abenteuer eingeladen hatte, schien ewig her zu sein.
»Waren es neun?«
Goblin Slayer ignorierte ihre Lage und zählte die Leichen der Goblins.
»Bei der Größe dieses Baus wird wohl noch die Hälfte von ihnen übrig sein.«
Er nahm sich das Schwert und den Dolch des Schwertkämpfers und steckte beides in seinen Gürtel. Er durchsuchte auch die Goblins, aber schien nichts Zufriedenstellendes zu finden. Die Priesterin hielt sich die Hand vor den Mund und warf ihm tadelnde Blicke zu, doch das schien ihn nicht zu stören.​
Er fragte:
»Wie viele?«
»Was?«
»Ich habe an der Anmeldung nur gehört, dass Anfänger ausgezogen sind, um Goblins zu töten.«
»Wir waren vier ... Ah!«
Plötzlich realisierte die Priesterin, dass sie ein Mitglied ihrer Gruppe komplett vergessen hatte. Die Faustkämpferin war nirgends zu sehen.
»Eine Frau?«
»Ja ... «
Goblin Slayer kniete sich hin, um sich den Boden genauer anzuschauen. Neben Fußspuren, Blut und Dreck fand er Abdrücke, dass jemand weggeschleift wurde.
»Sie wurde tiefer hinein verschleppt. Ich weiß aber nicht, ob sie noch lebt.«
»Wir müssen sie retten!«, rief die Priesterin, doch anstatt auf ihren Aufruf zu antworten, zündete Goblin Slayer eine neue Fackel an und warf die alte in den Nebentunnel.
Er sagte: »Goblins können im Dunkeln sehen. Mach etwas Licht und achte auf Geräusche.«
Die Priesterin spitzte die Ohren. Weiter hinten im Tunnel konnte sie das patschende Geräusch von Schritten hören. Es mussten Goblins sein. Sie mussten das Licht der Fackel gesehen haben und kamen nun, um nachzuschauen. Goblin Slayer zog einen Dolch von seinem Gürtel und warf ihn in die Dunkelheit. Kurz darauf brach ein Goblin mit einem Dolch in der Kehle im Licht der Fackel zusammen. Da er Angst hatte, dass das Röcheln des sterbenden Goblins dessen Artgenossen warnen könnte, sprang Goblin Slayer auf und rannte zu ihm, um ihm den Todesstoß zu versetzen. Es verlief alles blitzschnell.​
»Zehn.«
Goblin Slayer setze ruhig seine Zählung fort. Die Priesterin starrte in den dunklen Nebentunnel und fragte ängstlich:
» Kannst du etwa auch im Dunkeln sehen?«
»Nicht doch. Ich habe einfach nur geübt, die Kehle dieser Biester zu treffen.«
Wissend, dass es bereits stumpf sein musste, ließ Goblin Slayer sein Schwert einfach in dem Goblin stecken. Als er dann das Schwert des Schwertkämpfers zog, musste er allerdings feststellen, dass dieses viel zu lang für Kämpfe in den engen Tunneln der Höhle war. Da er keine andere Wahl zu haben schien, griff er zu dem Speer des eben erlegten Goblins. Es war ein kruder aus Tierknochen gefertigter Speer, den ein Mensch bequem in einer Hand führen konnte.​
»Geübt? Wie viel denn?«
»Sehr viel.«
»Sehr viel?«
»Du stellst zu viele Fragen. Was kannst du?«, fragte er.
»Was?«
Die Priesterin verstand nicht, was Goblin Slayer von ihr wissen wollte. Während er weiterhin in die Dunkelheit des Tunnels starrte, antwortet er:
»Ich meine deine Wunder.«
»Ich beherrsche die Wunder {Heilen} und {Heiliges Licht}.«
» Und wie häufig?«
»Insgesamt dreimal ... Mir bleiben noch zwei.«
Das war zwar nichts, womit man angeben konnte, aber für eine Anfängerin war die Priesterin begabt. Es war allein schon ein Talent, dass die Götter überhaupt jemandes Gebete erhörten und somit das Wirken von Wundern erlaubten. Es gab nicht viele, die mehrfach solch eine Verbindung aufbauen konnten, denn es benötigte viel Erfahrung.​
»Besser als erwartet«, sagte Goblin Slayer, doch irgendwie fühlte es sich nicht wie ein Lob für die Priesterin an, denn es schwang keinerlei Emotion in seinen Worten mit.
»Nutze nur {Heiliges Licht}, {Heilen} ist hier nutzlos.«
»Ve ... Verstanden ... «
»Der Goblin eben war nur ein Späher. Wir sind auf dem richtigen Weg.«
Er zeigte mit dem Speer auf den Tunnel, aus dem der Goblin gekommen war.
»Aber der Späher wird nicht zurückkommen. Genauso wenig die, die deine Kameraden getötet haben, denn die habe ich erledigt. Was machen die Biester jetzt?«
»Was?«
»Was würdest du machen, wenn du einer dieser Goblins wärst?«
Die Priesterin legte ihren Finger auf ihre Lippen und überlegte. Was würde sie als Goblin tun? Sie antwortete:
»Ich würde uns auflauern.«
»Ganz genau«, erwiderte Goblin Slayer ruhig.
»Sie warten auf uns. Mach dich bereit.«
Er nahm ein Seil zusammen mit zwei Holzpflöcken aus seiner Tasche. Er schlug die zwei Pflöcke mit Abstand in den Boden und spannte das Seil zwischen ihnen.​
»Das ist unser Glücksbringer«, sagte Goblin Slayer, ohne den Blick von seiner Arbeit zu nehmen.
»Merk es dir. An der Abzweigung. Vergiss das nicht. Sonst stirbst du.«
»J ... Ja. An der Abzweigung. An der Abzweigung.«
Die Priesterin umklammerte ihren Stab und wiederholte die Worte mehrfach, um es ja nicht zu vergessen. Sie konnte sich gerade nur auf diesen Mann verlassen, der sich ihr zwar als Goblin Slayer vorgestellt hatte, aber über den sie sonst nichts wusste. Sollte er sie hier im Stich lassen, wäre es das Ende für sie, die Faustkämpferin und die entführten Mädchen aus dem Dorf.​
»Wir gehen.«
Zusammen mit Goblin Slayer trat sie über das Seil hinweg und betrat den Nebentunnel. Da er wirklich gut ausgearbeitet war, machte er überhaupt nicht den Eindruck, als wäre er ausschließlich für Überraschungsangriffe errichtet worden. Aber sie musste auf der Hut sein, denn dies war kein Menschengebiet mehr. Goblins sind Wesen, die unter der Erde leben. Die Priesterin hätte es schon viel früher wissen sollen, aber ihr wurde es erst jetzt bewusst. Während sie auf den Rücken des Mannes vor ihr schaute, passte sie auf, wohin sie trat. In seinem Verhalten konnte man keinen Hauch von Angst erkennen. Wusste er etwa schon, was sie beide erwartete?
»Wir sind gleich da.«
Goblin Slayer blieb plötzlich stehen.
»Heiliges Licht!«, erinnerte er sie an ihre Aufgabe.
»J ... Ja, ich kann es jederzeit wirken.«
»Mach es.«
»Höchst barmherzige Erdmutter. Schenke uns, die durch die Dunkelheit irren, dein heiliges Licht.«
Goblin Slayer sprang nach vorn, während die Priesterin ihren Stab in die Dunkelheit streckte. An der Spitze ihres Stabs leuchtete ein Licht auf, das wie die Sonne alles erhellte. Mit diesem Licht im Rücken war Goblin Slayer furchtlos in den vor ihnen liegenden Raum gesprungen. Es handelte sich um den größten Freiraum dieser Höhle, worin es sich sechs normale Goblins, ein größerer Goblin und einer mit einem Schädel als Kopfbedeckung gemütlich gemacht hatten. Der Goblin mit der Kopfbedeckung saß auf einer Art Stuhl. Auf dem Boden des Raums lagen mehrere Frauenkörper, die sich nicht regten. Was für schauderhafte Dinge mit ihnen veranstaltet wurden, musste wohl nicht gesagt werden. Das strahlende Licht des Wunders ließ die Goblins fassungslos aufschreien.​
»GAUI?!« »GORRR?«​
»Sechs, ein Hob, ein Schamane. Also acht.«
Goblin Slayer überprüfte ruhig die Anzahl der Gegner.
»OGAGO ... GRAROA ... «
Der Schamane fuchtelte wild mit seinem Stab durch die Luft und schien eine unerkennbare Zauberformel zu sprechen, doch bevor er diese beenden konnte, flog Goblin Slayers Speer durch die Luft. Dieser durchbohrte die Brust des Schamanen, der einen grellen Todesschrei von sich gab, bevor er von seinem Sitz stürzte. Obwohl ihr Anführer gerade getötet worden war, starrten die restlichen Goblins noch etwas verdutzt in die Gegend. Diese Chance nutzte Goblin Slayer, zog das Schwert des Schwertkämpfers aus der Scheide und rief:​
»Zurück!«
»Wie?! Äh, ja!«
Sobald diese Worte seine Lippen verlassen hatten, drehte er sich um und rannte los. Obwohl die Priesterin nicht verstand, was der plötzliche Rückzug zu bedeuten hatte, folgte sie ihm. Die Goblins setzten ihnen nach. Obwohl die Priesterin mit aller Kraft rannte, hatte Goblin Slayer sie mit einem Satz überholt. Wie konnte er mit seiner Ausrüstung überhaupt so gewandt sein? Sie sah, wie er an der Abzweigung einen Sprung machte, und erinnerte sich an die Falle. Sie sprang darüber und lehnte sich wie Goblin Slayer an einer der Wände neben dem Ausgang des Nebentunnels.​
»GUIII!!« »GYAA!!«​
Die wilden Beschimpfungen und die Schrittgeräusche zeugten davon, dass die Goblins ihnen immer noch folgten. Als die Priesterin einen Blick auf die Gruppe erhaschte, erkannte sie, dass diese von dem Hobgoblin angeführt wurde.​
»Noch einmal!«, befahl Goblin Slayer ihr.​
Die Priesterin nickte, streckte ihren Stab in den Nebentunnel und sprach:
»Höchst barmherzige Erdmutter. Schenke uns, die durch die Dunkelheit irren, dein heiliges Licht.«
»GAAU?!«​
Der geblendete Hobgoblin übersah das zu seinen Füßen aufgespannte Seil und stürzte.
»Elf.«
Sofort sprang Goblin Slayer hervor und bohrte seine Klinge in das Rückgrat des Gegners. Der Hobgoblin stieß noch ein paar unverständliche Worte aus, bevor sich sein Körper verkrampfte und er starb.​
»Die anderen kommen!«, rief die Priesterin.
Sie hatte ihre Wunder aufgebraucht und war körperlich vollkommen erschöpft.
»Ich weiß.«
Goblin Slayer holte ein Fläschchen aus seiner Tasche und zerschlug es auf der Leiche des Hobgoblins. Das Gefäß zerbrach und heraus lief eine klebrige Flüssigkeit, die an Exkremente erinnerte. Da sie außerdem schrecklich roch, hielt die Priesterin sie für ein ihr bisher unbekanntes Gift.​
»Bis dann«, sagte Goblin Slayer und trat den gewaltigen Körper in den Tunnel hinein.
Die verfolgenden Goblins erschraken, aber gingen dennoch zum Angriff über. Erst als sie merkten, was der Fleischklumpen eigentlich war, verloren sie die Fassung.
»Zwölf und dreizehn.«
Goblin Slayer warf seine Fackel dem Leichnam hinterher und mit einem Donnern wurden die Überreste des Hobgoblins und zwei weitere Goblins in ein Meer aus Flammen gehüllt.
»GYUlAAAAAAAA?!?!?!?!«​
Die Goblins schrien grell auf, bevor sie sich auf den Boden warfen und noch eine Zeit lang zappelten. Durch den Gestank von verbranntem Fleisch und dem aufsteigenden Rauch musste die Priesterin husten. Sie fragte:​
»Wa ... Was war das?«
»Es wird Medeaöl oder Petroleum genannt. Ich habe es von einem Alchemisten gekauft«, erklärte Goblin Slayer.
»Dafür, dass es so teuer ist, hat es nur begrenzte Wirkung.«
»Di ... Die entführten Personen!«, entgegnete die Priesterin.
» Nur durch zwei, drei Leichen wird sich das Feuer kaum ausbreiten.
Wenn sie noch leben, wird sie das hier nicht umbringen.«
Nach einer kurzen Pause ergänzte er:
»Aber die Goblins sind auch noch nicht alle tot.«
» Dann willst du also wieder reingehen?«
»Nein, der Rauch wird sie schon raus treiben.«
Goblin Slayer hatte das Schwert des Schwertkämpfers in dem Hobgoblin stecken lassen und nahm sich deshalb die Steinaxt, die aus der Hand des Hobgoblins gefallen war. Sie war eigentlich nichts weiter als ein scharfer Stein, der an der Spitze eines Schafts befestigt worden war. Er schlug damit mehrfach schnell durch die Luft und es stellte sich heraus, dass er sie gut in einer Hand führen konnte. Als nächstes wühlte er in seiner Tasche und zog eine neue Fackel heraus.​
»Ach«, murmelte die Priesterin und nahm ihren Feuerstein in die Hand, aber Goblin Slayer schaute nicht in ihre Richtung.
»Diese Biester denken überhaupt nicht daran, dass man ihnen auflauern könnte ... Keine Angst, es ist gleich vorbei«, sagte Goblin Slayer.
Er behielt recht. Er erledigte gelassen die Goblins, die aus dem Rauch heraussprangen. Der erste stolperte über das Seil und brach sich den Schädel. Die nächsten beiden schafften es, über das Seil zu springen, aber Goblin Slayer erwischte sie noch im Flug mit der Axt. Da in der Stirn des Vierten die Axt steckenblieb, schnappte Goblin Slayer sich einen Knüppel.​
»Damit wären es siebzehn. Lass uns reingehen.«
»J ... [a.«
Als Goblin Slayer durch den Rauch sprang, versuchte die Priesterin verzweifelt, ihm zu folgen. In dem Raum am Ende des Tunnels sah es grässlich aus. Neben den bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Goblin-Überresten lag der Goblin-Schamane vom Speer durchbohrt am Boden. Zwischen all den Leichen lagen die entführten Frauen und da der Rauch höher im Raum stand, war er für sie keine Gefahr. Jedoch war es vielleicht kein Segen für sie, immer noch am Leben zu sein. Darüber wurde sich die Priesterin bewusst, als sie die Faustkämpferin fand.​
» Uh ... Ööööörk« Die Priesterin konnte mittlerweile nur noch
Magensaft aus ihrem leeren Magen hervorwürgen. Ihre Kehle fühlte sich unfassbar trocken an und sie plagte ein brennender Schmerz. Wieder schossen ihr Tränen in die Augen.
»Nun gut.«
Goblin Slayer ließ sich von der ganzen Szenerie nicht beirren und trat die Reste des Feuers aus. Gezielt näherte er sich dem Schamanen, der vom Speer durchbohrt auf der Seite lag. Sein Gesichtsausdruck zeigte, wie sehr er von seinem eigenen Tod überrascht worden war.
»Also doch«, sagte Goblin Slayer und riss den Knüppel nach oben.​
»GUI?!«​
Der Schamane, der sich offensichtlich tot gestellt hatte, versuchte aufzuspringen, aber er war nicht schnell genug. Goblin Slayer zerschmetterte ihm endgültig den Schädel.​
»Achtzehn, Die Entwickelten sind unnötig zäh.«
Mit diesem Kommentar trat er gegen den Stuhl des Schamanen, der darauf auseinanderbrach. Als die Priesterin erkannte, dass er aus Menschenknochen bestand, musste sie erneut würgen.
»Es ist wie immer ... Schau«, forderte Goblin Slayer sie auf.
Hinter dem Stuhl befand sich eine verrottete Holzplatte. Zuerst vermutete die Priesterin eine Art Schatzkammer, aber dann hörte sie Geräusche.
»Du hast wirklich Glück«, sagte er und riss das Brett weg.
In dem Raum befanden sich neben geraubten Schätzen auch vier Goblin-Kinder, denen die Furcht ins Gesicht geschrieben stand.
»Goblins vermehren sich schnell. In Kürze wären es fünfzig oder mehr gewesen«, erklärte Goblin Slayer.
Die Priesterin dachte über seine Worte nach und erschauderte bei dem Gedanken, was mit ihr hätte passieren können.
»Willst du auch die Kinder töten?«, fragte die Priesterin, obwohl sie die Antwort eigentlich schon kannte.
Die Erlebnisse des Tages hatten ihr Herz und ihre Gefühle eingefroren, aber sie hoffte, dass es nicht ewig so bleiben würde.
»Natürlich«, antwortete Goblin Slayer gelassen.
Wahrscheinlich hatte dieser Mann schon viele solcher Tage erlebt.
»Sie würden nie vergessen, was passiert ist und aus ihren Erfahrungen lernen.«
Goblin Slayer riss den Knüppel hoch.
»Es gibt keinen Grund, sie am Leben zu lassen.«
»Auch gutmütige Goblins nicht?«, fragte die Priesterin.
»Gutmütige Goblins?« Goblin Slayer dachte ernsthaft über ihre Aussage nach.
» Vielleicht gibt es welche ... Aber gutmütige Goblins lassen sich nicht vor Menschen blicken.«
* * *
Es passierte immer wieder. Dörfer wurden von Goblins überfallen und die Mädchen von dort verschleppt. Frischgebackene Abenteurer versuchten sie zu retten und wurden kurz darauf von den Goblins getötet. Und selbst wenn die Mädchen aus den Fängen der Goblins befreit wurden, traten sie danach, traumatisiert von ihren Erfahrungen, einem Tempel bei. Die vom Verlust ihrer Kameraden entmutigten Abenteurer versteckten sich danach in ihrer Heimat. All dies gehörte zum Alltag dieser Welt. Die Priesterin war sich nicht bewusst gewesen, dass es derart normal war, dass Menschenleben zerstört wurden. Wie sollte sie, mit dieser Realität konfrontiert, noch an die Erdmutter glauben? Sie war sich über vieles nicht mehr sicher, aber zwei Dinge waren für sie klar. Sie würde weiterhin Abenteurerin bleiben und Goblin Slayer würde irgendwann alle Goblins töten.​

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Edward Teach

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Intermission I
Die Götter.

An einem weit entfernten, aber dennoch nahen Ort warf eine Göttin ihre Würfel. Sie besaß die äußere Erscheinung eines süßen Mädchens und wurde Illusion genannt. Ihre Würfel waren bisher sehr wohlwollend für sie gefallen, weswegen sie sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Doch das Glück bleibt selbst den Göttern nicht ewig hold und der nächste Wurf bescherte ihr ein fürchterliches Ergebnis. Sie riss die Hände hoch und stieß einen niedlichen Schrei aus. Egal wie hübsch oder nett Illusion auch sein mochte, sie konnte das Ergebnis der Würfel nicht beeinflussen. Es spielte keine Rolle, wie gut man sich rüstete oder plante, solche Dinge passierten einfach. Ein anderer unbarmherziger und grausiger Gott namens Wahrheit lachte laut über Illusion. Er klatsche freudig und sagte:​
»Ich hab's dir doch gesagt. Es war ein Fehler, den Auftrag anzunehmen.«
Illusion grummelte laut vor sich hin. Sie war auf volles Risiko mit ihrem Abenteurer gegangen und musste jetzt die Konsequenzen tragen. So war es nun mal. Viele Menschen wollten nicht hören, dass sie ein Spielzeug der Götter waren, aber wer sonst sollte über ihr Schicksal entscheiden?
»Lass mich einen neuen Abenteurer erstellen. Diesmal wird es bestimmt besser laufen ... «, sagte Illusion, doch in diesem Moment merkten beide Gottheiten, dass ein neuer Charakter auf ihrem Spielfeld erschienen war. Er war gekommen.​

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Kapitel 2
Der Tag der Kuhhirtin.

Sie hatte von ihrer Kindheit geträumt. Von jenem Sommertag, als sie acht Jahre alt war. Ihre Eltern wollten sie zum Bauernhof ihres Onkels schicken, damit sie dort bei der Geburt der Kälber half. Sie wusste nicht, dass dies nur ein Vorwand war, damit sie sich dort ein wenig amüsieren konnte. Zum ersten Mal sollte sie allein das Dorf verlassen und in die Nähe der Stadt fahren. Sie war fürchterlich aufgeregt, aber als sie dem Jungen davon erzählte, wurde er eifersüchtig. Sie begannen sich zu streiten und es dauerte nicht lange, bis seine Schwester auftauchte und ihn am Arm nach Hause zog. Eigentlich hatte sie ihn einladen wollen, aber ihre Begegnung endete in Tränen. So kam es, dass nur ihre Eltern ihr zum Abschied winkten, als sie in einem Pferdewagen das Dorf verließ. Sie bereute, was geschehen war, und wollte sich bei ihm entschuldigen. Sie dachte, dass sie dazu noch genügend Zeit nach ihrer Rückkehr haben würde ...​
* * *
Die Kuhhirtin war morgens immer sehr früh wach. Der Grund dafür war, dass Goblin Slayer schon vor dem Krähen des Hahns aufstand. Jeden Morgen suchte er die Umgebung des Hofes nach Goblin Fußspuren ab.​
»Goblins bewegen sich in der Nacht und kehren morgens in ihre Nester zurück. Bevor sie einen Ort angreifen, schicken sie immer Späher«, hatte er ihr erklärt.
Nach einer ersten Runde drehte er immer eine zweite und prüfte dabei genauestens den Zaun des Bauernhofs. Falls er lose oder gar kaputte Stellen fand, holte er Pfähle und Balken aus dem Schuppen und reparierte sie.Die Schritte Goblin Slayers in der Nähe des Fensters weckten sie auch heute. Gähnend kroch sie aus ihrem Bett aus Stroh und streckte ihren nackten Körper. Sie zog sich Unterwäsche an und öffnete das Fenster. Der Morgenwind wehte ihr erfrischend ins Gesicht.
»Morgen! Du bist aber früh auf!«
Die Kuhhirtin lehnte sich mit ihrer Brust an den Fensterrahmen.
»]a,«
Wie immer trug er die dreckige Lederrüstung und den Eisenhelm. Am linken Arm trug er einen Schild und an der Hüfte hing ein Schwert.
»Was für ein herrliches Wetter. Die Sonne strahlt richtig«, sagte sie, während sie die Augen wegen des hellen Sonnenlichts zusammenkniff.
»Das stimmt.«
»Ist mein Onkel schon wach?«
»Das weiß ich nicht.«
»Hm ... Er steht bestimmt gleich auf.«
»Ist das so?«
»Du hast sicher Hunger. Lass uns zusammen frühstücken!«
»In Ordnung.«
Er ist wie immer wortkarg, dachte sich die Kuhhirtin und lachte. Damals war er ganz anders. Zumindest glaubte sie das. Jeden Morgen verlief die Unterhaltung zwischen den beiden ähnlich, aber die Kuhhirtin würde sich nie darüber beschweren. Er war ein Abenteurer und begab sich jeden Tag in Gefahr. Sie war bereits froh genug darüber, dass er gesund war. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht zog sich die Kuhhirtin ihre Arbeitskleidung an und begab sich in die Küche. Eigentlich war die Zubereitung der Mahlzeiten zwischen ihm, ihren Onkel und ihr aufgeteilt, aber am Ende war es meistens sie, die kochte. In den Jahren, die Goblin Slayer bereits bei ihnen wohnte, hatte er sich nur wenige Male hinter den Herd gestellt. Zwei- oder dreimal, als ich krank war . . . Es war ein dünner Eintopf gewesen, den er nicht lange genug kochen lassen hatte, aber sie hatte sich nicht beschwert. Irgendwie wünschte sich die Kuhhirtin, dass Goblin Slayer auch manchmal das Frühstück vorbereiten würde, wenn er schon immer so früh aufstand. Aber da Abenteurer ein sehr unregelmäßiges Leben führten, war das wohl zu viel verlangt.​
»Guten Morgen, Onkel. Das Frühstück ist gleich fertig.«
»Ach, guten Morgen. Das riecht aber lecker. Da kriegt man richtig Kohldampf.«
Endlich war auch ihr Onkel, der Besitzer des Hofs, aufgestanden.
»Ich wünsche einen guten Morgen.«
Mit diesen Worten betrat auch Goblin Slayer den Raum.
»Hmpf ... Guten Morgen«, antwortete der Onkel zähneknirschend.
Auf dem Frühstückstisch standen Käse, Brot und eine Suppe, die sie mit Milch gekocht hatte. Es waren alles Dinge, die auf dem Bauernhof hergestellt wurden. »Für diesen Monat«, sagte Goblin Slayer und legte einen Beutel auf den Tisch. Aus der halb zugebundenen Öffnung konnte man das Schimmern von Münzen erkennen.​
»Wie unvernünftig«, dachte der Onkel. Statt eines kleinen Schuppens könnte er sich damit auch eine königliche Suite mieten. Als er nach kurzem Zögern den Beutel an sich nahm, sagte er:
»Das Leben als Abenteurer scheint sich zu lohnen.«
»In letzter Zeit hatte ich viel zu tun«, antwortete Goblin Slayer.
»Ach so. Na dann, wirst du, ähm ... «
Der Onkel war nicht wirklich gut mit Worten, und Unterhaltungen zwischen den beiden endeten häufig auf diese Art. Die Kuhhirtin hatte nie wirklich verstanden, was die Ursache dafür war. Nachdem sich ihr Onkel kurz gesammelt hatte, wechselte er das Thema:​
»Gehst du heute wieder zur Gilde?«
»Ja. Es gibt dort viel zu tun«, antwortete Goblin Slayer mit ruhiger Stimme.
»Ach so ... übertreib es nicht.«
»Jawohl.«
Da die beiden sich nichts mehr zu sagen hatten, begann der Onkel mit mürrischem Gesicht seine Milch zu schlürfen. Um die Stimmung etwas aufzuheitern, sagte die Kuhhirtin:​
»Gut, Ich muss eine Lieferung zur Gilde bringen. Lass uns gemeinsam gehen!«
»Na, wenn das so ist, werde ich den Wagen herausholen ... «, sagte der Onkel.
»Ist schon gut. Ich sehe zwar nicht so aus, aber ich bin ganz schön stark.«
Die Kuhhirtin beugte die Arme und tat so, als würde sie ihre Muskeln zeigen. Sie war sich sicher, dass sie stärker als die gleichaltrigen Mädchen in der Stadt war, aber trotzdem waren ihre Muskeln nicht besonders groß.​
»In Ordnung«, sagte Goblin Slayer kurz und knapp und räumte sein Geschirr weg.
Ohne sich für das Essen zu bedanken, ging er zur Tür.
»Ah, halt. Nicht so schnell. Warte bitte kurz.«
Die Kuhhirtin schaufelte schnell ihr Frühstück herunter.
»Na gut, Onkel. Ich geh dann mal!«
»Ja, komm bald wieder. Und pass gut auf dich auf.«
»Mach dir keine Sorgen. Ich werde doch begleitet.«
Ihr Onkel blickte sie an, als wollte er sagen: „Gerade deswegen“. Die Kuhhirtin wusste, dass ihr Onkel ein aufrichtiger und netter Mann war, aber irgendwie kam er mit Goblin Slayer nicht klar. Vielleicht sollte man eher sagen, dass er Angst vor ihm hatte. Sie konnte aber nicht verstehen warum. Als die Kuhhirtin das Haus verließ, hatte Goblin Slayer schon längst die Umzäunung des Bauernhofs verlassen. Sie eilte ihm hinterher und freute sich, dass sie den Wagen bereits am Vortag beladen hatte. Den Wagen ziehend folgte sie ihm in Richtung Stadt. Auch wenn es nicht übermäßig anstrengend war, bildete sich Schweiß auf ihrer Stirn. Ohne ein Wort verlangsamten sich Goblin Slayers Schritte, aber das hieß nicht, dass er auf sie wartete. Die Kuhhirtin beschleunigte leicht ihr Tempo, um schließlich neben ihm gehen zu können.​
»Danke.«
»Nicht doch«, antwortete er wortkarg.
»Soll ich dir helfen?«
»Nein, ist schon gut.«
Sie wollte seine Hilfe nicht annehmen, da sie ihm auch nicht bei seiner täglichen Arbeit helfen konnte. Es war ihre Aufgabe, Lebensmittel zur Gilde zu bringen, und es war seine, gefährliche Aufträge für die Gilde zu erledigen.​
»Wie läuft es in letzter Zeit?«, fragte die Kuhhirtin.
»Gerade sind sie besonders aktiv.«
Seine Antwort fiel wie immer kurz aus, aber die Kuhhirtin nickte nur fröhlich und sagte:
»Ach so. Dann hast du also gut zu tun.«
»Ja.«
»Du bist viel unterwegs.«
»Ja.«
»Ist doch schön, dass du mehr Arbeit hast.«
»Nein.«
Er schüttelte ruhig den Kopf hin und her.
»Goblins sollten gar nicht existieren.«
* * *
Das Gebäude der Gilde war bereits aus weiter Entfernung zu erkennen. Es ragte als größtes der Stadt über die Stadtmauer empor und stellte damit selbst den weitläufigen Tempel der Erdmutter in den Schatten. Da viele Personen von weit außerhalb anreisten, um der Gilde einen Besuch abzustatten, war die Auffälligkeit des Gebäudes von Vorteil. Hier gibt es echt viele zwielichtige Gestalten. Als der Kuhhirtin dieser Gedanke durch den Kopf schoss, musste sie automatisch lachen, denn die Gestalt, die neben ihr lief, wirkte wahrscheinlich auf die meisten Leute auch nicht sonderlich vertrauenswürdig. Sie sagte zu ihm:​
»Warte kurz. Ich gebe eben die Lieferung ab.«
»Ja.«
Die Kuhhirtin brachte den Wagen zum Liefereingang an der Rückseite des Gebäudes. Sie atmete tief durch, wischte sich den Schweiß von der Stirn und läutete die Glocke. Der Küchenchef, der kurz darauf erschien, überprüfte die Waren und bestätigte ihr den Eingang. Jetzt bräuchte sie nur noch den Stempel von der Anmeldung und dann wäre sie fertig für heute.​
»Danke.«
Goblin Slayer hatte tatsächlich auf sie gewartet. Zusammen betraten sie die Eingangshalle der Gilde, in der eine unheimlich stickige Luft herrschte. Auch heute war wieder viel los.
»Ich muss eben zur Anmeldung«, sagte sie.
»In Ordnung.«
Er stapfte zu einem Sitzplatz an der Wand und setzte sich. Die Kuhhirtin winkte ihm zu und reihte sich in die lange Schlange der Besucher ein. Neben Abenteurern und Auftragsgebern war die Halle gefüllt mit Schmieden, Händlern und vielen weiteren Personen, die ihre Dienste und Waren anboten.​
»Und dann bin ich dem heran rauschenden Angriff des Trolls ausgewichen und habe ihn aus diesem Winkel attackiert!«
»Interessant, Das war bestimmt anstrengend. Wie wäre es mit einem Ausdauertrank!«
Die Kuhhirtin schnappte zufällig auf, wie ein Abenteurer mit einem Speer versuchte, eine Gilden Angestellte zu beeindrucken. Da er ein silbernes Schildchen um den Hals trug, musste er wie Goblin Slayer Träger des Silber- Rangs sein.​
»Nein, nein. Ich habe mich allein mit meinem Speer dieser Bestie entgegengestellt. Ist das nicht großartig?«
»Ja. Ich bin mir bewusst, dass ein Troll ein mächtiger Gegner ist ... «
Die Gilden Angestellte ließ ihren Blick durch den Raum wandern. Als sie Goblin Slayer an der Wand sitzen sah, fing sie sofort an zu lächeln. Der Speerkämpfer bemerkte dies und folgte den Blicken der Gilden Angestellten.​
»Argh. Goblin Slayer!«
Ein Raunen ging durch die Halle und mehr und mehr Leute richteten ihren Blick auf den Abenteurer in schmutziger Rüstung.
»Und der soll wie wir ein Silber-Rang sein.«
Eine wunderschöne Ritterin schüttelte enttäuscht den Kopf. Ihre silberne Rüstung hatte unzählige Kratzer, die ihre Kampferfahrenheit bewiesen.
»Das Bewertungssystem ist zu locker. Er kümmert sich doch nur um schwache Gegner.«
Ein Panzerkrieger in fast schon lächerlich schwerer Rüstung antwortete ihr:
»Lass ihn einfach. Mit so einem sollten wir uns nicht abgegeben.«
»Schau dir die dreckige Rüstung von dem Typen an.«
»Selbst wir haben bessere Ausrüstung.«
Auch zwei jüngere Abenteurer konnten sich nicht ihre Kommentare über Goblin Slayers Aussehen verkneifen. Der eine der beiden trug eine dünne Lederrüstung und einen Dolch und der andere eine Robe und einen kurzen Stab. Ihre Ausrüstung war wahrscheinlich nicht mehr wert als die von Goblin Slayer, aber wenigstens war sie nicht dreckig, verkratzt und voller Dellen.​
»Hört auf damit. Bestimmt ist er ein Anfänger wie wir.«
Ein Mädchen in der Kleidung einer Priesterkriegerin fiel den beiden ins Wort. In dem Hohn der drei jungen Abenteurer schwang ein gewisser Ton von Erleichterung mit, da sie sich plötzlich nicht mehr als die unerfahrensten Abenteurer in der Eingangshalle wähnten. Sie übersahen dabei jedoch das silberne Abzeichen, das Goblin Slayer um den Hals hing.
»Hi hi hi ... «
Sichtlich amüsiert beobachtete eine Zauberin mit spitzem Hut und freizügiger Kleidung das Geschehen, aber sie mischte sich nicht ein. Während die gesamte Eingangshalle über ihn redete, saß Goblin Slayer einfach weiterhin still auf seinem Platz. Ihn interessierte das alles nicht. Und genau deswegen muss ich mich immer über ihn aufregen. Die Kuhhirtin machte sich wie immer Sorgen um ihn, aber wusste nicht wirklich, was sie in diesem Moment tun sollte. Sie runzelte die Stirn und drehte sich zurück zur Anmeldung. Die Gilden Angestellte hinter dem Tresen warf Goblin Slayer besorgte Blicke zu. Sie seufzte, schloss für einen kurzen Moment die Augen und sagte zu dem Speerkämpfer, der immer noch vor ihr stand:
»Ähm, es tut mir sehr leid, aber könnte ich mich kurz entschuldigen?«
»Wie? Äh?«, antwortete er stammelnd.
»Okay ... Aber ich bin doch noch nicht fertig mit dem Bericht über meine Heldentat!«
Die Gilden Angestellte verschwand für einen kurzen Moment in dem Büro hinter ihr, um danach mit einem riesigen Papierstapel in den Händen wieder aufzutauchen.​
»Ich werde jetzt die neuen Aufträge am Brett anschlagen!«, rief sie in solch einer Lautstärke, dass sie damit selbst den lautesten Abenteurer in der Halle übertönte.
»Darauf haben wir gewartet!«
Die Abenteurer jubelten fröhlich auf und begannen sich um das Korkbrett an der Wand zu versammeln, um sich die besten Aufträge zu schnappen. Dabei ging es nicht nur um die Höhe der Belohnung, sondern auch um die Anzahl der „Erfahrungspunkte“, die man bei erfolgreicher Ausführung des ausgewählten Auftrags erhielt. Wenn ein Abenteurer genug von ihnen gesammelt hatte, konnte er im Rang aufsteigen, was wiederum zu besseren Aufträgen, besseren Belohnungen und besseren Aufstiegschancen führte.​
»Aufträge für Porzellan-Ränge ... Ich will keine Rinnsteine reinigen.«
»Sonderlich groß ist die Auswahl heute ja nicht ... Wie wäre es hiermit?«
»Goblins vertreiben. Da kommt nichts bei raus, überlass das
den Anfängern.«
»Oh, Goblins! Vielleicht sollten wir ... «
»Nein, die Dame von der Anmeldung meinte doch, wir sollten erst mal in die Kanalisation!«
»Gibt es denn nichts mit Drachen? Ich will mich mit einer Heldentat beweisen!«
»Halt mal den Ball flach. Deine Ausrüstung ist dafür nicht gut genug. Konzentriere dich lieber auf Bergräuber; die Belohnung für die ist nämlich gar nicht so übel.«
»Hey! Den Auftrag wollte ich nehmen!«
»Such dir was anderes!«
Die Abenteurer begannen sich um die verschiedenen Aufträge zu streiten und es entstand ein großes Durcheinander. Verspätet drängte auch der Speerkämpfer in das Getümmel, aber er wurde sofort zurückgestoßen und landete auf dem Hintern. Mit einem Kampfschrei stürzte er sich erneut hinein.​
»Einer nach dem anderen und bitte nicht streiten.«
Die Gilden Angestellte überwachte lächelnd das Geschehen. Die Kuhhirtin nahm hingegen ein paar Schritte Abstand, um nicht in den Trubel mit hineingezogen zu werden. Es würde wohl noch etwas dauern, bis sie ihren Stempel erhalten würde. Sie drehte sich zur Wand und sah, dass Goblin Slayer sich keinen Schritt bewegt hatte. Sie hatte ihn bereits vor einiger Zeit gefragt, warum er nie wie die anderen Abenteurer gleich zur Tafel ging, worauf er nur kurz und knapp geantwortet hatte:
»Goblin Aufträge sind unbeliebt.«
Es stimmte. Da die Belohnungen meist sehr gering waren, mieden viele Abenteurer Aufträge mit Goblins, weshalb Goblin Slayer immer einfach warten konnte, bis sich der Trubel gelegt hatte. Außerdem will er den Anfängern keine Aufträge wegnehmen. Die Kuhhirtin wusste, dass er Rücksicht auf die unerfahrenen Abenteurer nahm. Wahrend sie darüber nachdachte, ob sie sich zu ihm setzen sollte oder nicht, ging jemand anders auf ihn zu. Es war eine junge Abenteurerin, gekleidet in den Roben einer Priesterin der Erdmutter. Sie sprach ihn direkt an:
»Hallo ... «
»]a.«
Seine Antwort fiel wie immer kurz angebunden aus. Die ungenügende Begrüßung führte dazu, dass die Priesterin einen schmollenden Gesichtsausdruck aufsetzte, aber Goblin Slayer schien das nicht zu bemerken.​
» Wie von dir empfohlen ... habe ich ... mir Schutzkleidung gekauft.«
Sie redete wie ein trotziges Kind in abgehackten Sätzen. Um ihm zu beweisen, dass sie die Wahrheit sagte, zog sie ihren Umhang zur Seite und zeigte ihm ihr brandneues Kettenhemd.
»Nicht schlecht. Es mag nicht schön aussehen, aber es wird dir Schutz vor ihren Klingen bieten.«
» Der Oberpriester hat mit mir geschimpft. Er fragte mich, was mir einfallen würde, als Dienerin der Erdmutter Rüstung zu tragen.«
»Hat er jemals gegen Goblins gekämpft?«
»Das ist nicht das Problem. Es ist eine Frage der Vorschriften!«
»Falls du jetzt keine Wunder mehr wirken kannst, solltest du vielleicht den Glauben wechseln.«
»Ich kann meine Wunder noch wirken!«
» Und wo liegt dann das Problem?«
Die Priesterin blies beleidigt ihre Wangen auf.
» Willst du dich nicht setzen?«, fragte Goblin Slayer
»I... Ich sitze! Ich setze mich!«
Die Priesterin setzte sich Plumpsen neben Goblin Slayer. Sie legte ihren Stab auf die Knie und beugte sich nach vorn. Die Kuhhirtin wusste bereits, dass Goblin Slayer seit circa einem Monat mit einem anderen Abenteurer zusammenarbeitete. Da er bisher immer allein unterwegs gewesen war, hatte sie sich ein wenig Sorgen gemacht, ob alles gut gehen würde. Aber ich wusste nicht, dass dieser Abenteurer eine Frau ist ... Die Kuhhirtin atmete tief durch. Obwohl sie häufig zur Gilde kam, um Lebensmittel zu liefern, hatte sie die Priesterin noch nie gesehen. Unbewusst verglich sie deren zerbrechlichen Körper mit ihrem etwas Üppigeren.​
»Wegen unseres letzten Abenteuers!!«
Plötzlich begann die Priesterin mit Goblin Slayer zu schimpfen.
»Es war doch nicht nötig, die ganze Höhle abzufackeln!«
»Besser, als die Goblins am Leben zu lassen«, antwortete er ihr in einem monotonen Tonfall.
»Wir müssen aber auch an die Folgen denken . , . Der Berg hätte einstürzen können!!«
»Die Goblins sind das größere Problem für mich.«
»Du kannst doch nicht nur daran denken!«
»Ach,ja?«
»Und was sollte diese Art, den Geruch zu verdecken?!«
»Hast du dir gemerkt, zu welcher Zeit man angreift?«
Anstatt auf die Frage der Priesterin einzugehen, lenkte Goblin Slayer mit einer genervten Gegenfrage vom Thema ab. überrascht blieben der Priesterin die Worte im Hals stecken. Die Kuhhirtin, die das Gespräch zufällig aufschnappte, musste ein wenig kichern.​
»Entweder am frühen Morgen oder am Abend ... «
»Und warum?«
»Weil der Abend für Goblins der frühe Morgen ist.«
»Genau. Zur Mittagszeit, was für sie mitten in der Nacht ist, sind sie besonders wachsam. Und wie dringt man in ein Nest ein?«
»Am besten ist es, sie auszuräuchern und sie herauszutreiben, da es für uns sehr gefährlich ist, in ihr Nest einzudringen.«
»Genau. Man dringt nur ein, wenn man keine Zeit oder keine andere Wahl hat. Was ist mit der Ausrüstung?«
»Besonders wichtig sind Heiltränke und Fackeln.«
» Ist das alles?«
»S ... Seile. Seile können in vielen Situationen nützlich sein.«
»Vergiss das nicht. Was ist mit Zaubern und Wundern?«
»Zauber und Wunder können als Ersatz für Ausrüstungsgegenstände verwendet werden und sind sehr kostbar ... Man darf auf keinen Fall verschwenderisch mit ihnen umgehen.«
»Okay. Waffen?«
» Ähm, Waffen ... «, die Priesterin versuchte sich zu erinnern, aber Goblin Slayer wollte nicht auf ihre Antwort warten.
» Man schnappt sie sich von den Goblins. Sie haben Schwerter, Speere, Äxte, Knüppel und Bögen. Wie sie die herstellen, interessiert uns nicht.«
»Ja ... «
Die Priesterin fühlte sich wie eine Schülerin, die gerade von ihrem Lehrer gescholten wurde, aber das interessierte Goblin Slayer natürlich nicht und er fuhr unbeirrt mit seinen Belehrungen fort:​
»Wechsel ständig deine Ausrüstung und deine Vorgehensweise. Sei innovativ, sonst stirbst du.«
»D ... Darf ich mir ... Notizen machen?«
»Nein, Sie könnten sie von dir stehlen. Präge dir alles ein.«
Die Kuhhirtin hatte Goblin Slayer schon seit Langem nicht mehr so viel reden hören. Irgendwie machte sie die ganze Situation nervös und sie wollte so schnell wie möglich ihren Stempel bekommen, um nach Hause gehen zu können.​
»Gut.«
Goblin Slayer stand plötzlich von seinem Platz auf und ging stapfend auf die Anmeldung zu. Der Tumult um die Aufträge hatte sich bereits gelegt und die anderen Abenteurer waren längst mit ihren Vorbereitungen beschäftigt. Die Priesterin folgte ihm sichtlich aufgeregt.
»Guten Morgen.«
Die Gilden Angestellte setzte einen strahlenden Gesichtsausdruck auf.
»Gibt es Aufträge mit Goblins?«
»Ja! Nicht sonderlich viele, aber immerhin drei.«
Die Gilden Angestellte zog die bereits für ihn beiseite gelegten Aufträge hervor.
»Ein mittelgroßes Goblin Nest in der Nähe eines Dorfs in den Bergen im Westen, ein kleineres Nest in der Nähe eines Flusses im Norden und ein kleines Nest im Wald im Süden.«
»Was für ein Dorf?«
»Es handelt sich dabei wie immer um ein Bauerndorf. Goblins scheinen sie wirklich zu mögen.«
»Mag sein«, antwortete Goblin Slayer todernst auf die scherzhafte Aussage der Gilden Angestellte.
»Hat sonst noch jemand diese Aufträge angenommen?«
»Ja, den Auftrag im Süden hat eine Gruppe Anfänger angenommen. Das Nest soll in der Nähe ihres Dorfes liegen.«
»Anfänger«, murmelte er.
»Wie war die Gruppe zusammengesetzt?«
»Ähm ... « Die Gilden Angestellte blätterte durch die Unterlagen. »Ein Krieger, ein Magier und eine Priesterkriegerin. Alle Porzellan- Rang-Abenteurer.«
»Hm ... Keine schlechte Kombination.«
»Das müssen die drei von eben gewesen sein ... Die schaffen das niemals!«
Während Goblin Slayer gewohnt ruhig blieb, mischte sich die Priesterin ein.
»Meine Gruppe bestand aus vier Mitgliedern und ... «
Ihr Gesicht war blass und sie zitterte leicht. Mit den Händen umklammerte sie fest ihren Stab. Warum bemerke ich es erst jetzt? Goblin Slayer hatte die Priesterin auf ihrem ersten Abenteuer kennengelernt. Die Kuhhirtin musste nicht lange überlegen, um zu begreifen, was aus dem Rest ihrer Gruppe geworden war.​
» Ich habe es ihnen erklärt, aber sie bestanden darauf ... «
Die Gilden Angestellte erklärte, wieso sie den Anfängern den Auftrag überlassen hatte, denn am Ende waren Abenteurer nun mal selbst für sich verantwortlich. Die Priesterin schaute Goblin Slayer flehend an.
» Wir dürfen sie nicht alleinlassen! Wir müssen sie retten!«
»Mach, was du willst.«
In Goblin Slayers Antwort war nicht der Hauch eines Zögerns zu erkennen.
»Was?«
»Ich werde das Nest in den Bergen vernichten. In dem Schwarm wird es bestimmt einen Hob oder einen Schamanen geben.«
Die Priesterin starrte ihn verdutzt an, aber Goblin Slayer fuhr unbeirrt fort:
»Ich muss es zerstören, bevor es noch größer wird.«
»Also willst du die Anfänger im Stich lassen?!«
»Ich weiß nicht, warum du es nicht verstehst. Ich muss dieses Nest auslöschen. Du kannst machen, was du willst.«
»Aber ich kann dich doch nicht allein gegen einen Schwarm von Goblins antreten lassen!«
»Das habe ich doch bereits häufiger gemacht.«
»Mann!«
Die Priesterin wusste schon wieder nicht, was sie darauf erwidern sollte.
»Du bist wirklich unmöglich!«
» Kommst du mit?«
»Ja!«
»Na dann ... «
»Vielen Dank! Sie sind uns immer eine Riesenhilfe!«, sagte die Gilden Dame, bevor sie sich vor Goblin Slayer verbeugte.
»Kein anderer erfahrener Abenteurer ist bereit, Goblin Aufträge anzunehmen.«
»Ich bin doch erst auf Porzellan-Rang«, warf die Priesterin schmollend ein. Anscheinend war sie beleidigt, dass die Gilden Angestellte sich nur bei Goblin Slayer bedankte.
»Ha ha ha ... Ähm ... «, antwortete sie verlegen.
»Also melde ich Sie beide für den Auftrag an.«
»Ja, aber nur widerwillig!«, antwortete die Priesterin trotzig.
Da Goblin Slayer immer perfekt vorbereitet war, konnten die beiden direkt losziehen. Auf dem Weg zum Eingang kamen sie an der Kuhhirtin vorbei, die nicht wusste, ob sie etwas zu ihm sagen sollte. Auf der Suche nach den richtigen Worten öffnete und schloss sie mehrmals den Mund.​
»Ich gehe.«
Goblin Slayer war ihr zuvorgekommen.
»Wie? Äh ... ja.« Sie nickte kurz.
»Pass auf dich auf.«
»Du auch auf dich.«
Während die Priesterin sich am Eingang zu ihr umdrehte und sich verbeugte, verschwand er einfach durch die Tür.
* * *
Die Kuhhirtin kehrte kurz darauf zum Bauernhof zurück, da sie sich um das Vieh kümmern musste. Als der Tag sich dem Ende zuneigte, setze sie sich gemeinsam mit ihrem Onkel an den Esstisch und aß mit ihm zu Abend. Nach der Mahlzeit ging die Kuhhirtin noch einmal an die frische Luft. Der kühle Nachtwind streichelte ihr über die Wangen und die zwei Monde am Himmel schenkten ihr etwas Licht. Sie wusste nicht sonderlich viel über Abenteuer, Monster und all die anderen Dinge. Als ihr Dorf vor zehn Jahren von Goblins überfallen worden war, war sie gerade bei ihrem Onkel zu Besuch gewesen, um ihm bei der Geburt der Kälber zu helfen. Sie hatte nicht gewusst, dass dies nur ein Vorwand ihrer Eltern gewesen war, damit sie sich dort ein bisschen amüsieren konnte. Aus purem Glück war sie dem Überfall der kleinen Teufel entkommen, aber niemand hatte ihr erklären können, was mit ihren Eltern passiert war. Für lange Zeit hatte sie sich sehr einsam gefühlt, aber das Gefühl hatte sie über die Jahre verlassen. Häufig dachte sie daran, ob es etwas geändert hätte, wenn sie sich mit dem Jungen an jenem Tag nicht gestritten hätte ...​
»Bleib nicht zu lange wach, sonst kommst du morgen früh nicht aus dem Bett.«
Ihr Onkel näherte sich der Kuhhirtin von hinten mit schweren Schritten.
»Ja, ich geh gleich schlafen, aber lass mich bitte noch kurz warten«, antwortete sie.
Ihr Onkel verzog darauf das Gesicht und schüttelte den Kopf.
»Er ist er und du bist du. Solange er gutes Geld bezahlt, darf er hier übernachten, aber lass dich nicht zu sehr auf ihn ein. Ich weiß, dass er dein Kindheitsfreund ist. Aber egal, was einmal war, jetzt ist er etwas anderes.«
Obwohl ihr Onkel versuchte, sie mit harschen Worten zu belehren, musste sie lächeln. Sie schaute auf den vom Mond beleuchteten Weg, der zu dem Bauernhof führte, aber von Goblin Slayer war immer noch keine Spur zu sehen.​
»Ich werde noch etwas warten.«
Es dauerte allerdings bis zum Mittag des nächsten Tages bis er zurückkehrte. Er fiel sofort in sein Bett und schlief bis zum nächsten Morgen, an dem er aufbrach, um das Goblin Nest im Wald zu beseitigen. Die Kuhhirtin hörte später, dass die Anfänger, um die sich die Priesterin gesorgt hatte, nie zurückgekehrt waren. In der nächsten Nacht träumte sie erneut von ihrer Kindheit und sie bemerkte, dass sie ihm immer noch nicht gesagt hatte, dass es ihr leidtat.

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Kapitel 3
Gedanken der Gilden Angestellten.


»Helft mir doch! Bitte helft mir! In meinem Dorf sind Goblins aufgetaucht!«
»Das ist ein Auftrag, oder? Dann bitte ich Sie, alle Informationen hier zu notieren.«
Der Bauer erhielt einen Zettel von der Gilden Angestellten, aber vor Aufregung zerknüllte er ihn sofort. Routiniert hielt sie ihm einen neuen hin. Ereignisse wie diese gehörten zu ihrem Alltag. Wahrend die meisten Abenteurer nur morgens und abends in die Gilde kamen, hatte die Gilden Angestellten die restliche Zeit meist mit Auftraggebern zu tun. Der lange Kampf der Götter hatte immer noch kein Ende gefunden und brachte viele Monster in die Welt, die wüteten und damit den Menschen in den Siedlungen schweres Leid zufügten. Auch das Dorf des Bauern, der gerade vor ihr stand, war das Opfer dieser üblen Machenschaften geworden.​
»Wenn es so weitergeht, werden sie noch unsere Kühe stehlen oder unsere Felder anstecken!«
Mit zitternder Hand führte er den Stift über das Papier. Er verschrieb sich mehrfach und jedes Mal reichte die Gilden Angestellte ihm geduldig einen neuen Zettel.Es war die Aufgabe der Abenteurer, solchen Menschen in Not zu helfen. Drachen, Dämonen, gewaltige Augäpfel, herzlose Räuber, Kultisten und andere gottlose Wesen, auch bekannt als Nicht-Spieler-Charaktere, waren die Feinde der sprechenden Völker. Unter all diesen Monsterarten war aber eine Art am häufigsten: Goblins. Nach mehreren Anläufen schaffte der Bauer es endlich, das Dokument vollständig auszufüllen. Die Gilden Angestellte nahm es entgegen und überprüfte, ob er alle nötigen Informationen eingetragen hatte.​
»Alles richtig ausgefüllt. Haben Sie eine Belohnung dabei?«
»Wa ... Was?! Stimmt es, dass sie entführte Frauen missbrauchen und fressen?«
»Das soll schon vorgekommen sein.«
Der Bauer wurde kreidebleich. Sofort holte er einen dicken Beutel heraus und knallte ihn auf den Tresen. Mit einem Lächeln auf den Lippen öffnete die Gilden Angestellte ihn und begann zu zählen. Er enthielt größtenteils Kupfertaler und ein paar Silbermünzen.​
»In Ordnung. Der Betrag ist ausreichend.«
Der Gesamtwert des Beutels lag bei ungefähr zehn Goldstücken und erreichte damit gerade einmal den vorgeschrieben Mindestwert, um eine Gruppe von Porzellan-Rang-Mitgliedern anzuheuern. Zog man davon die Gebühren für die Auftragsvermittlung und die Ausrüstungskosten ab, war es gut möglich, dass die Abenteurer, die diesen Auftrag annahmen, Verlust machen würden.​
»Seien Sie beruhigt. Es wird sich bald jemand um die Angelegenheit kümmern.«
Der Bauer atmete erleichtert auf und nickte. Vielleicht gab er sich der Hoffnung hin, dass sich ein Abenteurer in schirmender Rüstung um die Probleme seines Dorfes kümmern würde. Die Gilden Angestellte wusste aber, dass das nicht der Fall sein würde. Sie konnte Goblins, die auch kleine Teufel genannt wurden, nicht ausstehen. Im Volksmund hieß es, dass für jeden Fehler, den man beging, ein Goblin geboren wurde. Es gab wahnsinnig viele von ihnen und ihre Fähigkeiten entsprachen denen menschlicher Kinder. Das hieß, sie waren genauso flink, stark und intelligent wie diese. Da Aufträge mit Goblins aber meist schlecht bezahlt wurden, nahmen erfahrene Abenteurer diese meist nicht an. Deshalb mussten Neulinge losgeschickt werden, die oft schwer verletzt wurden oder gar starben. Auch wenn die erste Gruppe ausgelöscht wurde, schaffte es meist die zweite oder dritte, den Auftrag zu erledigen.​
»Vielen Dank.«
Nachdem die Formalitäten geklärt waren, verbeugte sich der Bauer mehrfach und verließ die Gilde. Sie verabschiedete ihn mit einem Lächeln. Schon der dritte Auftrag mit Goblins heute ... Die Gilden Angestellte stand vor einer schwierigen Wahl. Entweder schickte sie junge Abenteurer in den fast sicheren Tod oder wartete, bis drei Dörfer vernichtet waren und sich ein Veteran der Aufgabe erbarmte. Sie bekam fürchterliche Kopfschmerzen. Natürlich versuchte die Gilden Angestellte immer wieder, frischgebackenen Abenteurern zu erklären, wie gefährlich Goblin Aufträge waren. Sie bot ihnen Alternativen an, aber das Bekämpfen von Ratten oder das Putzen von Rinnsteinen stieß nur bei den wenigsten auf Gegenliebe. So kam es immer wieder dazu, dass ganze Abenteurergruppen schwer verletzt oder sogar ausgelöscht wurden. Die Gilden Angestellte legte den Kopf auf den Tresen. Die polierte Platte fühlte sich angenehm kühl an. Sie war sich bewusst, dass dieses Verhalten nicht zu einer Beamtin passte, aber manchmal hatte sie einfach das Bedürfnis danach, sich ein wenig gehen zu lassen. Zu ihrem Glück waren gerade keine Besucher anwesend. Hoffentlich kommt er bald ... , dachte sie, als auch schon die Glocke an der Eingangstür läutete.​
»Hey, hübsche Dame! Wir haben die Banditen erledigt!«
Der Speerkämpfer kam mit einem vergnügten Gesichtsausdruck durch die Tür spaziert. Hinter ihm trat die Hexe durch die Tür und zwinkerte der Gilden Angestellte zu, als wollte sie sich bei ihr entschuldigen.​
»Vielen Dank. Möchten Sie Bericht erstatten?«
»Mannomann, war das anstrengend! Warum mussten die denn gerade an der Landstraße ihr Lager aufschlagen?«
»Gute Arbeit. Wenn Sie Bericht erstatten wollen, dann bitte ich Sie, dies schriftlich zu tun.«
»Es waren wirklich viele. Ich hab mich mit zwanzig von ihnen angelegt!«
»Wie wäre es mit einem Trank zum Wiederherstellen Ihrer Kräfte?«
»Ich hätte gern einen.«
»Ja. Vielen Dank für den Einkauf!«
Die Waren, die die Gilde ihren Besuchern anbot, waren nie sonderlich hochwertig. Auch dieser Trank besaß keine magischen Eigenschaften, sondern war einfach nur eine Mischung aus verschiedenen Heilkräutern. Nichtsdestotrotz besaß er eine revitalisierende Wirkung. Außerdem konnte die Gilde das Geld, das sie aus den Verkäufen dieser Waren erwirtschaftete, gut gebrauchen. Die Glocke läutete erneut.​
»Oh!«
Als die Gilden Angestellte sah, wer gerade durch die Tür gekommen war, strahlten ihre Augen plötzlich auf. Der Speerkämpfer schnalzte allerdings nur unverblümt mit der Zunge. Stapfende, selbstsichere Schritte. Eine schmutzige Lederrüstung, kombiniert mit einem billigen Eisenhelm. Keiner der Abenteurer in dieser Gegend musste erst das Abzeichen sehen, um zu wissen, mit wem sie es zu tun hatten. Es war Goblin Slayer.​
»Vielen Dank für Ihre Hilfe! War alles in Ordnung? Sind Sie verletzt?«
»Kein Ding.«
Die Gilden Angestellte schenkte Goblin Slayer ein Lächeln, wie der Speerkämpfer es noch nie gesehen hatte.
»Es war ein kleines Nest. Allerdings war dort ein Hob, der die Angelegenheit etwas erschwert hat.«
»Wollen Sie mir nicht bei einem Tee erzählen, was passiert ist?«
Mit hüpfendem Zopf verschwand die Gilden Angestellte ins Büro, um einen Tee aufzusetzen. Goblin Slayer setzte sich auf einen Stuhl und bemerkte, dass der Speerkämpfer ihn wütend anstarrte.​
» Tut mir leid, ich wollte mich nicht vordrängeln. «
»Schon gut. Ich war eh fertig mit meinem Bericht.«
»Na dann.«
Der Speerkämpfer fluchte leise und trat gegen einen Stuhl. Die Hexe, die auf einer gegenüberliegenden Bank saß, grinste ihn an, während er auf sie zuging.​
»Zwanzig Banditen also ... «
»Sei ruhig! Lass mich doch ein wenig angeben!«
»Hast du ihr auch von meinen Zaubern erzählt?«
»Pah ... «
»Na. Der Stärkste im Grenzland sollte nicht schmollen.«
Der Speerkämpfer verschränkte mürrisch die Arme, worauf die Hexe sich ein leises Kichern nicht verkneifen konnte. Die Gilden Angestellte bekam die Unterhaltung der beiden mit und streckte heimlich die Zunge heraus. Natürlich war es wichtig, dass den Banditen das Handwerk gelegt wurde, und weil der Speerkämpfer als der Stärkste im Grenzland bekannt war, sollte sie ihn eigentlich nicht so abweisend behandeln. Letztendlich gab es für sie aber einen Unterschied zwischen den Abenteurern, die einfach nur stark waren, und denjenigen, die Aufträge annahmen, die sonst keiner wollte. Sie fand diese Unterscheidung logisch und versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass es überhaupt nichts mit ihren persönlichen Gefühlen zu tun hatte.​
* * *
Die Gilden Angestellte stellte die schöne Tasse vor Goblin Slayer ab. Daraus stieg der warme aromatische Duft von dem gerade frisch aufgegossenen Tee auf. Er hob die Tasse an seinen Helm und kippte die enthaltene Flüssigkeit durch einen Spalt in den Mund. Geruch und Geschmack spielten für ihn keine Rolle und das, obwohl die Gilden Angestellte den Tee extra aus der Hauptstadt mitgebracht hatte.​
»Ähm, zuerst einmal ... Sehr gute Arbeit!«​
Sie versuchte, so locker wie möglich mit ihm zu sprechen.
»Nachdem Sie so lang allein unterwegs waren, begleitet Sie seit Neustem eine Priesterin, nicht wahr? War die Umstellung nicht schwierig für Sie?«
»Es funktioniert irgendwie«, sagte er und stellte die Tasse wieder ab.
Die Gilden Angestellte war wirklich glücklich gewesen, dass Goblin Slayer die Priesterin retten konnte und diese ihn jetzt auf seinen Abenteuern begleitete. Es störte sie zwar ein wenig, dass von nun an immer eine Frau an seiner Seite war, aber da es sich bei dieser um eine fromme Priesterin handelte, würde bestimmt nichts passieren. Wahrscheinlich war die Kuhhirtin, mit der er auf dem Bauernhof wohnte, viel eher eine Gefahr ... Die Priesterin war die letzten drei Tage aufgrund ihrer Pflichten im Tempel geblieben und sollte heute oder morgen zurück. kehren, aber natürlich hielt das Goblin Slayer nicht davon ab, den ein oder anderen Auftrag allein zu erledigen.​
» Was ist denn?«
»Nichts ... Übertreiben Sie es bitte nicht.«
»Wenn ich es muss, um Goblins zu erledigen, werde ich es tun.«
Wie immer wich er auf das Thema der Goblins aus. Während sie so tat, als würde sie ihre Unterlagen durchschauen, warf die Gilden Angestellte einen verstohlenen Blick auf seinen Eisenhelm. Es mussten mittlerweile fünf Jahre vergangen sein, seit sie Goblin Slayer kennengelernt hatte. Nach ihrer Ausbildung in der Hauptstadt war sie ihrem jetzigen Posten zugewiesen worden und ungefähr zu diesem Zeitpunkt hatte er sich als neuer Abenteurer registriert. Damals hatte sie noch nichts für ihn empfunden ... Glaubte sie zumindest. Immer, wenn die Gilden Angestellte von Goblin Aufträgen überschüttet worden war, war er aufgetaucht und immer war er erfolgreich zurückgekehrt. Er hatte nie mit seinen Leistungen geprahlt, sondern immer nur nach dem nächsten Auftrag gefragt. So erreichte er schließlich den Silber-Rang und mit der Zeit freute sich die Gilden Angestellte mehr und mehr darüber, wenn er gesund von einem gefährlichen Abenteuer zurückkehrte.​
»Sie sind wirklich immer eine große Hilfe.«
»Ist das so?«
»Ja!«
»Na dann.«
Die Gilden Angestellte blätterte durch ihre Unterlagen auf der Suche nach neuen Goblin Aufträgen. Goblin Slayer hatte bereits heute und gestern einen erledigt, aber jeden Tag kam mindestens ein neuer hinzu. Entstanden mehr Goblin Nester, weil die Anzahl der Abenteurer zunahm? Oder nahm die Anzahl der Abenteurer zu, weil mehr Goblin Nester entstanden? Sie wusste es nicht.​
»Warum greifen die Goblins so häufig Dörfer an? Haben sie Spaß daran, Menschen zu überfallen?«
Obwohl die Frage ihr einfach über die Lippen gerutscht war, schien Goblin Slayer ernsthaft darüber nachzudenken und begann zu erklären:
»Stell dir vor, dein Zuhause wird plötzlich von Monstern überfallen.«
Die Gilden Angestellte spitze gespannt die Ohren, denn es kam nicht häufig vor, dass er so redselig war.
»Sie stolzieren umher, als würde es ihnen gehören. Sie töten deine Freunde und deine Familie, aber nicht deine Schwester. Sie quälen sie, vergehen sich an ihr und bringen sie erst um, wenn sie fertig mit ihr sind. Sie lachen hämisch und tun, was ihnen gefällt. Die Leichen lassen sie danach einfach liegen. Das alles passiert direkt vor deinen Augen. Während du im Versteck den Atem anhältst. Du wirst ihnen niemals vergeben. Du greifst zur Waffe, stählst deinen Körper, trainierst deinen Geist und beginnst dich an ihnen zu rächen. Du suchst sie. Du treibst sie in die Enge. Du stürzt dich auf sie. Du tötest, tötest und tötest. Manchmal läuft es gut und manchmal schlecht. Du verbringst Tage und Monate damit, darüber nachzudenken, wie du sie das nächste Mal zur Strecke bringst, und wenn sich die Gelegenheit bietet, probierst du deine Ideen aus. Nach und nach merkst du, wie es anfängt Spaß zu machen.«​
»Ä ... Ähm, da ... das ... «
Die Gilden Angestellte schluckte. Redete er von Goblins oder etwas anderem? Sie wusste es nicht. Sie fühlte sich, als hätte Goblin Slayer ihr eine Geschichte über sich selbst erzählt, doch bevor sie ihn fragen konnte, fuhr er mit seiner Erzählung fort:​
»Und wie ein Narr lässt du ein Kind laufen und bist auch noch stolz darauf.«
Schließlich denkt man nicht, dass es zum überleben ein Dorf angreifen würde. Die Gilden Angestellte fing an zu zittern, als ihr der Gedanke durch den Kopf schoss. Sie hatte bereits solche Geschichten gehört. Unerfahrene Abenteurer prahlten häufiger vor ihr, dass sie bereits Goblins aus dem eigenen Dorf vertrieben hatten. Sie wussten allerdings nicht, dass dies meist stark geschwächte Goblins auf der Flucht waren. Während die Begegnungen mit den Goblins den Willen in den jungen Dorfbewohnern festigte, Abenteurer zu werden, lernten die Goblins, wie sie sich allein durchschlagen konnten. Sie wuchsen an ihren Erfahrungen, wurden sogenannte »Wanderer« und irgendwann Anführer und Beschützer eines eigenen Nests.​
»Die Ironie an dieser Geschichte ist ... «, sagte Goblin Slayer emotionslos.
»Ich bin dieser Goblin.«
Der Gilden Angestellten fehlten die Worte. Sie war sich unsicher, wie sie all das Gesagte verarbeiten sollte. Nein, vorher musste sie etwas zu ihm sagen ...
»Also wirklich ... «
»Was denn?«
»Wer sind wir, die Auftraggeber, in dieser Geschichte?«
Noch bevor sie Mitleid mit ihm empfinden konnte, stieg eine kochende Wut in ihr auf. Sie hatte zwar ein Lächeln auf den Lippen, aber jeder würde erkennen können, dass sie damit nur ihren Zorn zu verdecken suchte. Die Gilden Angestellte klopfte mit dem Zeigefinger auf den Tresen und fragte:​
»Sind wir dann Teufel oder böse Gottheiten? Sehe ich so gruselig aus?«
»So meinte ich das nicht ... «
»So klingt es aber!«
Knallend schlug sie die flache Hand auf
den Tresen.
»Hm«, brummte er mit schlechtem Gewissen.
»Solche Erzählungen schaden dem Ruf der Gilde!«
»Hm ... «
»Wollen Sie etwa keine Aufträge mehr bekommen?«
»Das wäre ein Problem.«
»Nicht wahr?«
Es ließ ihn wie einen kleinen Jungen erscheinen, als er so ehrlich zugab, dass das ein Problem für ihn wäre. Sie musste sich am Riemen reißen, um nicht auf der Stelle loszulachen.​
»Sie erledigen notwendige Arbeit und sollten stolz darauf sein. Sie sind schließlich ein Abenteurer auf Silber-Rang.«
Goblin Slayer schwieg und auch wenn sein Helm sein Gesicht verhüllte, konnte sie sich bereits vorstellen, was als Nächstes passieren würde.
»Wo sind jetzt die Goblins?«
»Ja. Ja.« Mit einem Kichern griff die Gilden Angestellte unter den Tresen und zog ein Bündel Aufträge heraus, von denen Goblin Slayer sich einen bereits drei Tage alten auswählte.
»In den Bergen im Norden gibt es eine Festung.«
» Dort haben sie sich eingenistet?«
» Ja. Es gibt bereits Opfer. Unter anderem wurde die ältere Schwester des Auftraggebers entführt.«
Sie blätterte den Zettel um und seufzte leicht auf.
»Eine Gruppe von Abenteurern hat gutmütig den Auftrag angenommen, aber sie sind immer noch nicht zurückgekehrt.«
»Dann sind sie bereits tot«, sagte Goblin Slayer ruhig und emotionslos.
»Nichtsdestotrotz, ich muss mich darum kümmern, bevor es schlimmer wird.«
»Ja«, stimmte ihm die Gilden Angestellte zu.
Gerade deswegen war er für sie der fähigste Abenteurer im Grenzland. Es gab viele, die starke Monster bekämpfen und besiegen konnten, aber niemand ging so pflichtbewusst seiner Aufgabe nach wie Goblin Slayer. Er hatte bereits viele gerettet und sie war sich sicher, dass er noch viele retten würde. Sie würde dafür sorgen, dass er erhobenen Hauptes weiterkämpfen konnte.​
»Bitte geben Sie Ihr Bestes, Goblin Slayer!«

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Kapitel 4
Die brennende Bergfestung


Nach drei Tagen und Nächten des Feierns waren die Goblins äußerst zufrieden. Die einst prunkvolle Halle stank nach den Leichen ihrer Opfer, die verstreut in der Gegend herumlagen. Unter ihnen waren auch die Überreste des verschleppten Mädchens und die der vier Abenteurerinnen, die gekommen waren, um sie zu erledigen. Es war eine gute Mischung: Drei Menschen, eine Elfe und eine Rhea. Die hocherfreuten Goblins hatten allerlei Spaß mit ihnen im Laufe ihrer Feierlichkeiten gehabt. Während das Mädchen aus dem Dorf eher etwas mager gewesen war, hatten die vier Abenteurer schöne, durchtrainierte Körper. Ihre Häute waren braungebrannt von der Sonne und ihre Narben erzählten von ihren bereits erlebten Abenteuern. Sie waren Träger des Stahl- Rangs gewesen, dem achthöchsten der Abenteurer-Ränge, aber jetzt waren sie nichts weiter als leblose Klumpen aus Fleisch.​
Wie konnte das nur passieren? Die Anführerin der Abenteurer-Gruppe hätte nie gedacht, dass ihr Leben so enden würde. Mit ihrem letzten Atemzug bereute sie, diesen Auftrag in aller Eile angenommen zu haben. Sie hatten sich zur Mittagszeit, während die meisten Goblins schliefen, in die alte Elfenfestung geschlichen. Da sie nicht wussten, wie diese aufgebaut war, gingen sie besonders vorsichtig vor. Während die Anführerin die Spitze der Formation übernahm, untersuchte die Rhea-Waldläuferin hinter ihr die Umgebung. Am Ende der Formation hielt sich eine Elfen Magierin mit ihren Zaubern bereit, während die Menschen-Nonne Wunder wirkte. Sie waren gut vorbereitet und hatten einen Plan. Was war also schief gelaufen? Einfach ausgedrückt: Sie hatten Pech. Die ehemaligen Bewohner hatten in dieser Festung vor langer Zeit Fallen aufgestellt, um Goblins fernzuhalten, aber ironischerweise schützten diese jetzt genau die Wesen, die sie eigentlich hätten fernhalten sollen. Da sie diese kleinen, aber dennoch tödlichen Fallen ausfindig machen und entschärfen musste, war die Waldläuferin schnell erschöpft und verlor nach und nach ihre Konzentration. Obwohl die Gruppe es bis zum tiefsten Punkt der Festung schaffte, übersah die Waldläuferin dort einen Warnmechanismus und löste ihn aus. Als der Alarm ertönte, schrie die Anführerin:​
»Formation!«
Die Magierin stand jetzt in der Mitte, während die Anführerin, die Waldläuferin und die Nonne einen Kreis um sie bildeten. Es war eine solide Formation, aber es würde nicht reichen, um sie vor der Horde Goblins zu beschützen, die sich ihnen langsam näherte. Die Waldläuferin verschoss all ihre Pfeile, die Magierin zauberte, bis ihr die Kraft ausging, und die Nonne betete, bis die Götter sie nicht mehr erhörten. Als dann die Anführerin ihr Schwert vor Erschöpfung nicht mehr schwingen konnte, war das Ende der vier Abenteurer besiegelt.​
»Hi ... Hilfe ... !«
»Bl. .. blei ... Bleibt weg ... «
Die Stimme der Elfe überschlug sich, während die Rhea sich die Augen zuhielt. Die Mädchen stellten sich Schulter an Schulter, während die Goblins sich die Lippen leckten und ihnen immer näher kamen. Normalerweise nutzen die kleinen Teufel erbeutete Frauen, um sich fortzupflanzen, und verspeisten sie danach, weshalb sie meistens eher pfleglich mit ihnen umgingen, aber an diesem Tag war es anders. Die Abenteurer hatten viele ihrer Kameraden getötet und sie würden ihren Spaß mit ihnen haben, bevor sie ihnen ein qualvolles Ende bereiten würden.​
»GARUUURU!« »GAUA!«
Es kam den Goblins gerade recht, dass die Abenteurer auch etwas Alkohol dabei hatten. Die bösen Bestien ließen sich von ihrem Rausch inspirieren und dachten sich viele grausame Spielereien für ihre Opfer aus. Es gab keine Hoffnung mehr. Die Anführerin lag in zerrissener Kleidung am Boden und schrie die sie festhaltenden Goblins an:​
»Verdammt Wenn ihr jemanden entehren möchtet, dann fangt mit mir an!«
Sie war als Tochter einer adligen Familie geboren worden und hatte immer dem Gesetz und der Gerechtigkeit gedient. Als freie Ritterin in den Diensten des erhabenen Gottes war sie entschlossen, sich nicht brechen zu lassen, egal wie sehr die kleinen Teufel sie foltern würden. Aber die Goblins konzentrierten sich zuerst auf die anderen Abenteurer. Zuerst starb das entführte Mädchen aus dem Dorf. Sie hielt den Missbrauch durch die vielen Goblins einfach nicht mehr aus. Darauf folgte die Waldläuferin, die von den Bestien als Zielscheibe verwendet wurde. Als sie begannen sich an der Nonne zu vergehen, versuchte die Anführerin sich die Zunge abzubeißen, aber sie stopften ihr einige Eingeweide der Kameraden in den Mund, um zu verhindern, dass sie sich selbst tötete. Als sie dann zusehen musste, wie die Goblins die Magierin bei lebendigem Leib verbrannten, zersprang ihr Herz in tausend Stücke. Es sollte noch drei Tage und Nächte dauern, bis sie sie endlich erlösten und ihren Leichnam in den Fluss warfen. Die Schmerzen und die Trauer hatten ihr jedoch schon lange vorher jeglichen Verstand geraubt. Als ihr lebloser Körper im Dorf am Fuß des Berges angespült wurde, meinten dessen Bewohner, schallendes Gelächter zu hören, das sie in Angst und Schrecken versetzte. Doch ein Goblin hatte nichts zu lachen. Er saß mit seinem kruden Speer auf der Festungsmauer und hielt Wache. Der Anführer des Nests hatte ihn dazu verdonnert, weshalb er nicht an der Jagd hatte teilnehmen können. Und wer nicht an der Jagd teilgenommen hatte, der war von den Feierlichkeiten ausgeschlossen. Ein kalter Wind wehte vom Berg herab und ließ die Wache zittern. Er hatte wirklich ein schlechtes Los gezogen und obwohl er zum Trost einen verkohlten Finger erhalten hatte, hätte er viel lieber ein schönes Stück Rhea gehabt. Gelangweilt kaute er auf dem Finger herum.​
»GUI ... «​
Er verstand es nicht. Sie hatten doch schon das Dorf am Fuß des Berges ausgespäht, welchen Sinn hatte es also, hier Wache zu halten? Die Fallen und Mechanismen, die die Elfen in die Festung eingebaut hatten, boten ihnen doch genügend Schutz.​
»GRRRRR?«​
Aber dann bemerkte er sie. Zwei Abenteurer. Einen Krieger in dreckiger Lederrüstung und mit einem Bogen in der Hand und eine zierliche Priesterin. Die Goblin Wache schleckte sich über die Lippen. Das Mädchen hatte zwar kaum Fleisch auf den Knochen, aber er würde sicher seinen Spaß mit ihr haben können. Ein dreckiges Grinsen setzte sich auf sein Gesicht, während er sich umdrehte und seinen Kameraden im Hof zurief. Er hätte seinen Blick besser nicht von dem Krieger abwenden sollen, denn dieser legte im gleichen Moment einen Pfeil im Bogen an und spannte die Sehne mit voller Kraft. Mit ihrem Feuerstein entzündete die Priesterin das in Medeaöl getränkte Tuch an der Spitze des Pfeils.​
»GAAU!« »GOURR!«​
Von der Wache gerufen, streckten einige Goblins ihre Köpfe heraus, aber es war bereits zu spät.
»Das sind verdammt viele«, kommentierte Goblin Slayer das Geschehen und ließ den Pfeil von der Sehne schnellen.
Die alte Elfenfestung fing sofort Feuer. Wahrend die Goblins in Panik gerieten, feuerte er einen zweiten Pfeil ab, um das Feuer zu vergrößern.
»GAUAUAAAAA?!«​
Ein paar Goblins versuchten zu fliehen und stürzten dabei von der Mauer. Die Wache war einer von ihnen.
»Drei.«
Emotionslos begann Goblin Slayer wieder, die Anzahl der getöteten Goblins zu zählen, und schoss den nächsten Feuerpfeil ab. Damit ihre Festungen aus Holz kein Feuer fingen, beteten die Elfen zu Naturgeistern, aber der von ihnen gespendete Schutz war schon längst verfallen und die Goblins fanden sich in einem Gefängnis aus Flammen wieder.​
»Mach dich bereit.«
»Äh,j ... ja!«
Die Priesterin begann zu beten. Goblin Slayer stand schützend vor ihr und feuerte weiter. Einer seiner Pfeile durchbohrte die Stirn eines Goblins, der versuchte, durch einen Spalt zu fliehen. Der Goblin fing sofort Feuer und fiel nach hinten in den Hof der Festung.​
»So ein Idiot. Vier,«
Im nächsten Augenblick schlug ein Steinprojektil gegen seinen Eisenhelm.
»Ah! Alles in Ordnung?!«, fragte die Priesterin besorgt.
»Ruhig.«
Goblin Slayer schüttelte genervt den Kopf. Kurz darauf machte er seinen Angreifer ausfindig, einen mit einer Schleuder bewaffneten Goblin. Schleudern waren mächtige Waffen. Mit ihr geschleuderte Projektile konnten leicht die nötige Geschwindigkeit und Durchschlagskraft entwickeln, um ein Wesen tödlich zu verletzen. Da man mit ihnen so ziemlich alles schleudern konnte, ging einem eigentlich nie die Munition aus. Goblin Slayer mochte diese Waffe sehr.​
»In einer Höhle hätte es vielleicht gereicht, aber nicht auf diese Distanz.«
Er bedankte sich bei seinem Angreifer mit einem Pfeil, der diesen tödlich in der Kehle traf. Das Feuer der brennenden Festung erleuchtete die Gegend mittlerweile so hell, dass er trotz der Dämmerung keine Probleme hatte, seine Feinde selbst auf die große Distanz zu erkennen.​
»Fünf ... So langsam sollten sie kommen.«
Kaum hatten diese Worte seine Lippen verlassen, sah er auch schon, dass mehrere bewaffnete Goblins auf den Eingang zustürmten. Ihnen stand die wilde Mordlust in den Augen, doch plötzlich ...​
»Höchst barmherzige Erdmutter. Bitte beschütze uns Schwache mit deiner Erde.«
Die Goblins krachten mit voller Wucht gegen eine unsichtbare Wand, die sie im Inneren der Festung gefangen hielt. Die Priesterin hatte }Schutzwall{ gewirkt. Ein Wunder, das eigentlich dafür gedacht war, fromme Gläubige vor Gefahren zu schützen.​
»GORRR?!« »GARAAR?!«​
Die eingesperrten Goblins verfielen in Panik. Sie schlugen wie wild auf die unsichtbare Wand ein, aber es half ihnen nichts. Nach und nach wurden sie in Rauch eingehüllt, bis sie nicht mehr zu sehen waren.​
»Dieses Wunder ist echt nützlich«, sagte Goblin Slayer, während er einen Goblin erschoss, der nach einem anderen Fluchtweg suchte.
»Sechs. Dank dir konnten wir sie schnell erledigen.«
»Ein heiliges Wunder so anzuwenden ... «, murmelte die Priesterin mit belegter Stimme.
Schutzwall war eines der zwei Wunder, die sie als Belohnung von den Göttern für ihr tagelanges Training im Tempel gewährt bekommen hatte. Sie wusste, dass Geistliche, die Erfahrung in der Welt gesammelt hatten, von den Göttern belohnt wurden, aber sie hätte nie gedacht, dass ihr Glauben bereits so weit fortgeschritten war. Und auch wenn sie froh war, dass sie Goblin Slayer mit ihren neuen Wundern unterstützen konnte, blieben gewisse Zweifel. Erdmutter, warum hast du mir ... ?
»Es gibt vielleicht noch einen Hintereingang oder andere Fluchtwege. Bleib wachsam.«
»Wieso denkst du so weit voraus?«
»Vorstellungskraft ist eine Waffe. Wer keine hat, stirbt.«
»So wie die Abenteurer, die vor uns den Auftrag angenommen haben?«
»Ganz genau.«
Die Bergfestung stand in Flammen und die Bewohner des nahegelegenen Dorfs konnten wieder durchatmen. Vorerst würden keine Goblins mehr in ihr Dorf einfallen, um sie zu berauben und ihre Töchter zu entführen. Die Leichen der Opfer verbrannten und das, was von ihnen übrigblieb, stieg als Rauch zum Himmel auf. Ihre Seelen konnten damit endlich in Frieden an die Seite ihrer Götter zurückkehren.​
»Wir müssen das Feuer löschen. Danach schauen wir, ob irgendeiner überlebt hat.«
Goblin Slayer schaute zum Himmel hinauf.
»Es ist wirklich schwer, sich meinem Rang entsprechend zu verhalten.«
Die Priesterin starrte ihn an. Wie immer war sein Gesicht unter dem Helm versteckt, aber dennoch fühlte sie sich, als könnte sie es erkennen. In einer fließenden Bewegung faltete sie die Hände über der Brust und kniete sich zum Gebet hin. Der Rauch des Feuers verdunkelte den Himmel, und kurz darauf begannen tiefschwarze Regentropfen vom Himmel zu fallen. Die schneeweiße Robe der Priesterin verfärbte sich nach und nach schwarz, aber sie unterbrach ihr Gebet nicht, denn sie betete um Erlösung.​

* * *

»Einen kritischen Treffer landete er tief in der Gruft und schon flog das Haupt des Goblin Königs hoch durch die Luft.«
Der Barde zupfte kurz an seiner Laute.
» Der Held, in der Hand die blau schimmernde Klinge. Er war es echt, der Goblin Bezwinger.«
Die Bewohner der Stadt, stets interessiert an einer neuen Heldengeschichte, versammelten sich um ihn.
»Damit endeten die Ambitionen des Herrschers jäh zu früh und der Held hielt im Arm die Prinzessin für seine Müh.«
Jung und Alt, Arm und Reich lauschten gebannt; wieder einmal der Beweis dafür, dass eine andersartige Heldengeschichte Interesse in allen Bevölkerungsschichten weckte.​
» Doch er war der Goblin Slayer und für ewig verdammt, allein zu ziehen durch unser Land.«
»Hach.«
Eine junge Zuhörerin seufzte traurig über die vorgetragene Geschichte. Der Barde unterdrückte ein Lächeln und fuhr würdevoll fort:
»Die Prinzessin wollte seine Hand in ihre nehmen, doch er ließ sie stehen, ohne sich noch mal umzudrehen.«
Er beendete die Geschichte, indem er mehrfach über die Laute schrubbte und sagte:
»Hiermit endet dieser Teil der Geschichte des Helden des Grenzlandes.«
Die versammelten Zuhörer begannen nach und nach wieder ihren eigentlichen Tätigkeiten nachzugehen, aber nicht ohne dem Barden die ein oder andere Münze in den Hut zu werfen. Zum Dank verbeugte er sich elegant. Er hatte den Helden seiner Geschichte nie persönlich kennengelernt, sondern nur Gerüchte über ihn gehört. Er sollte ein Abenteurer auf Silber-Rang sein, der keinerlei Gefahr scheute, solang es darum ging, Goblins zu erledigen. Für die vielen Dörfer, die immer wieder unter Angriffen der kleinen Teufel litten, klang er bestimmt wie ein Platin-Rang-Held. Die von ihm frei erfundene Geschichte über den Goblin Slayer kam gut bei seinen Zuhörern an und das war es, was wirklich für den Barden zählte.​
»Sag mal«, sprach ihn eine freundliche Stimme an.
Der Barde hob den Kopf. Vor ihm stand eine Gestalt, die ihr Gesicht unter einer Kapuze versteckte.
»Der Abenteurer, über den du gesungen hast ... Gibt es ihn wirklich?«
»]a, natürlich.«
Der Barde schwelte stolz die Brust. Es gehörte zu seinem Beruf, so zu tun, als wäre seine Geschichte echt.
»Er soll in einer Stadt im westlichen Grenzgebiet zu finden sein, zwei, drei Tagesmärsche von hier.«
»Ach, ja?«, antwortete die Gestalt vor ihm und schlug die Kapuze zurück.
Es handelte sich um eine Frau mit enganliegender Jagdkleidung und einem Bogen. Der Barde riss vor Erstaunen weit die Augen auf, denn die Frau war nicht nur bildhübsch, sondern hatte auch Ohren so lang wie Bambusgras. Sie war eine Elfe.
»Orcbolg.«​

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Intermission II
Die Gilden Angestellte


» Herzlich willkommen, wie kann ich Ihnen helfen? Sie haben eine Bitte? Ein Interview? :Ober meine Arbeit? Ähm, ja ... «
»Die Gilde der Abenteurer ... Ja, ich höre öfter, dass Leute sich fragen, warum es eine Vereinigung solcher Rohlinge geben sollte. Ursprünglich war die Gilde nichts weiter als eine Kneipe, in der sich Abenteurer versammelten. Der damalige König entschied sich dafür, daraus die heutige Gilde der Abenteurer entstehen zu lassen, und unterstützt sie seither. Mittlerweile ist die Gilde also eine offizielle Einrichtung. Ich bin ja auch schließlich eine echte Beamtin. Verstanden?«​
» Ein Profi? Hi hi ... Ich bin nicht anders als meine Kollegen und Kolleginnen. Ich hatte wirklich Glück, hier angestellt zu werden.«
»Die Abenteurer strengen sich an, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen. Schließlich steht das Vertrauen in Zusammenhang mit besseren Aufträgen. Den Auftraggebern können wir versichern, entsprechend starke Abenteurer loszuschicken, während diese nicht Gefahr laufen, unzureichend bezahlt zu werden.«​
»Natürlich gibt es Abenteurer, die mehr Aufregung erzeugen als andere. Manche behaupten sogar, dass sie von einer legendären Waffe auserkoren wurden oder dass die Götter sie beschützen. Es ist nicht immer einfach, ihre Fähigkeiten einzuschätzen.«​
» Ja, solche gibt es auch. Sie denken, dass alle Frauen sie lieben, und belästigen jedes weibliche Wesen, das ihnen über den Weg läuft. Das ist wirklich unmöglich ... «​
»Abenteurer werden von der Gilde nach drei Kriterien bewertet: ihre Beiträge zur Gesellschaft, die bisherige Gesamtsumme ihrer Belohnungen und ihr Charakter. Das letzte Kriterium wird in Interviews überprüft. Die Kombination aller drei Kriterien wird von manchen auch als Erfahrungspunkte bezeichnet.«​
»Der höchste Rang ist Platin. Er thront über allen anderen und wurde bisher nur von äußerst wenigen Abenteurern erreicht. Der zweite ist Gold, darauf folgen Silber und Bronze. Diese Abenteurer haben bewiesen, dass sie vertrauenswürdig und stark sind. Es sind Abenteurer von außerordentlichem Charakter. Der fünfte Rang ist Rubin, der sechste Smaragd und der siebte Saphir. Abenteurer auf diesen Rängen sind das Rückgrat der Gilde, aber leider leiden wir seit Neuestem besonders hier unter Nachwuchsproblemen. Der achte Rang ist Eisen, der neunte Obsidian und der zehnte und niedrigste Porzellan. Diese Ränge sind für Anfänger gedacht, die sich noch nicht ausreichend im Feld bewiesen haben.«​
»Ja, in der Tat. Jeder dritte Rangaufstieg ist eine große Hürde, da man damit quasi in eine neue Klasse als Abenteurer eintritt.«​
»Wie? Ob es eine bestimmte Art von Aufträgen gibt, die unbeliebt ist? Doch, ja. Vor allem Goblin Aufträge sind nicht besonders beliebt und bleiben häufig liegen. Meistens sind kleine, arme Dörfer die Auftraggeber und die Belohnungen fallen deshalb vergleichsweise gering aus. Außerdem treten Goblins meistens in großen Gruppen auf und die Aufträge sind deshalb sehr aufwändig. Viele von ihnen sind zwar für Anfänger geeignet, aber ... Na ja ... Ach, entschuldigen Sie mich kurz. Es ist gerade ein Abenteurer gekommen.«​
»Herzlich willkommen! Wie kann ich Ihnen helfen?«​
»Goblins, bitte.«​

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Kapitel 5
Unerwartete Gäste.


»Orcbolg!«
Die Elfe rief dieses Wort, als würde sie einen Zauber wirken. Es war später Vormittag und die Abenteurer, die etwas länger geschlafen hatten, kamen gerade erst zur Gilde, um sich einen der übriggebliebenen Aufträge zu schnappen. Es war ruhiger als am Morgen, aber alle Besucher hatten ihre Augen auf die Elfe gerichtet.​
»Wow ... Die ist eine echte Schönheit.«​
Ein frischgebackener Krieger musste ungewollt pfeifen, als er die langohrige Abenteurerin sah.​
»Hey!«​
Die Heilige in Ausbildung aus seiner Gruppe verpasste ihm einen Schlag in die Seite.​
»Entschuldige ... «, sagte er mit einem Lächeln, aber sein Blick wanderte sofort zur Elfe zurück.​
Man konnte dem jungen Abenteurer keinen Vorwurf machen, denn Elfen waren von Natur aus wunderschön, und die hier anwesende war ein besonders attraktives Exemplar. Auch wenn das Konzept von Alter für das langohrige Volk so gut wie keine Bedeutung hatte, würde man sie von ihrer äußeren Erscheinung auf ungefähr siebzehn oder achtzehn Jahre schätzen. Sie hatte einen hochgewachsenen, dünnen Körper, der in enganliegende Jagdkleidung gehüllt war. Ihre Körperhaltung war sehr grazil und ähnelte der eines Rehs, und auf dem Rücken trug sie einen Bogen, weswegen sie eine Waldläuferin oder Bogenschützin sein musste. Um ihren Hals hing ein kleines silbernes Schildchen.​
»Das ist eine Hochelfe. Eine echte Nachfahrin der Naturgeister.«​
»Ihre Ohren wirken wirklich länger als die normaler Elfen ... «​
Eine Rhea- Druidin und ein Halbelf Schwertkämpfer aus der Gruppe des Panzerkriegers flüsterten miteinander. Ein Späher, der die Unterhaltung der beiden zufällig mitbekommen hatte, sagte: ,​
»Das sind sie ja auch.«​
Während sich die Anwesenden in der Eingangshalle erstaunt über die Gestalt vor ihnen unterhielten, schaute die Gilden Angestellte diese einfach verwirrt an und fragte:​
»Ähm, Oak? Meinen Sie eine Eiche?«​
Es war eine alltägliche Sache, dass Besucher an ihren Tresen kamen und Monsternamen riefen, aber von diesem hatte sie noch nie gehört. Da es mindestens 50.000 Monsterarten gab, kam es schon vor, dass sie die ein oder andere nicht kannte, aber irgendwie kam ihr der Name Orcbolg komisch vor. War es vielleicht ihr eigener Name? Oder sprach sie gerade Elfisch mit ihr?​
»Nein! Orcbolg!«​
Wahrend die Elfe sich wiederholte, legte sie den Kopf schief und murmelte:​
» Das ist wirklich seltsam. Dabei habe ich gehört, dass ich ihn hier finden kann.«​
»Ähm, reden Sie vielleicht von einem Abenteurer?«​
Die Gilden Angestellte drehte sich um und zog ein dickes Register aus dem Bücherregal, um nachzuschauen, ob dort ein Abenteurer unter dem Namen vermerkt war.​
» Du Dummkopf, das habt ihr Langohren davon, wenn ihr euch immer so hochnäsig verhaltet.«​
Ein kugelrunder Zwerg mischte sich in die Unterhaltung der beiden ein. Er konnte so gerade über den Tresen gucken und strich sich nachdenklich durch den langen weißen Bart. Er trug ungewöhnliche orientalische Kleidung und hatte an der Hüfte eine große Tasche mit allerlei Krams. Die Gilden Angestellte erkannte sofort, dass er ein Schamane vom Volk der Zwerge sein musste. Auch er trug ein silbernes Gildenabzeichen um den Hals.​
» Dies ist eine Festung der Menschen. Hier versteht niemand die Sprache der Elfen.«​
»Ach ja. Wie sollen wir ihn dann nennen?«, gab die Elfe schnippisch zurück. Sie verhielt sich überhaupt nicht so, wie man es von einer Hochelfe erwarten würde. Während der Zwerg sich selbstsicher durch den Bart streichelte, antwortete er kurz und knapp:​
»Natürlich Bartschneider!«​
»Nein, dieser Name ist mir auch nicht bekannt«, erklärte die​
Gilden Angestellte entschuldigend.​
»Wirklich nicht?!«​
»Nein, tut mir leid.«​
»Dich versteht sie auch nicht. Zwerge sind eben komplett unnütz. Sie sind dickköpfige Egozentriker.«​
Die Elfe konnte es sich nicht verkneifen, Salz in die Wunde des Zwergs zu streuen.​
»Sag das noch mal!!«​
Ihm platzte die Hutschnur und er wäre bestimmt auf sie losgegangen, wenn sie nicht doppelt so groß wie er gewesen wäre. Der Zwerg grummelte, aber setze dann ein verwegenes Grinsen auf.​
»Meine Güte. So sind die Elfen halt. Dünn, hart und oberflächlich. Passend zu ihrem Herzen ist auch ihre Brust flach wie ein Amboss.«​
Die Hochelfe wurde knallrot im Gesicht. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte den Zwerg wütend an.​
»Da ... Das hat damit doch nichts zu tun! Du Perversling! Im Gegensatz zu mir sind Zwerginnen ja wohl voll die Schreckschrauben!«​
»Das nennt man üppig. Da hat man was zum Anfassen.«​
Es war weit bekannt, dass Elfen und Zwerge nicht sonderlich gut miteinander klarkamen. Keiner wusste warum, selbst die ewig lebenden Elfen nicht. Vielleicht war es die einfache Tatsache, dass Elfen Bäume verehrten und Feuer hassten und Zwerge viele Bäume fällten, um ihre großen Feuer zu nähren. Aber was auch immer der Grund war, die beiden Streithähne würden von allein nicht so schnell aufhören, sich zu zanken.​
»Ähm ... Hören Sie bitte auf, sich zu streiten ... «​
Die Gilden Angestellte wusste nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. »Hey, ihr beiden. Wenn ihr streiten wollt, dann bitte nicht in der Öffentlichkeit.«​
Zwischen der Elfe und dem Zwerg war ein Wesen mit einem gewaltigen, schuppenbedeckten Körper und leicht fauligem Atem aufgetaucht. Die Gilden Angestellte musste vor Erstaunen schnaufen, denn vor ihr stand ein Echsenmensch. Er trug Kleidung, die sie noch nie gesehen hatte, und um seinen Hals hing neben einem silbernen Gildenausweis ein mysteriöses Amulett. Er schien ein Mönch zu sein.​
»Es tut mir leid, dass meine Begleiter für Unruhe sorgen.«​
Während der Echsenmensch sich bei der Gilden Angestellten entschuldigte, legte er die Hände zu einem mysteriösen Gruß zusammen.​
»Schon gut. Ich bin es gewohnt, dass Abenteurer ab und an etwas wilder sind!«​
Die Gilden Angestellte staunte über die seltsame Gruppe.​
Hochelfen waren zwar selten, aber es kam immer wieder mal vor, dass einige von ihnen Abenteurer wurden, um ihre Neugierde auf die Welt zu befriedigen. Zwerge liebten das Abenteuer und die Jagd nach unbekannten Schätzen, weshalb es keine Seltenheit war, dass man Zwergen-Abenteurern begegnete. Echsenmenschen hingegen wurden immer wieder als Monster geächtet, aber je nach Stamm führten sie auch freundliche Beziehungen zu den sprechenden Völkern. Jedoch war es äußerst selten, dass sie Abenteurer wurden.​
Die Gilden Angestellte hatte noch nie eine aus so unterschiedlichen Völkern zusammengesetzte Gruppe gesehen. Noch dazu waren alle drei Abenteurer des Silber-Rangs, des dritthöchsten Rangs aller Abenteurer. Sie schielte kurz zu dem Zwerg und der Elfe hinüber, die sich immer noch stritten, bevor sie sich dem Echsenmenschen zuwandte. Er wirkte auf sie ein wenig so, als würde er jeden Moment seine Reißzähne fletschen und sie anspringen.​
»Und wen suchen Sie jetzt?«, fragte sie ihn.​
»Hm. Leider bin ich auch nicht besonders kundig in der Sprache der Menschen, aber die Namen Orcbolg und Bartschneider sind so etwas wie Spitznamen.«​
Der Echsenmensch nickte, während er redete.​
»In eurer Zunge bedeuten sie so viel wie Goblin Schlächter. «​
»Ach!«​
Plötzlich hellte sich das Gesicht der Gilden Angestellten auf und sie klatschte freudig die Hände zusammen. Am liebsten hätte sie laut los gejubelt. Abenteurer von außerhalb waren gekommen, um ihn zu treffen. Das musste heißen, dass sich seine Heldentaten langsam herumsprachen. Diese Chance kann ich mir nicht entgehen lassen! Das könnte wichtig für ihn sein! Die Gilden Angestellte setzte ein besonders freundliches Lächeln auf und sagte: » Ich kenne ihn! Sehr gut sogar!«​
»Ach wirklich?«​
Der Echsenmensch riss die Augen weit auf und seine lange Zunge züngelte mehrmals aus seinem Mund heraus. Es schien das Echsenmenschen-Äquivalent eines Lächelns zu sein. Die Gilden Angstellte schockte dieser Anblick nicht im Geringsten und sie fragte ihn:​
»Darf ich Ihnen und Ihren Gefährten etwas Tee anbieten?«​
»Nein, für mich nicht ... Hey, ihr beiden. Die Person, die wir suchen, scheint wirklich hier Abenteurer zu sein.«​
»Siehst du. Ich hab dir doch gesagt, dass wir ihn hier finden würden.«​
» Jetzt sei nicht so eingebildet. Die Dame hinter dem Tresen​
hat noch nicht einmal verstanden, was du von ihr wolltest!«​
»Du hast gut reden.«​
»Wie bitte?!«​
Der Echsenmensch seufzte lang und wandte sich wieder der Gilden Angestellten zu: »Nun gut. Wo mag sich der werte Goblintöter denn aufhalten?«​
»Er ist vor ungefähr drei Tagen losgezogen, um Goblins zu erledigen.«​
» Ich verstehe, ich verstehe.«​
»Er sollte aber bald zurückkehren.« Die Gilden Angestellte war sich trotz leichter Sorgen sicher, dass Goblin Slayer unversehrt zurückkehren würde. Er würde auf keinen Fall gegen Goblins verlieren.​
»Ah!«​
Plötzlich klingelte die Glocke an der Tür und zwei​
Abenteurer kamen herein. Wahrend die Gilden Angestellte einen entzückten Gesichtsausdruck aufsetzte, schienen der Echsenmensch, die Hochelfe und der Zwerg eher weniger beeindruckt. Das lag nicht an der unscheinbaren Priesterin, sondern eher an dem Mann, der mit ihr durch die Tür trat. Seine Rüstung sah äußerst heruntergekommen aus und selbst frischgebackene Abenteurer besaßen meist bessere Ausrüstung als er. Ohne sich umzuschauen, kam er schnurstracks auf den Empfang zu. Die Priesterin musste sich beeilen, um mit ihm Schritt halten zu können.​
»Willkommen zurück! Ist alles gut gegangen?«​
Die Gilden Angestellte winkte den beiden so heftig zu, dass ihr Zopf wild hin und her sprang.​
»Es hat alles geklappt.«​
Wahrend Goblin Slayer emotionslos antwortete, schien die Priesterin am Ende ihrer Kräfte zu sein. Die Gilden Angestellte konnte ihre Erschöpfung gut verstehen. Jeden Tag zog Goblin Slayer aus, um Aufträge zu erledigen, und der Versuch, mit ihm mitzuhalten, musste wirklich anstrengend für sie sein.​
»Dann erstatten Sie mir später bitte Bericht,«​
»Nicht jetzt?«​
»Nein. Es sind Gäste für Sie gekommen, Goblin Slayer.«​
Erst jetzt schenkte er der Abenteurer-Gruppe, die neben ihm stand, Beachtung. Die Priesterin hatte sie bereits bemerkt und musste sich den Mund zuhalten, um nicht vor Verwunderung los zu quieken.​
»Goblins!«​
»Nein.«​
Die Hochelfe, schaute musterte ihn argwöhnisch, während sie sich wunderte, was er damit meinte.​
»Ach so.«​
»Du sollst Orcbolg sein? Ich dachte du siehst anders aus.«​
»Der bin ich nicht. Von wem redest du?«​
Die Elfe verzog genervt das Gesicht, während der Zwerg sich zurückhalten musste, um nicht laut loszulachen. Der Echsenmensch legte die Hände zusammen und senkte den Kopf vor Goblin Slayer.​
»Wir würden gerne etwas mit dem werten Goblintöter besprechen. Könnten wir etwas Zeit haben?«​
»Von mir aus.«​
»Im Obergeschoss ist ein Besprechungszimmer, das Sie benutzen können.« Der Echsenmensch wandte sich der Gilden Angestellten zu und faltete die Hände, um sich bei ihr zu bedanken. Die Priesterin hatte die ganze Unterhaltung still von der Seite beobachtet, aber fragte jetzt: »Ähm ... Soll ich auch? Wäre es nicht besser, wenn ich dabei bin?«​
»Ruh dich aus«, antwortete Goblin Slayer.​
Die Priesterin nickte langsam und sah zu, wie Goblin Slayer zusammen mit den anderen Abenteurern die Treppe hinaufstieg.​
* * *
»Hach ... «​
Die Priesterin saß auf Goblin Slayers Stammplatz in der Eingangshalle und wartete. In den Händen hielt sie eine Tasse Tee, die die Gilden Angestellte freundlicherweise für sie aufgesetzt hatte. Vorsichtig nahm sie einen Schluck.​
»Ah ... «​
Während sich die wohlige Wärme in ihrem Körper ausbreitete, entglitt ihr ein Seufzer. Die Priesterin hatte es erst vor Kurzem bemerkt, aber die Gilden Angestellte mischte immer etwas Ausdauertrank in den Tee, weshalb es sich anfühlte, als würde er die Müdigkeit aus ihren Gliedmaßen vertreiben. Ob ich ihm wohl ein Klotz am Bein bin? Goblin Slayer trug den Silber-Rang, aber sie selbst war noch auf dem Porzellan-Rang. Obwohl der Rangunterschied zwischen ihnen immens war, hatte sie eigentlich nicht das Gefühl, dass sie ihn bei der Arbeit behinderte, aber . . . Ihre Augenlider fühlten sich immer schwerer an und obwohl die in der Halle anwesenden Abenteurer sich lautstark unterhielten, reichte es nicht, um die Priesterin wachzuhalten. Langsam fielen ihr die Augen zu ...​
» Hey, sag mal.«​
»Ah ... Ja?!«​
Vor Schreck schoss die Priesterin von ihrem Sitz hoch. Ein Porzellan Rang Krieger, der ihr irgendwie bekannt vorkam, hatte sie mit nervöser Stimme angesprochen. Neben ihm stand eine Heilige in Ausbildung, die einen Anhänger in der Form einer Waage und eines Schwerts um den Hals trug. Es war das Abzeichen des erhabenen Gottes, der das Recht und die Gerechtigkeit der Welt überwachte.​
»Du ... bist immer mit ihm unterwegs, oder?«​
»Ihm? Was?«​
Die Priesterin verstand nicht ganz, was der Krieger sie fragen wollte.​
»Er meint den Typ, der immer den Helm trägt«, erklärte die Heilige.​
»Meint ihr Goblin Slayer?«​
» Ja, genau ... «​
Der Krieger beugte sich zu ihr vor und begann zu flüstern.​
» Du bist doch auch auf Porzellan- Rang. Willst du dich nicht lieber uns anschließen?«​
Die Priesterin schluckte, während die Gefühle in ihr hoch wallten. Sie ballte die Hände fest zu Fäusten, sammelte sich kurz und schüttelte dann langsam den Kopf.​
»Das ist nett von euch, aber nein danke.«​
»Ja, aber was ist mit dem los? Er trägt den Silber-Rang, bekämpft aber immer nur Goblins ... Wieso kämpft er nicht gegen größere Monster?«, fragte der Krieger.​
Auch die Heilige meldete sich mit besorgtem Ton zu Wort:​
»Es wird gemunkelt, dass er dich als Lockvogel benutzt. Außerdem habe ich gehört, dass er andere Abenteurer schon häufiger im Stich gelassen hat ... «​
Die Priesterin antwortete mit aggressiver Stimme:​
»Nein, das stimmt nicht!«​
»Hey, bitte nicht streiten.« Die drei Anfänger wussten nicht, wie sie es geschafft hatte, aber plötzlich stand die kurvige Silber-Rang-Hexe neben ihnen.​
»Was? Wir streiten uns gar nicht ... «​
»Ist schon gut. Geht einfach darüber. Ja?«​
»Komm schon«, sagte die Heilige und zog den Krieger am Ärmel davon.​
Die Hexe kicherte freundlich und sagte:​
» Überlasst den Rest bitte mir,«​
Die Priesterin sank zurück auf den Stuhl und nahm sich die​
Tasse Tee. Die Hexe ließ sich auf dem Stuhl neben ihr nieder.​
»Nun gut ... Du bist gerne bei ihm, oder?«​
»Äh, ja! Er erlaubt es mir, ihn zu begleiten.«​
»So kann man es auch nennen ... Er ist ziemlich gefühlskalt, nicht wahr?«​
»Ähm ... ?«​
» Du verstehst nicht, worauf ich hinauswill, oder?«​
Die Priesterin machte eine entschuldigende Bewegung, aber die Hexe schaute sie nur liebevoll an. Sie holte eine lange Pfeife hervor und stopfte sie elegant.​
»Dürfte ich? Inflamare.«​
Ohne auf eine Antwort der Priesterin zu warten, entzündete sie den Tabak.​
» Worte von wirklicher Macht. Zauberspruch-Verschwendung ... oder?«​
Die Hexe musste über den verwirrten Gesichtsausdruck der Priesterin lachen und fragte:​
» Wie viele Wunder beherrschst du bereits?«​
»Ähm ... Bis vor Kurzem waren es noch zwei, aber jetzt sind es vier. Jedoch kann ich sie nicht häufiger als dreimal wirken.«​
»Eine Porzellan-Rang-Priesterin, die bereits vier Wunder beherrscht ... Beeindruckend.«​
» Vi. .. Vielen Dank ... «​
Die Priesterin verbeugte sich und ließ ihren Körper dadurch noch kleiner wirken, als er eh schon war.​
»Ich habe früher auch mal einen seltsamen Auftrag von ihm angenommen ... «​
»Was?«​
Die Priesterin erschrak.​
»Du denkst gerade an etwas Schmutziges ... oder?«​
»Äh ... «​
»Ich habe ihm mit einer Schriftrolle geholfen. Es war ein wenig komisch ... Es ist mühsam, oder? Ich meine, ihn zu begleiten.«​
»Ja ... Schließlich trägt er den Silber-Rang.«​
Die Priesterin verzog leicht das Gesicht. Sie schaute nach unten und sah den Rest Tee in ihrer Tasse.​
» Ich brauche meine ganze Kraft, nur um hinter herzukommen. Ich bereite ihm nichts als Ärger«​
»Und dennoch scheint er gut zurechtzukommen.«​
Die Hexe nahm einen tiefen Zug von ihrer Pfeife und atmete den Rauch als Ring aus. Dieser traf die Priesterin im Gesicht und sie musste ein wenig husten.​
»Oh, tut mir leid.«​
Die Hexe lachte kurz und sagte:​
»Er ist nun mal so. Tag für Tag Goblins. Jahrelang. Pausenlos. Für jemanden vom Porzellan-Rang muss das wirklich hart sein ... «​
Nachdenklich drehte sie ihre Pfeife.​
»Goblins zu vertreiben, ist in der Tat gut für die Welt. Wahrscheinlich sogar besser, als irgendwelche größeren Bestien zu bezwingen.«​
Sie zeigte mit der Pfeife auf einen Abenteurer in der Eingangshalle. Der Speerkämpfer nieste.​
»Nichtsdestotrotz ... Es wäre falsch zu sagen, dass die ständige Jagd auf Goblins nur gute Seiten hat.«​
Die Priesterin wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, und starrte weiter schweigend in ihre Tasse.​
»Es existieren noch viele andere Monster auf der Welt, oder?​
Zum Beispiel in der Hauptstadt.«​
Sie hatte natürlich recht. In dieser Welt existierten so viele Gefahren, dass das Militär sich niemals allein um alle kümmern konnte, und Goblins waren nur eine davon.​
»Auch andere Menschen müssen gerettet werden ... Du hättest dich genauso gut den beiden von eben anschließen können, oder?«​
»Das ... Das stimmt zwar, aber ... «​
Die Priesterin erhob ungewollt die Stimme und rutschte auf ihrem Stuhl nach vorn, aber am Ende blieben ihr die Worte im Hals stecken.​
»Hi hi ... Es gibt nun mal viele Wege und nichts ist in Stein gemeißelt. Es ist nicht immer einfach ... «​
Sie streichelte der Priesterin sanft über den Kopf und sagte:​
» Tut mir leid.« Der süßliche Geruch des Tabaks hüllte die Priesterin ein und beruhigte sie ein wenig.​
»Wenn du ihn wirklich begleiten willst, dann solltest du auch den dafür nötigen Willen aufbringen.«​
Mit diesen Worten stand die Hexe elegant von ihrem Stuhl auf.​
»Bis dann ... Ich habe jetzt ein Date mit dem Abenteurer hier,«​
Sie winkte kurz und verschwand in der Menge.​
Den nötigen Willen . . . Die Priesterin trank einen weiteren Schluck Tee, dabei war er längst kalt.​
* * *
Nachdem sie den Besprechungsraum betreten hatten, nahm die Elfe ihren Bogen von den Schultern und fragte Goblin Slayer:​
»Du trägst wirklich den Silber-Rang?«​
Die Stühle in dem Raum hatten kupferfarbene Bezüge und inmitten von ihnen stand ein glänzend polierter Tisch. In den Regalen lagen Schädel und Zähne von Monstern, die Abenteurer als Trophäen von ihren Aufträgen zurückgebracht hatten.​
»So sagt es die Gilde«, antwortete Goblin Slayer und ließ sich mit einem Rums auf einen der Stühle fallen.​
»Das ist schwer zu glauben.«​
Die Elfe setzte sich auf den gegenüberliegenden Stuhl und schüttelte den Kopf.​
»Schließlich siehst du ziemlich schwach aus.«​
»Pass auf, was du sagst, Langohr.«​
Der Zwerg schmunzelte überlegen und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. Auch wenn die Gilde häufiger Besucher anderer Völker willkommen hieß, waren die Stühle in diesem Raum zu groß für Rhea und Zwerge. »Edelsteine und Metall sind vor dem Schmieden einfach nur Gestein. Zwerge bewerten Dinge nicht nach ihrem Aussehen.«​
»Ach, wirklich!«​
» Ja, schau genau hin. Eine Lederrüstung für die Bewegungsfreiheit und schwere Rüstungsteile zum Schutz vor Dolchstößen.«​
Der Zwerg musterte Goblin Slayer von oben bis unten. Er war zwar ein Schamane, aber auch immer noch ein Zwerg und deshalb kannte er sich vorzüglich mit Waffen und Rüstungen aus.​
»Der Helm schützt den Kopf. Ein Kurzschwert und ein kleiner Schild ermöglichen den Kampf in engen Gängen.«​
» Warum ist er dann so schmutzig?«​
»Um den Geruch von Metall zu überdecken«, mischte sich Goblin Slayer genervt ein.​
»Die Biester haben guten Nasen.«​
»Da du ausschließlich mit dem Bogen kämpfst, fehlt dir die Erfahrung, Langohr«, schimpfte der Zwerg mit der Elfe.​
» Urgh ... «, grummelte sie beleidigt, aber da er recht hatte, widersprach sie ihm letztlich nicht. Als Elfe war sie eine hervorragende Jägerin und wusste, wie wichtig es war, Gerüche zu überdecken. Allerdings war sie für eine Hochelfe noch relativ jung und die wenigen Jahre, die sie bisher als Abenteurerin verbracht hatte, hatten sie noch nicht genug über das Leben außerhalb des Waldes gelehrt. Mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck sagte der Zwerg:​
»Du bist immer noch grün hinter den Ohren. Verlass dich lieber auf Veteranen wie mich.«​
»Hmpf! Ich bin zweitausend Jahre alt. Wie alt bist du?«​
» Hundertsieben. «​
»Meine Güte.«​
Die Hochelfe begann zu lachen, während sich der Zwerg niedergeschlagen durch den Bart fuhr.​
Goblin Slayer war bereits genervt von dem Verhalten der beiden und dachte darüber nach, wieder hinunterzugehen, als der Echsenmensch, der sich in eine Ecke des Raums gestellt hatte, aufgewühlt mit seinen Händen in der Luft herumwedelte.​
»Hört bitte auf, über euer Alter zu reden. Wir haben im Gegensatz zu euch nur sehr kurze Leben.«​
»Und? Was wollt ihr jetzt von mir?«, fragte Goblin Slayer.​
»Ach ja ... « Die Hochelfe setzte einen ernsten Gesichtsausdruck auf. »Du weißt, dass in der Hauptstadt die Zahl der Dämonen zugenommen hat, oder?«​
»Mir egal.«​
»Der Grund dafür ist die Wiederauferstehung des Dämonenfürsten. Er will eine Armee aufstellen und die Welt vernichten.«​
»Ach so?«​
»Wir sind deswegen ... bei dir ... um Hilfe zu ... «​
»Fragt jemand anderen«, unterbrach Goblin Slayer die Elfe.​
»Ich interessiere mich nur für Goblins.«​
»Begreifst du es nicht?«, erwiderte sie mit einem zornigen Unterton.​
Ihre langen Ohren begannen zu zucken.​
»Die ganze Welt steht auf dem Spiel! Hörst du mir überhaupt richtig zu?!«​
»Ja.«​
»Na also ... «​
»Aber nur weil die Welt in Gefahr ist, werden die Goblins nicht aufhören, Dörfer anzugreifen«, erklärte Goblin Slayer mit kalter, gleichgültiger Stimme. »Selbst in Zeiten wie diesen können wir die Gefahr durch Goblins nicht einfach ignorieren.«​
»Willst du es nicht verstehen? Wie kannst du nur?!«​
Das Gesicht der Elfe wurde mit einem Schlag knallrot. Sie warf sich über den Tisch und wollte Goblin Slayer beim Kragen packen.​
»Beruhige dich, Langohr! Denk doch mal nach.«​
Der Zwerg schaffte es, sie in letzter Sekunde zurückzuhalten.​
» Wir sind nicht hier, um ihn dazu zu zwingen, uns zu helfen. Ein Platin- Rang könnte so etwas vielleicht machen, aber wir doch nicht.«​
»Das mag sein, aber ... «​
» Ja, jetzt beruhige dich erst einmal. Lass uns in aller Ruhe mit ihm reden.« Er schalt die Elfe mit einer leichten Handbewegung seiner kleinen rauen Hand.​
»In Ordnung ... «​
Die Elfe setzte sich schmollend zurück auf ihren Platz. Als der Zwerg sah, dass Goblin Slayer sich keinen Zentimeter bewegt hatte, musste er lachen. »Der Junge ist wahrlich Bartschneider«​
Er hat starke Nerven.«​
»Also habt ihr nichts dagegen einzuwenden, wenn ich darum bitte?«, fragte der Echsenmensch seine Kameraden.​
»Nein. Keine Einwände.«​
Der Zwerg spielte sich ein wenig auf.​
»Lieber er als ein Feigling.«​
» Werter Goblintöter, versteh uns bitte nicht falsch. Wir sind hier, weil wir dich bitten wollen, Goblins auszulöschen.«​
»Ach so, dann nehme ich an.«​
Goblin Slayer hatte mit seiner schnellen Antwort der Gruppe die Sprache verschlagen.​
»Wo denn? Wie viele?«​
Die Hochelfe war sichtlich sauer, der Echsenmensch riss die Augen weit auf und der Zwerg sagte:​
»Immer mit der Ruhe. Hör dem Schuppigen doch bis zum Ende zu.«​
»Natürlich.« Goblin Slayer nickte.​
»Aber ich brauche Informationen. Wie ist das Nest aufgebaut? Gibt es einen Schamanen? Oder vielleicht Hobs?«​
» Ich dachte eigentlich, dass du zuerst nach der Höhe der Belohnung fragen würdest.«​
Die Zunge des Echsenmenschen zischte aus seinem Mund und traf kurz seine Nase. Diese Bewegung war wohl vergleichbar mit der eines Menschen, der sich vor Scham die Hände vors Gesicht hielt.​
»Wie gerade schon erwähnt wurde, rückt tatsächlich eine Dämonenarmee näher. Einer der versiegelten Dämonenfürsten ist wieder erwacht und versucht uns anzugreifen.«​
»Kein Interesse«, meinte Goblin Slayer.​
»Etwas Ähnliches ist doch bereits vor zehn Jahren passiert.«​
»Hm, ich dachte mir bereits, dass du dich dafür nicht interessieren würdest.« Der Echsenmensch verdrehte die Augen und nickte mit einem gezwungenen Lächeln. Die Hochelfe verzog währenddessen das Gesicht auf die verschiedensten Arten. Sie konnte einfach nicht fassen, dass Goblin Slayer die Zukunft der Welt dermaßen egal war.​
»Um sich über die Situation zu beraten, haben sich die Anführer der Menschen, der Echsenmenschen, der Zwerge und der Elfen versammelt.«​
»Tja, und die Rhea interessieren sich nicht für Kriege ... Wie auch immer, wir sind so etwas wie die Laufburschen dieser Versammlung.«​
Der Zwerg schlug sich auf den Bauch. ,​
»Und weil wir Abenteurer sind, werden wir dafür belohnt. Um zum Punkt zu kommen, seit Neuestem tauchen immer mehr dieser heimtückischen Goblins im Elfengebiet auf.«​
Goblin Slayer murmelte:​
»Vielleicht weil unter ihnen ein Champion oder ein Lord geboren wurde ... « »Das mag sein«, antwortete der Zwerg.​
»Ein Champion oder Lord?«, fragte die Elfe neugierig.​
»Ein Held, ein König der Goblins. Für sie ist er so etwas wie für uns jemand auf Platin- Rang.«​
Goblin Slayer verschränkte die Arme und brummte:​
»Hm ... «Erschien die Lage sehr ernst zu nehmen. Die Elfe hatte das Gefühl, dass er irgendetwas im Kopf durchrechnen würde. »Na, egal. Es fehlt mir an Informationen. Fahrt fort.«​
»Im Rahmen unserer Nachforschungen haben wir ein großes Nest ausfindig gemacht ... «​
»Aber gegen Goblins wird die Armee nicht eingesetzt. Es ist immer das Gleiche«, unterbrach Goblin Slayer den Echsenmensehen im wissenden Tonfall.​
»Die Könige der Menschen haben uns zwar als gleichwertig akzeptiert, aber sie sehen uns nicht als Freunde.«​
Die Elfe zuckte mit den Schultern.​
»Wenn die Elfen plötzlich und ohne jegliche Abstimmung ihre Armee einsetzen, würden die Könige der Menschen misstrauisch. Deshalb wurde diese Aufgabe uns Abenteurern überlassen, aber uns fehlt ein Repräsentant der Menschen. Deswegen wollen wir, dass du uns begleitest, Orcbolg. «​
»Du weißt echt nicht, wie man mit Worten umgeht, Langohr«, sagte der Zwerg mit einem tiefen Lacher. Die Elfe starrte ihn kurz an, wandte den Blick dann aber wieder Goblin Slayer zu.​
»Habt ihr eine Karte?«, fragte dieser gelassen.​
»Hier,« Der Echsenmensch holte eine Schriftrolle hervor.​
Goblin Slayer nahm sie und rollte sie aus. Es war eine typische Elfenkarte, gemalt auf getrockneter Baumrinde mit abstrakten, aber dennoch genauen Strichen. Sie zeigte ein alt wirkendes Gebäude inmitten einer Ebene.​
»Eine Ruine?«​
» Wahrscheinlich. « »Anzahl?«​
»Wir wissen nur, dass es sich um ein großes Nest handelt.« »Gut, ich breche sofort auf. Meine Belohnung könnt ihr frei​
bestimmen.« Goblin Slayer stand abrupt auf, verstaute die Karte in seiner Tasche, überprüfte kurz seine Ausrüstung und bewegte sich in Richtung Tür.​
»Mo ... Moment mal!«, rief die Elfe aufgeregt und sprang von ihrem Stuhl auf. Ihre Ohren wackelten hin und her. »Willst du etwa alleine gehen?«​
»Das habe ich vor.«​
»Soll das ein Scherz sein?« Die Elfe traute ihren Ohren nicht. » Willst du dich allein mit ihnen anlegen? Bist du noch bei Trost?« »Gehört die Priesterin der Erdmutter nicht zu deiner Gruppe, werter Goblintöter? «, fragte der Echsenmensch.​
»Sie soll sich ausruhen.«​
Auf seinem Weg zur Tür ging Goblin Slayer an dem Speerkämpfer vorbei, der ihm einen bösen Blick zuwarf und murmelte:​
»Was ist nur mit dem los?«​
Goblin Slayer war aber bereits in seinen Gedanken ganz woanders. Er musste noch Seile, Keile, Öl, Gegengift, Heiltränke und viele andere Verbrauchsgegenstände besorgen, bevor er sich auf den Weg machen konnte. Außerdem müsste er noch Proviant besorgen, um bei Kräften zu bleiben. Da er allein unterwegs war, würde er nur die wichtigsten Dinge für sein Lager brauchen. Hoffentlich würde die Schriftrolle funktionieren ...​
»Goblin Slayer!«​
Kurz bevor er die Gilde verlassen hatte, hörte er, wie sich hinter ihm leichte Schritte näherten. Er schnaufte.​
»Hast du einen neuen Auftrag?«​
Es war die Priesterin. Sie war von dem kurzen Sprint zu ihm bereits außer Atem.​
»Ja, Goblins töten.«​
»Das dachte ich mir bereits. Dann bereite ich mich sofort ... «​
»Nein«, unterbrach Goblin Slayer sie.​
»Ich gehe allein.«​
»So was!«​
Die Priesterin erhob verwundert die Stimme. Die restlichen Abenteurer in der Eingangshalle drehten sich verwundert den beiden zu, aber wandten sich sofort wieder ab, als sie merkten, dass einer von ihnen Goblin Slayer war.​
Die Priesterin war außer sich. Sie würde ihn nicht allein gehen lassen.​
»Willst du mich nicht zumindest fragen?«​
Goblin Slayer legte verwirrt den Kopf zur Seite und sagte:​
»Hab ich doch.«​
»War das eben eine Frage ... ?«​
»]a, was denn sonst?«​
Die Priesterin musste laut seufzen, bevor sie ihn belehrte:​
»Wenn ich nicht mit ja oder nein antworten kann, zählt das nicht als Frage.«​
» Ach, wirklich?«​
Der Typ ist wirklich unverbesserlich. In entschlossenem Ton sagte sie:​
»Dann komme ich mit!« Goblin Slayer schaute die Priesterin an. In ihren Augen spiegelte sich sein dreckiger, verschrammter Helm.​
»Ich kann dich schließlich nicht allein lassen.«​
»Mach, was du willst.«​
»Ja, das werde ich auch!«​
Die Priesterin hielt ihren Stab fest in beiden Händen und lächelte ihn an. »Dann hol dir jetzt deine Belohnung.«​
»Dann warte bitte kurz auf mich. Ach, der Bericht ... «​
»Den können wir später abgeben.«​
»Verstanden!«​
Goblin Slayer wartete bei der Tür, während die Priesterin zum Empfang eilte.​
»Ich kenne niemanden, der so schwer von Begriff ist wie er, aber irgendwie macht er mir Hoffnung«, meinte der Zwerg, der zusammen mit seinen Kameraden das Spektakel von einem Treppenabsatz aus beobachtet hatte. Er schritt zuerst die Treppe hinunter und strich sich dabei lächelnd über den Bart.​
»Wenn ich ihn allein ziehen lasse, würde ich große Schande über meine Vorfahren bringen.« Hinter ihm folgte der Echsenmensch. Dieser wackelte mit dem Schwanz, während er eine Stufe nach der anderen nahm. Die Elfe folgte den beiden und wusste nicht, was sie sagen sollte. Orcbolg ... Ein Abenteurer, der Goblins tötet . . . Sie konnte sich gar nicht mehr erklären, wieso sie ihn sich ganz anders vorgestellt hatte. Er war für sie fast schon wie ein Wesen von einem anderen Planeten. Willst du dich jetzt von so einem kurzen Schock stoppen lassen? Sie musste lachen. Hatte sie nicht auf der Suche nach solchen Erlebnissen den Wald verlassen? Sie überprüfte den Zustand ihres Bogens und hing ihn sich wieder über die Schulter.​
»Also wirklich! Ihr solltet mich als Älteste dieser Gruppe mehr respektieren, oder?«, sagte sie und sprang die restlichen Treppen hinunter.​
Abenteurergruppen bildeten sich oft auf die wundersamsten Weisen.​

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»Hm? Ein Interview ... Goblins vertreiben? Das ist aber eine komische Frage.«​
»Goblins greifen ein Dorf an und die Bewohner kommen zu uns. Oh Held, rettet uns und töte sie. Bitte rettet uns. Wir flehen Euch an! Also besorgen wir uns Waffen, töten die Goblins und erhalten dafür Geld. Nichts weiter als Hack and Slay.«​
» Ja, natürlich ist es einfache Arbeit. Ich kann nicht leugnen, dass wir Glück hatten, aber na ja ... Man erhält Erfahrung im Spurensuchen und Kämpfen und die Gilde ist einem echt dankbar dafür, dass man geholfen hat. So ist das nun mal. Meine Heimat wurde letztens von Goblins angegriffen und da kamen auch Abenteurer, um sie zu retten.«​
» Wie soll ich sagen ... Man kann Abenteurer, die gegen Goblins kämpfen, in drei Gruppen einteilen: Die, die sie spielend erledigen. Die, die eine Niederlage kassieren und daraus lernen. Und die, die das Ganze unterschätzen und ausgelöscht werden.«​
» Wir? Wir haben sie spielend erledigt ... Oder zumindest tun wir das jetzt. Natürlich mussten wir uns auch unsere Sporen verdienen. Wir haben so einiges durchgemacht.«​
» Unser Späher trug die Laterne. Er stolperte und dann wurde es stockfinster. Erst später fanden wir heraus, dass die Biester Seile aufgespannt hatten. Da sie durch das Licht und den Krach wussten, wo wir waren, griffen sie uns in der Dunkelheit an.«​
»Der junge Magier in unserer Gruppe wollte gleich seinen Zauber wirken, aber ich sagte ihm, dass er ihn sich aufsparen soll. Es brach das totale Chaos aus.«​
»Die Goblins hatten uns umzingelt. Wir kämpften so tapfer, wie wir konnten! Schlitz! Schlitz! Bamm! Ah! Ich wusste nicht, ob ich auf Stein schlug oder durch Fleisch schnitt. Ich wurde auch verletzt, ich hatte schließlich nur eine billige Rüstung an. Ich dachte, dass ich jeden Moment sterben würde ... «​
»Was grinst du denn so? Verdammt! Selbst die größten Abenteurer haben mit Goblins angefangen! Also hör auf zu lachen, wenn du ein Paladin werden möchtest!«​
» Tut mir leid. Die, also diese Ritterin, gehört zu meiner Gruppe. Aber bin ich der Anführer ... «​
»Wo war ich? Genau! Das Nest wurde von einem großen Vieh angeführt, aber mein Schwert war an etwas hängen geblieben. Es hatte eine Axt und schwang diese wie ein Wilder durch die Gegend. Ich dachte wirklich, dass es mein Ende wäre, aber plötzlich ertönte ein lautes Krawoom! Ein Feuerblitz- hatte dem Gegner den Garaus gemacht.«​
» Unsere Ritterin konnte Wunder wirken. Wir besaßen etwas Geld und hatten davon vorher Ausrüstung und Gegengifte gekauft. Am Ende haben wir zwar keinen Gewinn gemacht ... aber das alles hat uns gerettet.«​
»Ja, ich glaube, dass Vorbereitung der Schlüssel zur Goblin Jagd ist ... Ja.«​
»Selbst wenn du neunundneunzig von hundert Kämpfen gegen Goblins gewinnst, kann der nächste dein letzter sein. Es ist wie ein Würfelwurf und deshalb glaube ich, man sollte sich lieber mit einem Drachen anlegen. Außerdem sind wir jetzt Abenteurer auf Silber-Rang. Um die Gruppe aufrechtzuerhalten, können wir keine billigen Aufträge mehr annehmen. Da die Goblins so ziemlich die schwächsten Monster sind, sollen sich lieber die Anfänger um sie kümmern.«​
»Natürlich überleben es nicht alle, aber die Wahrscheinlichkeit ist höher, als wenn sie sich einem Drachen stellen, oder?«​
»Na ja, wie gesagt, am Ende ist es nichts anderes, als einen Würfel zu werfen.«​

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Kapitel 6
Reisegefährten



Bevor man sich versah, waren drei Tage vergangen. Die beiden Monde standen hoch am Sternenhimmel und vor ihnen erstreckten sich schier endlos wirkende Felder. Die fünf Abenteurer saßen in einem Kreis um ein Feuer, von dem eine dünne Rauchfahne aufstieg. Weit hinter ihnen lag der Wald, in dem die Elfen wohnten.​
» Warum seid ihr eigentlich alle Abenteurer geworden?«, fragte die Elfe.​
»Das ist doch klar«, antwortete der Zwerg.​
»Weil ich all die leckeren Dinge dieser Welt essen möchte. Und du, Langohr?«​
»Das dachte ich mir ... Ich, weil ich die Welt bereisen wollte.«​
»Ich möchte Ketzer töten«, erklärte der Echsenmensch, um meine Stellung zu verbessern und ein Drache zu werden.«​
»Wie?«​
» Ähm ... «, warf die Priesterin ein.​
» Religiöse Gründe kann ich gut nachvollziehen. Bei mir ist es genauso.«​
»Um Goblins ... «​
»Ja, schon klar. Spare dir den Atem.«​
Die Elfe unterbrach Goblin Slayer sofort.​
»Hey, Langohr. Unterbrich den Mann nicht.«​
Der Zwerg schnalzte mit der Zunge und zerbrach ein paar Zweige, um sie ins schwächelnde Feuer zu werfen. Elfen hassten Feuer und errichteten Schutzbarrieren, um alles fernzuhalten, was brennt. Obwohl ihr Wald weit entfernt war, zeigte die Barriere selbst hier noch ihre Wirkung.​
»Echt lecker. Was ist das für ein Fleisch?«, fragte der Zwerg, während er sich bereits den dritten Grillspieß nahm.​
»Es freut mich, dass es dir mundet.«​
Der Echsenmensch fletschte zufrieden die Zähne.​
»Das ist getrocknetes Sumpfmonsterfleisch. Ich habe exotische Gewürze benutzt. So etwas habt ihr noch nie gegessen, oder?«​
»Deswegen kann keiner Zwerge leiden. Ihr seid nichts weiter als fleischfressende Nimmersatte«, spottete die Elfe.​
»Du falsches Häschen verstehst nur nicht, was gut daran ist, weil du immer nur Blätter frisst'«​
Als wollte er seine Aussage damit untermauern, leckte sich der Zwerg das Fett von den Fingern und biss herzhaft in das nächste Stück Fleisch.​
»Ähm ... Möchtest du vielleicht etwas Suppe essen? Es ist zwar nichts Besonderes, aber ... «​
»Ja, sehr gerne!«​
Die Priesterin hatte gekonnt aus einigen Bohnensorten eine Suppe gekocht. Da die Elfe nichts vom Fleisch gegessen hatte, freute sie sich über das Angebot.​
» Was für ein sanfter Geschmack!« Die Elfe war sichtlich beeindruckt von den Kochkünsten der Priesterin.​
»Zum Dank möchte ich auch etwas mit dir teilen.«​
Die Elfe zog ein kleines in Blätter eingewickeltes Päckchen aus ihrer Tasche. Es enthielt ein Lebensmittel, das die Priesterin entfernt an Brot erinnerte. Als die Elfe es in der Mitte durchbrach, verströmte es einen süßlichen Duft.​
»Ist das Zwieback? Kekse sind es nicht, oder?«​
»Das ist ein haltbares Nahrungsmittel der Elfen. Eigentlich dürfen wir es nicht mit anderen teilen, aber heute mach ich eine Ausnahme.«​
»Lecker! Knusprig, aber innen ganz weich ... «​
Kaum hatte die Priesterin einen Bissen genommen, purzelte das Lob nur so aus ihr heraus.​
»Ja? Das freut mich.«​
Die Elfe tat so, als würden sie die Worte der Priesterin nicht kümmern, aber ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie sich freute.​
»Na dann werde ich mal nicht so sein und euch was ganz Besonderes probieren lassen!«​
Mit diesen Worten holte der Zwerg eine große Keramikflasche hervor. Als er einen Schluck der enthaltenen Flüssigkeit in einen Becher schüttete, stieg den Abenteurern der Geruch von Alkohol in die Nase.​
»Ha ha. Macht euch auf etwas ganz Besonderes gefasst! Das hier ist feinster Branntwein, gebrannt in unseren tiefsten Kellern.«​
» Brannt. .. wein?«, fragte die Elfe interessiert.​
»Ganz genau. Du willst mir doch nicht erzählen, dass du noch nie Wein getrunken hast, oder?«​
»Mach dich nicht Lächerlich!«​
Die Elfe schnappte dem Zwerg den Becher aus der Hand.​
»Wein ist doch der Kram aus Trauben, oder? Natürlich habe ich das schon einmal getrunken!«​
Sie setzte den Becher an die Lippen und leerte ihn in einem Zug. Direkt danach musste sie laut husten.​
»Alles in Ordnung?! Trink etwas Wasser!«​
Die Priesterin versuchte der Elfe ihren Trinkschlauch zu reichen, aber diese zappelte weiter vor sich hin.​
» Ha ha ha ha. Ganz schön harter Stoff, nicht wahr?«​
» Übertreibt es nicht. Eine betrunkene Späherin ist zu nichts zu gebrauchen.«​
»Ich weiß, Schuppiger. Ich werde ihr nicht mehr geben.«​
Während der Zwerg der Elfe amüsiert zuschaute, war der Echsenmensch alles andere als begeistert.​
»Wie sieht es mit dir aus, Bartschneider? Willst du auch probieren?«​
Goblin Slayer nahm kommentarlos den Becher entgegen und trank ihn aus. Er schwieg den Rest der Mahlzeit und konzentrierte sich auf die Kontrolle und Pflege seiner Ausrüstung. Er polierte Schwert, Schild, Dolch und ölte seine Lederrüstung und sein Kettenhemd ein.​
»Hmpf ... «​
Die Elfe machte ein. unzufriedenes Geräusch, während sie ihn beobachtete. Ihr Gesicht war rot wie eine Tomate.​
»Was denn?«​
»Warum setzt du selbst beim Essen den Helm nicht ab?«​
»Um auf Hinterhalte vorbereitet zu sein.«​
»Du hast bestimmt was zum Mampfen dabei! Teil es mit uns!«​
Die Elfe lallte und zeigte auf einen Stein neben Goblin Slayer. Sie schnaufte ihn an, aber er ignorierte sie einfach.​
»Oh, sie hat einen glasigen Blick«, murmelte der Zwerg leise.​
Er denkt gerade nach, oder? Die Priesterin konnte natürlich Goblin Slayers Gesicht nicht sehen, aber so viel wusste sie bereits über ihn.​
Kurze Zeit später griff Goblin Slayer genervt in seine Tasche und zog einen Laib Käse heraus.​
»Wie wäre es hiermit?«​
»Oho.«​
Der Echsenmensch leckte sich über die Nase.​
»Was ist das?«​
»Käse«, antwortete Goblin Slayer.​
»Man lässt Kuh- oder Schafsmilch gären und hart werden.«​
»Was ist denn, Schuppiger?«, fragte der Zwerg.​
»Kennst du etwa keinen Käse?«​
»Hm. Ich sehe so etwas zum ersten Mal.«​
»Haltet ihr keine Tiere?«, fragte die Priesterin interessiert.​
»Wir jagen Bestien, aber wir halten sie nicht.«​
»Gib her. Ich schneide ihn.«​
Die Elfe schnappte sich den Laib.​
Blitzschnell teilte sie ihn auf und gab jedem von ihnen ein Stück.​
»Wir sollten den Käse über dem Feuer erwärmen. Dann ist er bestimmt noch leckerer. Habt ihr einen Stock oder so?«​
»Ich hätte da etwas«, sagte die Priesterin und holte dünne Eisenspieße aus ihrem Gepäck.​
»Oho. Mädchen, du bist gut vorbereitet. Ganz im Gegensatz zu einem anderen Mitglied unserer Gruppe.«​
»Na! Sag doch wer, wenn du dich traust!«, fauchte die Elfe den Zwerg an.​
»Leg die Hand auf die Brust ... äh, den Amboss und denk darüber nach.«​
Er musste über seinen eigenen Witz lachen.​
»Nun ja, überlasst das mir, mein Volk kennt sich mit Feuer aus.«​
Der Zwerg steckte die Käsestücke auf die Spieße und hielt sie geschickt über das Feuer. Der Geruch des Rauchs vermischte sich mit einem süßlichen Aroma und ein wenig später begann der Käse zu schmelzen. Er verteilte die Spieße an die anderen Abenteuer, die sich diese gleich in den Mund schoben.​
»Ein Festmahl! Er ist süß wie Nektar!«​
Der Echsenmensch schrie freudig auf und schlug mit dem langen Schwanz auf den Boden.​
»Großartig, dass dein erster Käse dir schmeckt.«​
Der Zwerg biss vergnügt ab und spülte mit einem großen Schluck Branntwein nach. Nach einem ausgiebigen Rülpser sagte er:​
»Oh, ja. Der passt hervorragend.«​
Die Elfe verzog angewidert das Gesicht, aber wandte sich dann wieder ihrem Käse zu.​
»Ja ... Etwas bitter, aber dennoch süß. Ein wenig wie eine Banane.«​
»Stammt er von dem Bauernhof?«, fragte die Priesterin mit einem strahlenden Lächeln.​
»Ja.«​
»Er ist wirklich lecker!«​
»Ach so.«​
Goblin Slayer nickte langsam, bevor auch er sich ein Stück Käse in den Mund schob. Er zog seine Tasche näher an sich heran. Morgen würden sie in ein Goblin Nest eindringen. Er musste seine Ausrüstung genauestens überprüfen. Er hatte verschiedene kleine Fläschchen, Seile, Keile und ein paar nicht identifizierbare Items dabei. Die Elfe, die sich durch den Käse ein wenig von ihrem Rausch erholt hatte, begutachtete Goblin Slayers Ausrüstung interessiert. Dieser untersuchte gerade eine Schriftrolle, die mit einem seltsamen Knoten verschlossen war. Als er Anstalten machte, sie zurück in die Tasche zu stecken, streckte die Elfe plötzlich neugierig die Hand danach aus.​
»Nicht anfassen!«, ermahnte Goblin Slayer sie in scharfem Ton.​
»I... Ich wollte doch nur gucken.«​
»Das auch nicht, sie ist gefährlich.«​
Die Elfe schnaufte beleidigt. Sie wollte doch nur wissen, was das für eine Rolle war.​
»Ist das eine magische Schriftrolle? So etwas sehe ich zum ersten Mal!«​
Plötzlich wurde auch der Rest der Gruppe hellhörig. Magische Schriftrollen konnten in alten Ruinen gefunden werden, aber waren äußert selten. Mit ihrer Hilfe war selbst ein Kind dazu fähig, komplexe Zauber zu wirken, aber mittlerweile wusste niemand mehr, wie sie herzustellen waren, selbst die ältesten der Hochelfen nicht, was die Rollen umso wertvoller machte. Nichtsdestotrotz waren sie für die meisten Abenteurer von wenig oder keinem Nutzen. Sie konnten so gut wie jeden Zauber beinhalten und nach einer Nutzung waren sie bereits unbrauchbar. Deshalb verkauften die meisten Abenteurer sie für horrende Summen an Sammler oder Wissenschaftler und suchten sich stattdessen einen Magier, der sie auf ihren Abenteuern unterstütze. Dass er eine Schriftrolle bei sich trug, machte Goblin Slayer also zu einer Ausnahme.​
»Na gut. Ich werde sie nicht anfassen und auch nicht anschauen, aber verrate mir wenigstens, was für einen Zauber man mit ihr wirken kann.«​
Die Elfe beugte sich zu Goblin Slayer vor. Er konnte leicht den Geruch des Waldes riechen, der von ihrer geröteten Haut ausging.​
»Nein. Sonst laufe ich Gefahr, dass du es den Goblins verrätst, wenn sie dich gefangen nehmen.«​
»Du kannst mich nicht ausstehen, oder?«​
»Ich versuche unvoreingenommen zu sein.«​
»Also bin ich dir egal?«​
»Ich meine es so, wie ich es gesagt habe.«​
»Hmpf ... «​
Die Elfe knirschte mit den Zähnen und ihre Ohren bewegten sich unzufrieden auf und ab.​
»Langohr, lass gut sein, der Typ ist noch dickköpfiger als ich.«​
Der Zwerg lachte amüsiert.​
»Er ist schließlich Bartschneider.«​
»Nein, er heißt Orcbolg.«​
»Ich bin Goblin Slayer.«​
Die Elfe schmollte vor sich hin, während der Zwerg sich vergnügt durch den Bart strich.​
»Ähm ... Was bedeutet Orcbolg überhaupt?«, fragte die Priesterin neugierig.​
»Orcbolg ist eine Klinge, die in den Legenden der Elfen auftaucht«, erklärte die Elfe.​
»Sie soll blau aufleuchten, wenn Orks ... Ich meine Goblins, in der Nähe sind.«​
»Sie wurde aber von uns Zwergen geschmiedet«, warf der Zwerg ein.​
»Und ihr gabt ihr den Namen Bartschneider. Was für ein grässlicher Name. Ihr solltet euch lieber aufs Schmieden konzentrieren.«​
»Dann gibst du hochnäsige Elfe also zu, dass unsere Schmiedekunst der euren überlegen ist?«​
Der Zwerg musste lachen und die Elfe blies die Backen auf.​
Der Echsenmensch verdrehte die Augen und schaute die Priesterin an, die wiederum so langsam verstand, dass dies seine Art war, einen Witz zu machen. So langsam gewöhnte sie sich auch an die kleinen Streitereien zwischen dem Zwerg und der Elfe. Die Priesterin hatte noch nie Wesen anderer Völker kennengelernt und war zuerst etwas schüchtern gewesen. Da sie aber wusste, dass ein essentieller Bestandteil einer guten Abenteurergruppe Vertrauen war, gab sie sich Mühe und sprach sie immer wieder an. Sie lernte, dass die Ahnenverehrung des Echsenmenschen nicht direkt den Lehren der barmherzigen Erdmutter widersprach und außerdem beruhigte es sie, dass ein anderes Mitglied der Gruppe so alt wie sie war oder zumindest so aussah. Goblin Slayer hingegen zeigte sich immer gleichgültig den dreien gegenüber, was dem Zwerg aus irgendeinem Grund sehr zu gefallen schien. Wahrscheinlich war es so, weil er immer einen obendrauf setzen konnte, wenn Goblin Slayer die Elfe mal wieder zur Weißglut trieb. Die kleine Gruppe hatte sich unter äußerst eigenartigen Umständen zusammengefunden, aber trotzdem entstand nach und nach zwischen ihnen eine Art von Zusammenhalt. Sag mal, möchtest du uns nicht auf ein Abenteuer begleiten? Doch irgendwie machte die Priesterin sich Sorgen ...​
»Ach so. Ich hätte noch eine Frage«, sagte der Echsenmensch, während er mit dem Schwanz auf den Boden klopfte.​
Kurz vorher hatte er die Hände zusammengelegt, um seine Dankbarkeit für die gerade verspeiste Mahlzeit auszudrücken.​
»Wo kommen Goblins eigentlich her? Meinen Vorfahren zufolge haben sie ein Königreich unter der Erde.«​
»Also bei uns«, der Zwerg rülpste kurz, »wird erzählt, dass es gefallene Rhea oder Elfen sein sollen.«​
»Was für ein schrecklicher Aberglaube.«​
Die Elfe starrte den Zwerg bösartig an. »Ich habe gehört, dass sie Zwerge sind, die zu gierig nach Gold waren.«​
»Dann sind wir ja quitt.«​
Der Zwerg nickte. Die Elfe hingegen schüttelte den Kopf und sagte:​
»Der Echsenmensch hat doch gerade gesagt, dass das Königreich der Goblins unter der Erde liegt, oder? Ist das nicht das Gebiet der Zwerge?«​
» Hmpf! «​
Der Zwerg biss knirschend die Zähne zusammen, worauf die Elfe überlegen lachte.​
Der Echsenmensch leckte sich über die Nasenspitze.​
»Das habe ich gesagt, aber das hat nichts mit Elfen oder Zwergen zu tun. Wie denken die Menschen darüber?«​
»Äh, ja.«​
Die Priesterin war gerade dabei, das Geschirr zu säubern. Sie legte alles kurz zur Seite und erklärte:​
»Es heißt bei uns, dass sie erscheinen, wenn jemand einen Fehler begeht.«​
»Was?«​
Die Elfe musste kichern.​
Die Priesterin nickte mit einem Lächeln.​
»Es ist aber wohl nichts weiter als ein Ammenmärchen.«​
»Wenn das so ist, haben wir ein Problem«, sagte der Zwerg.​
»Wenn wir das Langohr allein lassen, dann wimmelt es hier bald von diesen Biestern!«​
»Hey!«​
Die Ohren der Elfe zeigten plötzlich nach hinten.​
»Das ich nicht lache! Ich werde dir morgen zeigen, wie gut ich mit einem Bogen umgehen kann!«​
»Oh, ich habe schon Angst. Wenn ich vor dir laufe, triffst du mich wahrscheinlich noch.«​
»Dann versteck dich halt hinter mir, du kleiner Giftzwerg.«​
»Solltest du nicht sowieso vor mir laufen? Es wäre schön, wenn du deiner Aufgabe als Waldläufer gerecht werden würdest.«​
Der Zwerg grinste und strich sich über den Bart. Die Elfe hob einen Arm und wollte ihm etwas entgegen, aber Goblin Slayer war schneller als sie:​
»Ich habe gehört, sie sollen vom Mond gekommen sein.«​
»Vom Mond? Meinst du damit eins der Dinger, die am Himmel schweben?«, fragte der Echsenmensch.​
»]a.« Goblin Slayer nickte.​
»Von diesem grünen Mond.«​
»Das ist das Gegenteil meiner Theorie ... «​
Der Echsenmensch seufzte nachdenklich.​
»Sind die Goblins dann so etwas wie Sternschnuppen?«​
Die Elfe hatte einen interessierten Gesichtsausdruck aufgesetzt.​
»Das weiß ich nicht. Aber auf diesem Mond gibt es so gut wie nichts. Es ist ein einsamer Ort, der nur aus Stein besteht«, erzählte Goblin Slayer emotionslos.​
»Ihr Neid treibt die Goblins auf diese Erde. Deshalb wird man auch wie ein Goblin, wenn man neidisch auf andere ist.«​
»Ist das auch so ein Ammenmärchen?«, fragte die Elfe halbherzig.​
»Wer hat dir denn diese Geschichte erzählte?«, wollte die Priesterin wissen. Normalerweise war Goblin Slayer immer so kühl und rational, weshalb diese Geschichte komisch für sie klang.​
»Meine Schwester.«​
»Du hast eine Schwester?«​
»Ich hatte eine.«​
Die Priesterin musste lächeln. Die Vorstellung, dass er von seiner Schwester ausgeschimpft wurde, war einfach zu komisch.​
»Glaubst du wirklich, dass die Goblins von diesem Mond kommen?«, fragte die Elfe skeptisch.​
»Zumindest«, Goblin Slayer schaute in den Sternenhimmel, »hat sie sonst nie einen Fehler begangen ... «​
Plötzlich wurde es still und nur das Knistern des Lagerfeuers war zu hören. Mit ihren langen Ohren vernahm die Elfe ein leichtes Atemgeräusch.​
»Er schläft ... «​
»Dann hat der Branntwein wohl seine Wirkung gezeigt.«​
Der Zwerg war gerade dabei, die Flasche zu leeren.​
»Aber er hat ja auch einen ordentlichen Schluck genommen.«​
Die Priesterin holte eine Decke aus ihrem Gepäck und wickelte ihn vorsichtig darin ein. Leicht strich sie über die Lederrüstung auf seiner Brust. Sie war auch müde, aber er hatte sich die Ruhe verdient. Der Echsenmensch nickte langsam.​
»Wir sollten uns auch ausruhen, damit wir morgen bei vollen Kräften sind. Lasst uns die Wachreihenfolge bestimmen.«​
Zusammen entschieden sie sich für eine Reihenfolge. Als die Elfe sich in ihre Decke wickelte, schaute sie noch einmal kurz zu Goblin Slayer hinüber und murmelte:​
»Hm ... Eine wilde Bestie würde nie vor jemandem schlafen, dem sie nicht vertraut.«​
Es frustrierte sie ein wenig, dass sie sich darüber freute.​

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Kapitel 7
Goblin Slayer

Das Nest befand sich mitten in einem riesigen Feld. Halb in der Erde versunken lag ein viereckiger Eingang zu einer Ruine aus weißem Stein. Die weißen Steine fingen das Licht der Sonne ein und schimmerten rot wie Blut. Zwei Goblins standen dort Wache. Sie waren mit Speeren bewaffnet und trugen ramponierte Lederrüstungen. An ihrer Seite war ein Wolf.​
»GURUU ... « »GAU!«​
Einer der Goblins schwenkte den Blick und war kurz davor, sich zu setzen, aber sein Artgenosse schnauzte ihn an. Er gähnte und warf einen angewiderten Blick in Richtung Sonne. Der Wolf lag neben ihnen und zuckte mit den Ohren. Tiere waren selbst dann wachsam, wenn sie sich ausruhten.​
Die Elfe beobachtete das Geschehen aus einem Gebüsch aus nicht allzu weiter Entfernung.​
»Sie setzen Wölfe als Wachhunde ein. Nicht schlecht.«​
»Das beweist, dass es diesem Stamm gut geht«, antwortete Goblin Slayer, der neben ihr auf dem Boden lag.​
Während er den Blick weiter auf die Goblins gerichtet hielt, legte er einen Stein in seine Schleuder.​
»Seid auf der Hut. Drinnen werden noch mehr von ihnen sein.«​
»Wieso weißt du, dass es dem Stamm gut geht?«​
»Wenn es ihnen nicht gut gehen würde, hätten sie den Wolf längst gegessen.«​
Die Elfe ärgerte sich, dass sie überhaupt gefragt hatte. Der Echsenmensch lachte lautlos neben ihr.​
»Aber ist jetzt wirklich der richtige Zeitpunkt«, erkundigte sich die Elfe.​
»Es ist doch gleich Nacht. Sollten wir nicht lieber bis morgen Mittag warten?«​
»Für die Monster ist es gerade früher Morgen. Die Zeit ist also genau richtig.«​
»Hmpf ... Na gut. Dann leg ich mal los.«​
Die Elfe zog einen sonderlich aussehenden Pfeil aus ihrem Köcher. Elfen nutzten kein Eisen und deshalb bestanden ihre Pfeilspitzen aus Knospen. Als Pfeilfedern dienten ihnen Blätter und ihre Pfeilschäfte waren gerade gewachsene Äste. Der Langbogen der Elfe war aus einem einzelnen Eibenast gefertigt und die Sehne bestand aus Spinnenfäden. Er war länger, als die Elfe groß war, aber sie führte ihn mit einer faszinierenden Leichtigkeit. Noch im Dickicht gebückt spannte sie einen Pfeil auf und zog die Sehne zurück, bis diese zu quietschen begann.​
»Sag mir, dass die Dinger besser funktionieren, als sie aussehen«, zweifelte der Zwerg.​
»Und schieß bitte nicht daneben. Im Gegensatz zu deinen Pfeilen haben wir nur begrenzte Zauber.«​
»Sei ruhig«, sagte die Elfe konzentriert.​
Ein kurzer Windstoß brachte ihre Ohren zum Wackeln und als der rechte Goblin gähnte, ließ sie den Pfeil fliegen.​
Da es so aussah, als würde der Pfeil weit rechts an den Goblins vorbeifliegen, schnalzte der Zwerg genervt mit der Zunge. Die Elfe lachte darauf nur und hatte bereits den nächsten Pfeil in der Hand. Plötzlich veränderte der gerade abgeschossene Pfeil in einem großen Bogen seine Flugbahn. Er riss dem rechten Goblin einen Halswirbel heraus und bohrte sich dann in den Augapfel des linken. Der Wolf sprang erschreckt auf und riss das Maul auf, um warnend zu heulen ...​
»Zu langsam.«​
Der zweite Pfeil der Elfe bohrte sich tief in den Rachen des Wolfs und er wurde nach hinten fortgeschleudert. Erst darauf fielen die beiden Goblins wie Strohsäcke zu Boden.​
»Klasse!«, sagte die Priesterin voller Bewunderung für das eben gezeigte Können.​
»Beeindruckend! Was war das für eine Technik? War das etwa Magie?«​
Der Echsenmensch hatte die Augen weit aufgerissen.​
Die Elfe lachte selbstsicher und sagte: »Meine Technik ist kaum von Magie zu unterscheiden, was?«​
»Sag das zu jemandem, der keine Ahnung von Magie hat ... «, erwiderte der Zwerg mit mürrischem Gesicht.​
»Zwei ... Seltsam.«​
Goblin Slayer erhob sich aus dem Gebüsch.​
Er hatte sich bereitgehalten, um die Goblins mit seiner Schleuder zu töten, falls die Elfe danebenschießen würde.​
»Was denn?«​
Die Elfe dachte, dass Goblin Slayer sich über sie lustig machen wollte. Er schüttelte nur genervt den Kopf.​
»Sie waren sehr wachsam. Eigentlich sind Goblins nie so pflichtbewusst.«​
»Vielleicht weil ihr Nest in der Nähe des Elfenwaldes liegt?«​
»Wollen wir es hoffen«, antwortete Goblin Slayer halbherzig und stapfte auf die Leichen der Goblins zu.​
»Ach, ähm ... «​
Die Priesterin schien zu wissen, was er vorhatte und fragte: »Soll ich helfen?«​
»Nicht nötig«, entgegnete er gelassen.​
Die Priesterin wurde ganz bleich im Gesicht.​
»Was machst du da?«, fragte die Elfe neugierig und stellte sich hinter die beiden.​
Goblin Slayer zückte sein Messer, schlitzte den Bauch des Goblins auf und zog die Eingeweide heraus. Das Gesicht der Elfe versteinerte sich darauf und sie zog aufgeregt an Goblin Slayers Arm.​
»Ha ... Halt! Selbst Goblin Leichen sollte man nicht schänden!«​
»Die Viecher haben empfindliche Nasen«, antwortete er ruhig, doch die Elfe verstand immer noch nicht, was hier vor sich ging. Er begann seine Handschuhe mit Goblin Blut einzureiben.​
»Besonders was den Geruch von Mädchen und Elfen angeht.«​
»Hey! Hör auf! Du willst doch nicht etwa ... «​
Die Elfe traute ihren Augen nicht. Wortlos legte Goblin Slayer die Eingeweide in ein Tuch und presste das Blut aus ihnen heraus. Endlich verstand die Elfe, was der ganze Dreck auf Goblin Slayers Rüstung zu bedeuten hatte ...​
* * *
Nachdem sie die Leichen im Dickicht versteckt hatten, drang die Gruppe in die Ruine ein. Sie folgten einem Gang mit kreideweißen Wänden, der sie immer weiter in die Tiefe führte. Goblin Slayer lief an der Spitze der Gruppe und klopfte mit seinem Schwert Wände und Boden ab. Er warf einen Stein an einem Seil nach vorn und zog ihn zurück. Er kommentierte sein Verhalten mit einem kurzen:​
»Keine Fallen.«​
»Es ist hier wie in einem Tempel.«​
»In diesem Gebiet soll im Zeitalter der Götter ein Krieg gewütet haben«, erwiderte die Priesterin auf die Vermutung des Echsenmenschen.​
Sie strich mit der Hand über ein eingraviertes Bild in der Wand.​
»Vielleicht ist das hier eine Festung aus dieser Zeit.«​
»Als sie verlassen wurde, haben sich die Goblins hier breitgemacht. Wie traurig ... «​
Der Echsenmensch senkte den Kopf und legte die Hände zusammen.​
»Wo du gerade traurig sagst ... Alles in Ordnung bei dir, Langohr?«, fragte der Zwerg.​
»Örks ... Mir ist speiübel ... «, wimmerte die Elfe.​
Ihre traditionelle Kleidung war komplett mit der Flüssigkeit überzogen, die Goblin Slayer aus der Goblinleber gepresst hatte. Selbst der Zwerg brachte es nicht mehr übers Herz, sich über sie lustig zu machen.​
»Gewöhne dich dran.«​
Goblin Slayer trug in der Linken eine Fackel und in der Rechten ein Schwert.​
Die Elfe hatte ihren Langbogen gegen einen Kurzbogen getauscht und starrte Goblin Slayer wütend an. Zu schade nur, dass die Tränen in den Augen und die hängenden Ohren sie nicht sonderlich bedrohlich aussehen ließen.​
»Mach dich auf was gefasst, wenn wir zurück sind.«​
»Bin ich bereits.«​
Goblin Slayer nickte kurz. Das Licht der Fackel flackerte. Anscheinend wirkten die Barrieren der Elfen auch hier. Er machte sich Sorgen, ob es sich diesmal überhaupt lohnen würde, Feuer gegen die Goblins einzusetzen.​
»Ihr Menschen habt es ganz schön unpraktisch«, sagte der Zwerg und strich sich über den Bart.​
Nur Goblin Slayer trug eine Fackel. Zwerge, Elfen und Echsenmenschen besaßen nämlich jeweils unterschiedlich starke Nachtsicht.​
»Stimmt, Und deswegen verwenden wir Tricks.«​
»So langsam könntet ihr euch mal bessere einfallen lassen«, meinte die Elfe genervt.​
»Wenn man es wäscht, geht es wieder raus ... zumindest teilweise.«​
Die Priesterin versuchte sie zu trösten.​
»Du hast wirklich gelitten, oder?«​
»Ähm, man gewöhnt sich daran.« Die Priesterin lächelte verlegen.​
Auch ihre Kleidung war mit Goblin Körperflüssigkeiten beschmiert. Sie befand sich in der Mitte der Formation. Da der Gang breit genug war, liefen Goblin Slayer und die Hochelfe nebeneinander vor ihr, während der Zwerg und der Echsenmensch nebeneinander hinter ihr folgten. Da sie das rangniedrigste und schwächste Mitglied der Gruppe war, wollten die anderen sie, so gut es ging, beschützen. Entgegen ihrer Vorstellung sah sie jedoch kein anderes Mitglied als Klotz am Bein an. Solange ein Zauberer nicht den Platin-Rang erreicht hatte, konnte er eh nicht mehr als ein paar Zauber am Tag wirken, und dass einer von ihnen Heilwunder beherrschte, konnte jedem von ihnen das Leben retten. Es ist fast wie ein normales Abenteuer ... Still beobachtete die Priesterin ihre Kameraden, als sie sich plötzlich an die Magierin aus ihrer ersten Abenteurergruppe erinnerte. Es ist wie beim ersten Mal ... Mit zitternden Lippen murmelte die Priesterin mehrfach den Namen der Erdmutter. Sie hoffte, dass niemandem etwas zustoßen würde. Die Schritte der Abenteurer hallten den steinernen Gang hinunter. Weit und breit war kein Goblin zu sehen.​
»Seltsam. Eigentlich bin ich gern unter der Erde, aber hier ist es unangenehm«, sagte der Zwerg, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte.​
Seit sie die Ruine betreten hatten, waren sie nur diesem einen Weg gefolgt. Obwohl er auf den ersten Blick gerade wirkte, war er leicht gebeugt und drehte sich in einer Spiralform immer tiefer in die Erde.​
»Vielleicht ist die Anlage wie ein Turm gebaut?«, vermutete die Priesterin.​
Der Echsenmensch antwortete darauf mit wedelndem Schwanz:​
»Ja. Einige alte Festungen besitzen solch einen Aufbau.«​
»Schade, dass sich hier Goblins eingenistet haben«, murmelte die Elfe leise. »Ich hätte mich gern ein wenig umgeschaut.«​
Kurze Zeit später endete ihr Abstieg und der Weg spaltete sich nach links und rechts auf.​
»Wartet, nicht bewegen«, zischte die Elfe durch die Zähne und tastete den Boden ab.​
»Eine Falle?«, fragte Goblin Slayer.​
»Ja. Ich habe sie nur bemerkt, weil sie neu ist. Passt gut auf.«​
Sie zeigte auf eine Platte, die ein wenig aus dem Boden herausragte. Es war wahrscheinlich, dass diese Falle ein Geräusch erzeugen würde, das die Goblins im Inneren vor Eindringlingen warnen sollte. Die Priesterin schluckte. Die Falle war extra hier platziert worden, da Abenteurer sich eher auf die Kreuzung als auf mögliche Fallen konzentrieren würden.​
»Diese Viecher sind echt gewitzt«, bemerkte der Zwerg, während Goblin Slayer den Boden untersuchte. Bis auf alte Ruß Spuren war nichts zu erkennen.​
»Ist irgendwas?«, fragte die Priesterin.​
»Ich hab noch keine Totems gesehen.«​
»Stimmt.«​
Sie verstand, worauf Goblin Slayer hinauswollte, aber die anderen schauten ihn verwirrt an. Da sie wusste, dass Goblin Slayer nachdachte, erklärte sie für ihn:​
»Das soll heißen, dass es hier keinen Schamanen gibt.«​
»Das macht unsere Arbeit doch nur leichter.«​
Die Elfe klatschte freudig in die Hände.​
»Nein«, entgegnete der Echsenmensch schnell.​
»Ich denke eher, dass das ein Problem ist.«​
»Sehe ich auch so.«​
Goblin Slayer nickte und zeigte mit der Schwertspitze auf den Alarm. »Einfache Goblins sind nicht imstande, solche Fallen aufzustellen. Ich habe darüber nachgedacht, ob wir die Falle aktivieren sollen, um ihnen hier aufzulauern, aber das ist wahrscheinlich keine gute Idee.«​
»Goblintöter, du hast bestimmt schon andere große Goblin Nester zerstört. Wie bist du damals vorgegangen?«, erkundigte sich der Echsenmensch.​
»Ich habe sie ausgeräuchert und einzeln getötet. Ich habe sie in Brand gesteckt. Ich habe ihre Nester geflutet. Es gibt viele Arten, aber wir können sie hier nicht anwenden. Elfe, kannst du hier irgendwelche Spuren erkennen?«​
»Tut mir leid«, antwortete die Elfe.​
»In einer Höhle vielleicht, aber das ist Steinboden ... «​
»Lass mich mal sehen«, meinte der Zwerg.​
»In Ordnung, aber tritt nicht auf den Alarm.«​
»So blöd bin ich auch nicht.« Der Zwerg wanderte hin und her und begutachtete den Boden.​
»Ihr Nest ist wohl auf der linken Seite.«​
»Und wieso?«​
Die Priesterin schaute ihn verwundert an.​
»Der Abnutzung des Bodens zufolge kommen sie von links und gehen entweder zum Eingang oder nach rechts weiter.«​
»Bist du dir sicher?«, fragte Goblin Slayer.​
»Klar. Ich bin schließlich ein Zwerg.«​
Er schlug sich überzeugt auf den Bauch.​
»Ach so, dann gehen wir hier weiter.«​
Goblin Slayer bog nach rechts ab.​
»Wieso das, werter Goblintöter? «​
»Befinden die Goblins sich nicht auf der linken Seite? Den rechten Weg können wir doch später untersuchen?«​
Der Echsenmensch und die Elfe waren gleichermaßen verwirrt. Er antwortete gewohnt emotionslos: »Dann ist es zu spät. Ihr werdet schon sehen.«​
Kurz nachdem die Gruppe den rechten Gang betreten hatte,​
strömte ihnen ein widerlicher Geruch entgegen. »Urgh!« Der Zwerg hielt sich die Nase zu.​
»Hmpf ... «​
Der Echsenmensch verdrehte gequält die Augen. Auch die Elfe musste eine Hand von ihrem Bogen nehmen, um sich die Nase zuzuhalten.​
»Was ist das für ein Gestank? Sollte man das überhaupt einatmeten?«​
Die Priesterin klapperte mit den Zähnen. Sie kannte diesen Geruch.​
»Atmet durch die Nase. Ihr gewöhnt euch daran.«​
Goblin Slayer stapfte ohne zu stoppen weiter den Gang hinunter. Der Rest der Gruppe eilte hinter ihm her. Bald standen sie vor einer vermoderten Tür.​
»Hmpf.«​
Goblin Slayer verpasste der Tür einen kräftigen Tritt und sie fiel in den Raum hinein. Hinter ihr versteckte sich eine Abfallkammer der Goblins. Lachen von Exkrementen, Kadaver und jede Menge Müll füllten sie. Der ehemals weiße Boden war von einer dunkelroten Flüssigkeit bedeckt. In einer Ecke des Raums hing eine angekettete Gestalt. An ihren Gliedmaßen waren zahlreiche Narben zu erkennen. Da sie sich nicht richtig bewegen konnte, waren ihr wohl die Sehnen durchgeschnitten worden. Es handelte sich um eine Elfe.​
Obwohl sie schmutzig und abgemagert war, hatte ihre linke Körperhälfte immer noch eine gewisse Schönheit bewahrt. Ihre rechte Seite hingegen ... Die ehemals weiße Haut war aufgrund der vielen blauen Beulen nicht mehr zu sehen und Auge und Brust waren komplett zerstört. Die Goblins mussten sie zu Unterhaltungszwecken gefoltert haben. Nicht schon wieder. Dieser einzelne Gedanke setzte sich sofort im Kopf der Priesterin fest.​
»Urgh . . . Buääääärk ... «​
Beim Anblick ihrer Artgenossin musste die Hochelfe sich sofort übergeben.​
»Was ist das denn?«​
Der Zwerg hielt sich die Hand vor den Mund, aber konnte damit nicht seinen erschreckten Gesichtsausdruck verstecken.​
»Werter Goblintöter.«​
Selbst im sonst schwer einzuschätzenden Gesicht des Echsenmenschen konnte man deutlich den Ekel erkennen.​
»Habt ihr so etwas noch nie gesehen?«, fragte Goblin Slayer mit ruhiger Stimme. Die Elfe antwortete mit einem Kopfschütteln und wischte sich Erbrochenes aus den Mundwinkeln.​
»Ach so«, antwortete er emotionslos.​
»... ötet. Bitte ... tötet ... «​
Die Priesterin riss den Kopf hoch. Es war die gefangene Elfe. Sie lebte noch! Die Priesterin rannte zu ihr, um sie zu halten. Der Schmutz schien sie dabei nicht im Geringsten zu interessieren.​
»Einen Heiltrank«​
»Nein. Sie ist zu schwach. Sie könnte daran ersticken.«​
Der Echsenmensch war schnell an ihrer Seite.​
»Sie ist zwar nicht tödlich verletzt, aber sie könnte jeden Moment ihrer Erschöpfung erliegen.«​
»Ja!«​
Die Priesterin zog ihren Stab fest an sich und legte die freie Hand über die Brust der verletzten Elfe. »Höchst barmherzige Erdmutter. Bitte lege deine Hände auf die Wunden dieser Person.« Während er beobachtete, wie die Priesterin ihr Wunder wirkte, kniete sich Goblin Slayer neben die Hochelfe. »Kennst du sie?« Sie kauerte am Boden. Zitternd und kraftlos schüttelte sie den Kopf. »Wahrscheinlich ... ist sie wie ich eine Elfe ohne Wurzeln. Eine Abenteurerin ... «​
»Ach so«, murmelte Goblin Slayer und ging mit gezogenem Schwert auf die verletzte Elfe zu.​
»Ah ... !«​
Für sie ist es längst zu spät. Die Priesterin stellte sich ihm mit ausgebreiteten Armen und blassem Gesicht in den Weg.​
»Aus dem Weg.«​
Er blieb nicht stehen.​
»Nein ... Du kannst nicht!«​
»Ich weiß nicht, was du gerade falsch verstehst«, meinte Goblin Slayer in einem kalten und ruhigen Tonfall.​
»Ich bin hier, um Goblins zu töten.«​
Ohne ein weiteres Wort schwang er sein Schwert, gefolgt von einer Blutfontäne und einem Schrei.​
»Drei.« Plumpsend fiel eine Leiche zu Boden. Es handelte sich um einen Goblin, der einen vergifteten Dolch in der Hand hielt. Er hatte sich in dem Berg aus Schmutz hinter der verletzten Elfe versteckt und nur darauf gewartet, zuzuschlagen. Doch Goblin Slayer hatte ihn bemerkt.​
»Bitte ... tötet sie alle!«​
Die verwundete Elfe spuckte Blut.​
Goblin Slayer zog sein Schwert aus der Goblin Leiche und wischte das fettige Goblin Blut an seiner Kleidung ab.​
»Natürlich.«​
Mittlerweile hatten alle begriffen, was dieser Mann bereits in seinem Leben durchgemacht haben musste. Die Priesterin dachte an die Worte der Hexe: Wenn du ihn wirklich begleiten willst, dann solltest du auch den dafür nötigen Willen aufbringen. Sie verstand endlich, was die Hexe ihr damit hatte sagen wollen. Alle Abenteurer erfuhren irgendwann, was es bedeutete, zu töten und getötet zu werden. Sie mussten grausame, brutale Dinge sehen und durchstehen. Allerdings steckten hinter diesen Gräueltaten häufig Gründe auch wenn diese nicht sofort offensichtlich waren. Taugenichtse, Banditen, Dunkelelfen, Drachen und gar Schleime hatten alle einen Grund, aus dem sie handelten. Einzig Goblins waren anders. Goblins waren einzig und allein böse. Sie waren neidisch auf Menschen und alle anderen Lebewesen. Sie zu jagen bedeutete, sich immer wieder ihrer Bosheit zu stellen. Das war kein Abenteuer und wer sich dafür entschied, dies immer und immer wieder zu tun, der war auch ganz sicher kein Abenteurer. Man musste er sein. Er mit seiner dreckigen Lederrüstung und dem Stahlhelm. Er mit dem mittelgroßen Schwert und Schild. ~​
»Goblin Slayer ... «​
Irgendwo in der Dunkelheit flüsterte jemand seinen Namen.​

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